Mieterstadt Berlin

Die Mietpreisbremse in Berlin zeigt nur bescheidene Wirkung

| Lesedauer: 4 Minuten
Isabell Jürgens

Die Gesetzesänderung hat den Mietern in Berlin bislang kaum genützt, wie eine Analyse von Immobilienscout24 zeigt. 

Berlin. Seit einem halben Jahr darf die Miete bei neu abgeschlossenen Verträgen nur maximal zehn Prozent über der im Mietspiegel ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmiete liegen – es sei denn, auch der Vormieter hat schon eine höhere Miete gezahlt. Doch ein nachhaltiger Preisdämpfungseffekt, so zeigt eine am Dienstag präsentierte Analyse des Internetportals Immobilienscout 24, ist dadurch bislang nicht eingetreten.

„Kurz nach der Einführung des Gesetzes am 1. Juni 2015 sind die mittleren Angebotsmieten tatsächlich kurz um 3,6 Prozent zurückgegangen“, so Jan Hebecker, Leiter Märkte und Daten beim führenden Online-Marktplatz für Immobilien. So sanken die Angebotsmieten im Juni von 8,80 auf 8,50 Euro je Quadratmeter Kaltmiete.

Damit lagen die Angebotsmieten aber immer noch deutlich oberhalb der im amtlichen Berliner Mietspiegel ausgewiesenen Durchschnittsmiete von 5,84 Euro. Schlägt man die auch in der Mietpreisbremse vorgesehenen zehn Prozent drauf, dürften es aber eigentlich nur 6,42 Euro sein.

Bremseffekt deutlich abgeschwächt

Zudem hat sich der Bremseffekt im Laufe der vergangenen Monate wieder deutlich abgeschwächt. Im Oktober verlangten Berlins Vermieter wieder durchschnittlich 8,73 Euro von ihren neuen Mietern. Immerhin: Während in den vergangenen Jahren die Mietpreise durchschnittlich um 0,3 Prozent pro Monat zulegten, sind sie nach der Einführung der Mietbremse jedenfalls vorerst auf hohem Niveau stehen geblieben. Die 8,86 Euro, die in Berlin noch im Mai dieses Jahres durchschnittlich verlangt wurden, sind zudem auch noch nicht wieder erreicht. Eine bremsende Wirkung ist also erkennbar.

Allerdings, so Hebecker weiter, handele es sich bei diesen Zahlen um Durchschnittswerte der im Internet angebotenen Wohnungen, dabei wurde das gesamte Stadtgebiet betrachtet. „Insbesondere in den stark nachgefragten Innenstadtbezirken und unterschieden nach den Baualtersklassen stellen sich die Effekte teils sehr widersprüchlich dar“, so der Analyst.

Sinkende Kosten in Kreuzberg, steigende in Friedrichshain

So seien im bereits sehr teuren Kreuzberg seit der Einführung der Mietbremse die mit bis zu 88 Prozent höchsten Differenzen zwischen Mietspiegelpreis und Angebotsmiete festgestellt worden, sagte Hebecker. Diese beträfen vor allem die in den 70er-Jahren errichteten Sozialbauwohnungen, die inzwischen aus der Förderung gefallen sind. Inzwischen werden die Wohnungen dieser einstmals so gering geschätzten Kategorie für 9,75 Euro je Quadratmeter und Monat angeboten (0,7 Prozent weniger als zu Jahresbeginn).

Ähnliche Rückgänge gibt es auch bei den klassischen Gründerzeitbauten (-1,4 Prozent auf 10,62 Euro) und den um 1990 erstandenen Gebäuden (-3,5 Prozent auf 9,97 Euro). In Friedrichshain dagegen zeigt sich in dieser Kategorie eine enorme Preissteigerung. Trotz der Mietpreisbremse stiegen bei den um 1990 errichteten Gebäuden die Quadratmetermieten um 12,4 Prozent auf 10,36 Euro. „Die Entwicklung zeigt, dass die Vermieter sich bei der Preisgestaltung nicht am Mietspiegel orientieren, sondern an den Preisen, die in ihrem Umfeld verlangt werden“, so Hebecker.

Und da zeige sich, dass die Wohnlagenkarte des Mietspiegels, die überwiegend nur in den alten Westbezirken am südwestlichen Stadtrand „gute“ Wohnlagen ausweist, den Markt nicht mehr widerspiegele. „Nahezu in der gesamten östlichen Innenstadt sind die Menschen bereit, Mieten um die zehn Euro zu zahlen“, so der Analyst. Der Mietspiegel müsse deshalb, so seine Forderung, der Realität angepasst werden.

Mieterverein mahnt Nachbesserungen an

Rainer Wild, Chef des Berliner Mietervereins, hält davon indes nichts. „Der Mietspiegel bildet die Bestandsmieten ab und nicht die Angebotsmieten“, sagte Wild der Berliner Morgenpost. Dass die in den Internetportalen angebotenen Wohnungen deutlich über den Mietspiegelwerten liegen, beweise nur, dass die Vermieter dieser Wohnungen die Mietpreisbremse missachten, so der Mieterchef weiter.

Dies sei jedoch keine Überraschung, denn Sanktionen hätten solche Vermieter nicht zu fürchten. „Diese Vermieter riskieren lediglich, dass ihre Mieter nachträglich versuchen, die ortsübliche Vergleichsmiete durchzusetzen.“ Dies müssten sie jedoch kaum fürchten, weil der Vermieter bislang nicht schon bei Vertragsabschluss offenlegen muss, welche Summe er vom Vormieter verlangt habe. „Da muss der Gesetzgeber nachbessern“, forderte der Vereinschef.

>> Interaktiv: So stark steigen die Mieten in Berlins Kiezen