Konzept

Alle Berliner sollen für Bus und Bahn zahlen

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Thomas Fülling

Grüne und Linken schlagen ein Bürgerticket vor. Bezahlen müsste das jeder, egal ob er Bus und Bahn nutzt. Dafür würde es nur 15 Euro kosten.

Berlins Grüne wollen die Finanzierung des Nahverkehrs in Berlin von Grund auf reformieren. Nach einem am Donnerstag im Abgeordnetenhaus vorgestellten Konzept sollen künftig nicht nur die aktiven Nutzer, sondern alle Berliner für die Mitfahrt in Bussen und Bahnen bezahlen, egal ob sie das Angebot nutzen oder nicht.

Das „Bürgerticket“ würde nach Berechnungen der Grünen 15 Euro im Monat kosten. Das wäre weniger als ein Viertel des Preises, der aktuell für eine Monatskarte zu zahlen ist. Kinder unter 18 Jahren sollen grundsätzlich nichts mehr bezahlen. Um das jetzt schon teilweise am Rande der Kapazität arbeitende System nicht kollabieren zu lassen, planen die Grünen für Fahrgäste, die montags bis freitags in der Zeit von 7 bis 10 Uhr Bus und Bahn nutzen wollen, einen Zusatzbeitrag. Der soll bei der Hälfte des aktuellen Monatskartenpreises liegen.

Für Geringverdiener soll es zudem kräftige Ermäßigungen geben. Andererseits müssen Pendler aus Brandenburg und Touristen weiterhin den vollen Ticketpreis bezahlen. „Alle werden dabei gewinnen“, ist Frank Geraets von dem Konzept überzeugt, das die von ihm geleitete Landesarbeitsgemeinschaft Mobilität vorgelegt hat. Die heutigen Nutzer von Bus und Bahn würden finanziell deutlich entlastet. Alle anderen könnten mit einem leistungsfähigen Nahverkehrsangebot rechnen, das auch bei Glatteis und anderen Extremsituationen dafür sorgt, dass man in der Stadt mobil bleibt. „Das ist eine Art Mobilitätsversicherung“, so Geraets.

Linke schlagen Einheitspreis von 30 Euro vor

Gerade erst hatten sich die Berliner Linken für einen öffentlichen Nahverkehr stark gemacht, der von allen bezahlt wird. Sie schlagen ein Berlin-Ticket zum Einheitspreis von 30 Euro vor. Auch bei den Linken soll es Ermäßigungen für sozial Schwache geben. Grundgedanke beider Konzepte: Alle sollen für den öffentlichen Nahverkehr aufkommen, weil er allen zugutekommt. Vorbild der als solidarisch bezeichneten Beitragsfinanzierung ist das Semesterticket, für das alle Studenten in Berlin einen festen Betrag bezahlen müssen, unabhängig davon, ob sie tatsächlich mit Bus und Bahn oder nur mit dem Fahrrad in der Stadt unterwegs sind.

Susanne Henckel, Geschäftsführerin des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), sieht nicht nur wegen rechtlicher Bedenken die Vorschläge mit großer Skepsis. Sie erinnerte daran, dass der öffentliche Nahverkehr derzeit zu mehr als der Hälfte aus Landesmitteln und damit mit dem Geld aller Steuerzahler finanziert werde. Trotz gestiegener Ticketpreise habe sich die Zahl der Nutzer stetig erhöht. Mit der Folge, dass „das System an vielen Stellen an der Kapazitätsgrenze angekommen“ sei. Im Klartext: Ein Ansturm Hunderttausender neuer Kunden wäre aktuell von BVG und S-Bahn überhaupt nicht zu bewältigen. Erhebliche Investitionen in Strecken und Fahrzeuge seien erforderlich, deren Finanzierung müsse erst einmal gesichert werden.