In ihrem Charlottenburger Laden baut und verkauft Jacqueline Broch-Obermann bedruckte Möbel. Das Muster sucht jeder Kunde selbst aus.

Bunte Streifen? Oder doch klassische Quadrate in Schwarz? Vom Jugendstil inspirierte florale Muster? Vielleicht gleich ein ganzes Stillleben? „Die Entscheidung für ein Muster dauert immer am längsten“, sagt Jacqueline Broch-Obermann. Welches Möbelstück sie haben wollen, wissen die Kunden meist schon, bevor sie in ihren Laden kommen. Viele haben auch schon eine Vorstellung, mit welchem Muster es bedruckt sein soll. Aber dann legt Jacqueline Broch-Obermann ihnen ihre Musterbücher vor, und die Kunden fangen an zu blättern.

„Manchmal sitzen sie hier im Laden dann bis zu zwei Stunden und suchen sich ein Muster aus“, sagt Jacqueline Broch-Obermann. Diese Entscheidung kann sie ihnen nicht abnehmen. Aber sie kann sie bei ihrer Suche fachkundig beraten. Etwa darüber, welche Muster sich besonders gut für kleine Möbel eignen und welche eher für eine ganze Tischplatte oder noch größere Möbelstücke. Wie groß der Tisch werden soll, wie viele Fächer das Regal bekommt. Ob die Kanten lackiert oder gebeizt werden. „Das ergibt manchmal ein ganz anderes Bild.“ Welche Farben am besten zu den bedruckten Flächen passen.

Riesiger Drucker

Seit 2010 verkauft Jacqueline Broch-Obermann im Charlottenburger Danckelmann-Kiez ihre „MusterMöbel“: Tische, Bänke, Phonomöbel zum Beispiel, die mit einem Muster bedruckt sind. Auch wenn viele Kunden das erst einmal kaum glauben können: Keines der Möbelstück ist mit einer bedruckten Folie beklebt. Stattdessen bringt ein riesiger Tintenstrahldrucker die Farbe auf die Holzplatten, aus denen die Möbel entstehen.

Jacqueline Broch-Obermann ist gelernte Tischlerin. Nach ihrer Ausbildung arbeitete sie in einer Tischlerei, studierte Kunstgeschichte, bevor sie sich ein paar Jahre aus dem Beruf zurückzog, um sich um ihre beiden Kinder zu kümmern. Mit Bauten für Ausstellungen und Filmproduktionen stieg sie wieder in ihren Beruf ein, gründete gemeinsam mit einem Freund ein Geschäft, in dem sie Möbel aus den Multiplex-Platten baute, mit denen sie bis heute arbeitet. Die Filmsperrholzplatten gibt es inzwischen in mehr als 20 Farben.

Idee aus der Design-Galerie

Bevor sie die „MusterMöbel“ gründete, arbeitete Jacqueline Broch-Obermann in einer Design-Galerie. „In der Zeit gab es dort eine Josef-Frank-Ausstellung“, erzählt sie. Stundenlang habe sie auf seine mit Papier beklebten Möbel geguckt, „die fand ich so schön“. Allmählich entwickelte sich daraus die Idee der „MusterMöbel“ – und die, das Muster direkt auf das Holz zu bringen, denn „das ergibt ein ganz anderes Bild“. Die Holzmaserung bleibt anders als unter Folie oder Papier sichtbar. Und weil die Farbe ins Holz einzieht, sei das Ergebnis nach der Oberflächenbehandlung mit Lack oder Öl „absolut haltbar“, versichert sie.

Vor sechs Jahren, 2009, begann Jacqueline Broch-Obermann zu experimentieren: „Ich musste mich erst einmal mit dem Thema Muster beschäftigen.“ Wie groß muss die Fläche sein? Wie setzt sie es an den Kanten aneinander? Wo bekommt sie die Muster überhaupt her? Jacqueline Broch-Obermann brachte sich selbst bei, die Vorlagen am Computer zu bearbeiten, suchte eine Druckerei, die das Ergebnis auf die Holzplatten bringen

Werkstatt im Keller

Maximal 1,20 Meter mal zwei Meter große Flächen können bedruckt werden, größere Platten passen nicht in die Druckmaschine. Eine andere Größengrenze hat die 49-Jährige selbst gesetzt: Sie muss das Objekt ohne fremde Hilfe bewegen können – allein schon aus praktischen Erwägungen. Denn vormittags, während ihr Ladengeschäft noch geschlossen ist, arbeitet sie allein in ihrer Werkstatt im Keller darunter. Große Stücke baut sie deshalb in Modulen, die sie beim Kunden dann zu vollständigen Möbelstücken zusammensetzt.

Nachmittags öffnet sie an Wochentagen die Ladentür an der Knobelsdorffstraße. Einen Laden zu haben, nicht nur eine Werkstatt, war ihr wichtig. Denn der bringt auch Laufkundschaft in ihr Geschäft: Manche Kunden seien schon hundert Mal vorbeigelaufen, bevor sie schließlich hereinkommen und sich erkundigen, was die Bank kostet, die sie seit Wochen durch die Fensterscheibe bewundert haben.

Würfel zum Einstieg

Eine Bank verkauft sie für 350 Euro, ein Couchtisch kostet 750 Euro. Viele Kunden steigen erst einmal mit einem bedruckten Brettchen für 39 Euro oder einem Würfel für 150 Euro ein, um sich mit dem Produkt, der Technik und dem Design vertraut zu machen. „Die habe ich schon immer gebaut, weil sie so praktisch sind“, sagt Jacqueline Broch-Obermann. Die Würfel mit 35 Zentimeter Kantenlänge lassen sich als Beistelltisch, als Hocker, als Hänge- oder Stehregal verwenden. Die Rückseite ist beidseitig bedruckt. Wer ein eigenes Muster mitbringt, zahlt 50 Euro mehr.

„Ich hatte immer ein Faible für Möbel“, sagt die Tischlerin. Hinzu kamen die Liebe zur Kunst, der Wunsch, selbst Dinge zu gestalten – und der, alles allein zu machen. Jahrelang probierte sie, alles nebeneinander her unter einen Hut zu bringen. Bis sie sich schließlich entschloss, ihren eigenen Laden zu eröffnen. Nach mehr als fünf Jahren „MusterMöbel“ fällt Jacqueline Broch-Obermann eigentlich nur eines schwer: sich für ein Muster zu entscheiden. Denn ein Lieblingsmuster hat sie nicht. Da geht es ihr genau wie ihren Kunden.