Nach der rechtswidrigen Durchsuchung beim CDU-Abgeordneten Michael Braun steht Berlins Justizsenator Thomas Heilmann in der Kritik. Ihm wird vorgeworfen, seine Behörde nicht unter Kontrolle zu haben.

Justizsenator Thomas Heilmann hat es nicht leicht dieser Tage: Erst brachen zwei Gefangene aus der Justizvollzugsanstalt Moabit aus – und Heilmann sorgte mit bewundernden Äußerungen über die beachtlichen sportlichen Fähigkeiten der mutmaßlichen Schwerverbrecher für Unmut. Dann soll er in einer nicht öffentlichen Senatssitzung geäußert haben, es handele sich bei einem der Ausbrecher ja „Gott sei Dank nur um einen Milieu-Mörder“ – und als Heilmann im Abgeordnetenhaus versicherte, dies nie gesagt zu haben, warf ihm die Opposition vor, das Parlament zu belügen.

Und nun der Ärger bei der Staatsanwaltschaft: Die Behörde ließ am Freitag vergangener Woche die Räume des CDU-Abgeordneten Michael Braun durchsuchen, weil sie den Verdacht hegte, er könne bei der Beurkundung eines Geschäfts mit „Schrottimmobilien“ seine Pflichten als Notar verletzt haben. Sie vergaß jedoch, vorher die Aufhebung der Immunität Brauns zu beantragen.

Heilmann hat sich für die Panne der zu seinem Aufgabengebiet zählenden Staatsanwaltschaft bereits entschuldigt. Die Nachricht über die – unrechtmäßige – Durchsuchung bei Braun erreichte ihn nach Angaben seiner Verwaltung auch erst, als diese bereits in vollem Gange war. Die Grünen wollen den Senator dennoch nicht aus der Verantwortung entlassen. „Er muss seinen Laden so organisieren, dass so etwas nicht passiert“, sagte der rechtspolitische Sprecher Dirk Behrendt.

SPD hält sich zurück

Auch der Koalitionspartner grummelt. Der SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier will sich auf Nachfrage nicht zu dem Vorgang äußern. Öffentliche Rückendeckung gewähren die Sozialdemokraten dem CDU-Senator also nicht. Schlimmer noch: Hinter vorgehaltener Hand heißt es, bei der Justiz liege offenbar einiges im Argen und Heilmann fehle die Kontrolle über seine Behörden. In der Sitzung des Abgeordnetenhauses am Donnerstag wollen die Sozialdemokraten Heilmann allerdings nicht öffentlich angehen.

Umso lauter äußern Koalitions-, und Oppositionspolitiker ihren Ärger über die Staatsanwaltschaft. „Die rechtswidrige Durchsuchung der Räume unseres CDU-Fraktionskollegen Michael Braun hat großen Unmut ausgelöst“, teilt CDU-Fraktionschef Florian Graf mit. „Abgeordnete dürfen nicht zum Freiwild werden“, sagte auch der CDU-Abgeordnete Andreas Gram. Die Verantwortung liege allerdings nicht bei Senator Heilmann, sondern „irgendwo in der Staatsanwaltschaft“. Seine Fraktion erwarte, dass der Vorgang im Rechtsausschuss am kommenden Mittwoch aufgeklärt werde. Auch die SPD und die Oppositionsfraktionen wollen das Thema dort diskutieren. Der Linke-Abgeordnete Klaus Lederer sagte: „Die Immunität wird im ersten Semester gelehrt.“

Bedenkenfreie Juristen

Der Ärger scheint verständlich. Denn nach Informationen der Morgenpost ordnete nicht nur ein einzelner Staatsanwalt die unrechtmäßige Durchsuchung an. Per E-Mail sollen vielmehr auch der zuständige Hauptabteilungsleiter der Staatsanwaltschaft sowie mehrere Vertreter der übergeordneten Generalstaatsanwaltschaft informiert gewesen sein. Bedenken äußerte offenbar keiner der Juristen. Der Staatssekretär der Justizverwaltung ist dagegen erst nach Beginn der Durchsuchung per Telefon unterrichtet worden. Der Leitende Oberstaatsanwalt Andreas Behm war den Informationen zufolge dagegen nicht in den Vorgang eingebunden. Er hat sich in seiner Leitungsfunktion mittlerweile dennoch bei Michael Braun entschuldigt.

Auslöser der Panne waren offenbar Fehleinschätzungen der Staatsanwälte und die komplizierten rechtlichen Voraussetzungen und Abläufe bei strafrechtlichen Ermittlungen gegen einen Abgeordneten. Die Geschäftsordnung des Berliner Abgeordnetenhauses sieht vor, dass die Staatsanwaltschaft vor Einleitung der Ermittlungen auf dem Weg über den Justizsenator den Präsidenten des Abgeordnetenhauses zu informieren hat.

Erfolgt von dort innerhalb von 48 Stunden kein Widerspruch, laufen die Ermittlungen an. So wurde auch im Fall Braun verfahren, nachdem der durch eine Anzeige eines Schrottimmobilien-Opfers erneut in Verdacht geraten war. „Die Ermächtigung des Parlamentspräsidenten für diese Ermittlungen hat vorgelegen“, bekräftigte Martin Steltner, der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, am Mittwoch.

Laut Claudia Engfeld, Sprecherin der Senatsjustizverwaltung, gingen die Staatsanwälte dann allerdings davon aus, dass die Ermächtigung auch für alle Maßnahmen wie die Durchsuchung der Kanzlei des CDU-Mannes galt und ein weiterer Antrag nicht gestellt werde müsse. Ein folgenschwerer Irrtum. Denn für die Durchsuchung hätte die Aufhebung der Immunität beantragt werden müssen, auch dies auf dem Dienstweg über den Justizsenator. Das unterblieb.

Die Senatsjustizverwaltung sei über die Durchsuchung am vergangenen Freitag erst informiert worden, als diese bereits im Gange war, teilte Engfeld weiter mit: „Bei uns im Hause war schnell klar, dass bei dieser Durchsuchung nicht alles mit rechten Dingen zugegangen war, da war das Kind aber schon in den Brunnen gefallen.“