414 Millionen Fahrgäste

Trotz Problemen mit Pünktlichkeit – S-Bahn vermeldet Rekord

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Lorenz Vossen

Foto: Paul Zinken / dpa

Noch nie fuhren so viele Menschen mit der Berliner S-Bahn. Doch sie müssen auch öfter mal auf den Zug warten. Das Unternehmen fordert jetzt mehr Investitionen in das Netz.

Die Location hat Stil, das muss man der S-Bahn lassen. In den Toiletten des Stellwerks Nordbahnhof leisten Lautsprecherdurchsagen Gesellschaft. „Sie erreichen alle ihre Anschlusszüge“, knarzt es aus der Decke. Das suggeriert Pünktlichkeit, und die hätte die S-Bahn im vergangenen Jahr fast erreicht, wären da nicht diese Lokführerstreiks gewesen.

Nun steht für 2014 ein Pünktlichkeitswert von 93,2 Prozent zu Buche. Ein bisschen weniger als 2013 und definitiv weniger als die im Verkehrsvertrag vorgeschriebenen 96 Prozent. „Ohne Streik läge das Ergebnis bei 94,7 Prozent“, teilt die S-Bahn mit.

Immerhin: So schlecht wie auf dem Höhepunkt der Krise 2010, als die Pünktlichkeit bei sagenhaft schwachen 77 Prozent lag, steht die S-Bahn längst nicht mehr da.

Doch bei der Vorstellung der Bilanz am Mittwoch wird deutlich, dass das Problem immer noch aktuell ist. Das Netz ist verwundbar, einzelne Störungen wirken sich rasend schnell auf den gesamten Betrieb aus.

Schuld ist laut S-Bahn-Chef Peter Buchner der mangelhafte Ausbau der Infrastruktur: „In kaum einem S-Bahn-System in Deutschland gibt es so viele eingleisige Abschnitte wie in Berlin.“ Ist ein Gleis blockiert, kann die Stelle nicht umfahren werden. Vor allem die Nord-Süd-Verbindungen Richtung Potsdam, Tegel und Bernau entsprächen nicht modernen Anforderungen, ebenso wie die Ringbahn.

Buchner stellt Forderungen an seinen Arbeitgeber

Hier wünscht sich Buchner einen Bahnhof, an dem Fahrzeuge ohne Fahrzeitverluste ausgetauscht werden können. Infrage käme der Bahnhof Westend. Der Niederbayer nimmt die Verantwortlichen in die Pflicht: Bund und Länder sowie die Bahn-Tochter DB Netz.

Von Seiten der S-Bahn wurde bereits eine Technik-Hotline eingeführt, die die Fahrer bei Störungsfällen kontaktieren können – offenbar mit positivem Einfluss auf die Pünktlichkeit. Gegen andere Einflüsse ist die S-Bahn machtlos: Als zuletzt ein halbnackter Mann auf dem Dach des Bahnhofs Friedrichstraße herumturnte, verspäteten sich 118 Züge.

Ein paar Fortschritte im Fahrplan kann Buchner dann doch vermelden. Ab Dezember fährt die S5 tagsüber statt 40 alle 20 Minuten bis Strausberg Nord. Durch die Einführung eines Zehn-Minuten-Takts auf der S75 an Sonn- und Feiertagen fährt ab dann auch die Stadtbahn tagsüber mindestens alle vier Minuten.

Und auf der Ringbahn wird der Fünf-Minuten-Takt unter der Woche ausgedehnt, morgens bis zehn Uhr, abends bis 20 Uhr. Buchners Traum von S-Bahnen, die tagsüber innerhalb des Rings alle fünf Minuten fahren, bleibt aber weiter unerfüllt. Dafür müsste der Senat zusätzliche Leistungen auf den Linien S1 und S25 bestellen.

Mutterkonzern Deutsche Bahn gleicht Verluste aus

Doch auch so ist die S-Bahn nachgefragt wie nie. Die Zahl der Fahrgäste stieg um drei Prozent auf 414 Millionen – ein Rekord. „Zusammen mit der BVG wachsen wir schneller als die Berliner Bevölkerung“, frohlockt Buchner. Zugleich stieg die Zufriedenheit, eine Befragung ergab die Note 2,46 – das zweitbeste Ergebnis seit Erhebungsbeginn 1996.

Die Fahrgeldeinnahmen stiegen um fünf Prozent auf 393,4 Millionen Euro. Das beschert der S-Bahn einen Jahresplus von 54,2 Millionen Euro, obwohl das Bestellerentgelt des Senats wegen Ausfällen durch Streiks und Baumaßnahmen zurückging. Die in der Vergangenheit angehäuften Verluste von 130 Millionen Euro tauchen in der Bilanz nicht auf, sie wurden vom Mutterkonzern Deutsche Bahn ausgeglichen.

Sparen will die S-Bahn in Zukunft bei der Energie. Das Assistenz-System „Fassi“, das dem Fahrer anzeigt, wie er sein Gefährt effizienter steuern kann, soll bis zu sieben Prozent Strom einsparen.

Und auch an der Kundeninformation wird gearbeitet: In App und Internet soll künftig angezeigt werden, an welchen Bahnhöfen Rolltreppen und Fahrstühle nicht funktionieren.