Ohne Impfbescheinigung kein Kitabesuch. Diese Forderung hat der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) am Freitag in Berlin gestellt. „Alle Appelle an Freiwilligkeit in den letzten zwei Jahrzehnten haben nicht ausgereicht“, begründete Wolfram Hartmann, Präsident des BVKJ, den Vorstoß. „Nur mit zusätzlichen Maßnahmen können wir das Ziel erreichen, bis 2015 die Masern bei uns auszurotten“, so Hartmann weiter.
Besonders in Berlin werden noch immer zu wenige Kinder ausreichend gegen Masern geimpft. Nach den jüngsten Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) für Schulanfänger 2012 liegt die Impfquote für die zweite Masern-Impfung nur bei 90,7 Prozent. Für eine Ausrottung seien aber mindestens 95 Prozent notwendig, so eine Institutssprecherin. 2013 wurden in Berlin 492 Masernfälle registriert. Bundesweit wurden 1775 Infektionen gemeldet (2012: 165).
In diesem Jahr hat das RKI nach Auskunft einer Sprecherin bereits elf Fälle, darunter ein Kind im Kita-Alter, verzeichnet. „Die größte Impflücke besteht jedoch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen“, so die Sprecherin weiter. Zudem gebe es seit 2010 die Empfehlung, dass sich auch alle nach 1970 geborenen Erwachsenen, die in der Kindheit nur eine oder gar keine Impfung erhalten haben, impfen lassen sollen. „Ältere haben Masern meist durchgemacht und sind dagegen immun“, so die Sprecherin.
Vor allem kleine Kinder sind ansteckungsgefährdet
In Deutschland besteht keine Impfpflicht. Doch nur mit einer Schutzimpfung könnten Kinder vor den „oft schwerwiegenden Komplikationen“ bei Erkrankungen, die durch Impfungen vermeidbar seien, geschützt werden, so der BVKJ-Präsident. Vor allem sehr kleine Kinder seien ansteckungsgefährdet. „Vor der Aufnahme in eine Kindertagesstätte sollte deshalb eine Impfbescheinigung vorliegen“, forderte Wolfram Hartmann. Neben Säuglingen unter zehn Monaten gebe es auch Kinder, die aus medizinischen Gründen mit den üblichen Lebendimpfstoffen (z. B. Masern, Mumps, Röteln, Windpocken, Rota-Viren) nicht geimpft werden könnten. Auch diese hätten ein Recht auf den Besuch meist staatlich finanzierter Kitas. Daher müsse sichergestellt werden, dass alle Kinder in diesen Einrichtungen entsprechend den aktuellen Impfempfehlungen geimpft seien.
In der Berliner Senatsveraltung für Gesundheit hält man von solchen Zwangsmitteln jedoch nichts. „In Deutschland gibt es keinen Konsens für eine Impfpflicht“, sagte Constance Frey, Sprecherin von Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU). Deshalb sei es auch nicht zielführend, über eine vollständige Grundimmunisierung als Zugangsvoraussetzung für den Kita-Besuch zu diskutieren. „Der Vorschlag des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte läuft letztendlich auf die Einführung einer Impfpflicht hinaus“, so auch Ilja Koschembar von der Senatsverwaltung für Jugend und Familie. In der aktuellen Praxis der Gesundheitsvorsorge steht vielmehr die Beratung von Eltern im Vordergrund.