Die Berliner Verbraucher können auf stabile Strompreise im kommenden Jahr hoffen. Die Netzgebühren, die knapp ein Viertel des Endpreises ausmachen, werden nur geringfügig steigen. Das kündigte der regionale Netzbetreiber Stromnetz Berlin, eine Tochter des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall, am Donnerstag an. Demnach zahlen Privathaushalte für die Stromnetznutzung in Berlin 2015 voraussichtlich 5,13 Cent pro Kilowattstunde. In diesem Jahr sind es 5,09 Cent. Das ist ein Anstieg um 0,8 Prozent.
Zugleich sinken die Preise für Mengenerfassung und Abrechnung um zwei Prozent, sagte der Geschäftsführer der Stromnetz Berlin, Helmar Rendez. Ein Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2200 Kilowattstunden komme so im Jahr 2015 auf Kosten von insgesamt 131,76 Euro, das seien 50 Cent mehr als 2014.
Dem leichten Anstieg der Strompreise durch die Erhöhung der Netzentgelte steht die in der vergangenen Woche bekannt gegebene Senkung der Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) zum 1. Januar von derzeit 6,24 auf 6,17 Cent je Kilowattstunde entgegen. „Wenn man die Effekte kombiniert, werden die Preise für die Verbraucher fast auf gleichem Niveau bleiben“, sagte Florian Krüger, Sprecher des unabhängigen Verbraucherportals Verivox. Die Endpreise für den Verbraucher würden letztlich von den einzelnen Stromversorgern festgelegt. Ein Vergleich lohne sich, sagte Krüger.
Stromverbrauch geht zurück
Der Stromverbrauch der Berliner Privathaushalte und Unternehmen ist zurückgegangen. Für das aktuelle Jahr rechnet Stromnetz Berlin mit einem Absatz von 13,55 Milliarden Kilowattstunden. Das sind 2,6 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. Der Stromabsatz ging damit deutlich stärker zurück als in den Jahren zuvor. „Die Energiewende ist in Berlin angekommen“, sagte Rendez.
Der Trend zum Stromsparen ist bereits seit mehreren Jahren erkennbar: Seit 2010 sank der jährliche Absatz in der Hauptstadt um 550 Millionen Kilowattstunden. Mit einer Kilowattstunde kann man dem Vergleichsportal Verivox zufolge eine Maschine Wäsche waschen, einen Hefekuchen backen oder sieben Stunden lang fernsehen. Ein durchschnittlicher Zwei-Personen-Haushalt verbraucht in Deutschland im Jahr laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) 3440 Kilowattstunden Strom. Eine vierköpfige Familie kommt im Schnitt auf 4940 Kilowattstunden – ohne den Strom, der zum Heizen benötigt wird.
„Verbraucher nutzen Strom immer bewusster und setzen verstärkt auf energieeffiziente Geräte und Prozesse“, sagte Rendez. Der Trend zum Stromsparen werde in den kommenden Jahren anhalten. Etwa die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Stroms entfällt laut BDEW allerdings auf die Industrie (46 Prozent), nur 26 Prozent auf Privathaushalte. Hier fließt der größte Teil in Kochen, Trocknen und Bügeln sowie in Kühl- und Gefrierschränke. Fernseher, Computer und andere Unterhaltungselektronik landen auf Platz drei vor der Warmwasserbereitung.
Neuvergabe zum Netzbetrieb
Der Senat will die Konzessionen zum Betrieb des Stromnetzes neu vergeben. Die Finanzverwaltung hatte das Vergabeverfahren dafür allerdings kürzlich gestoppt. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) wollte damit verhindern, dass unterlegene Bieter gegen das Verfahren klagen. Die Kriterien für die Ausschreibung sollen nun neu festgelegt werden. Außerdem soll Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) an Abstimmungen zu dem Verfahren nicht mehr teilnehmen. Nach Nußbaums Ansicht könnte Heilmann befangen sein, weil er an einer Firma beteiligt ist, die mit Vattenfall mittelbar Geschäftsbeziehungen unterhalten soll. Heilmann hatte eine Befangenheit wegen eigener geschäftlicher Interessen stets bestritten.
Die Opposition hatte Nußbaums Begründung für den Neustart des Vergabeverfahrens als „Nebelkerze“ bezeichnet. Die Finanzverwaltung habe bei der Ausschreibung höchstrichterliche Urteil nicht berücksichtigt, so dass das Verfahren nicht rechtssicher gewesen sei. Die Linke befürchtete eine Verzögerung um mehrere Monate und zusätzliche Kosten von rund 200.000 Euro. Nußbaum hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Die neuen „Unterkriterien“ bei der Neuvergabe seien auf Wunsch der Bieter hinzugefügt worden. Den neuen Verfahrensbrief will die Finanzverwaltung dem Vernehmen nach in den kommenden Wochen verschicken.
Der Geschäftsführer der Stromnetz Berlin, die sich an der Ausschreibung beteiligt, begrüßte die Entscheidung zur Neuvergabe. Das Verfahren werde so „rechtssicherer“ gemacht, sagte Rendez. Er sprach sich dafür aus, „alle finalen Angebote zu veröffentlichen“. Dann könnte „jeder sich ein Bild machen, wer der beste Netzbetreiber ist“. Mit einer Entscheidung rechnet Rendez frühestens im Sommer 2015. Dazu müsste das Verfahren von jetzt an aber perfekt laufen. Konkurrenten der Vattenfall-Tochter sind die Genossenschaft Bürger Energie Berlin und das landeseigene Unternehmen Berlin Energie.