Automobil

Berliner will dem Trabi ein Museum widmen

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Foto: Reto Klar

Bislang bietet André Prager Fahrten im DDR-Kultauto an, doch die Kleinwagen könnten bald den Geist aufgeben. Damit sie jedoch niemals aus der Erinnerung verschwinden, will er nun ein Museum aufbauen.

Die Fahrt in ihm strapaziert die Wirbelsäule, der Geruch im Wageninnern ist heute fremd, die Geschwindigkeit ein Witz – dennoch bleibt der Trabi ein Kultauto. Bald zwei Dutzend Jahre nach der Wende ist der Kleinwagen aus der DDR aus dem Straßenbild in Deutschland weitgehend verschwunden. In der Erinnerung der Menschen bleibt er erhalten. Damit sich das nicht ändert, will ein Berliner nun ein Trabi-Museum in der Hauptstadt gründen.

Der 40-jährige André Prager ist bisher Geschäftsführer der Trabi-Safari, einem Unternehmen, das Fahrten in den Zweitaktern anbietet. „Weil ich nicht weiß, wie lange die Trabis noch ihren Dienst tun, will ich rechtzeitig ein Museum aufbauen“, sagt Prager, der in der DDR geboren wurde.

Zurzeit touren die grauen Autos mit Zebrastreifen allein oder als Kolonne durch das Regierungsviertel. „Siehste – so ein Auto hat Papa früher gefahren, sagen die Mütter zu ihren Kindern“, berichtet Prager. Mancher Jugendlicher sähe den einst als „Sachsenporsche“ verhöhnten Wagen auf einer dieser Großstadt-Safaris zum ersten Mal.

Bis zu 80 Prozent fuhren Trabant

Dabei war das Fahrzeug in der DDR fester Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. „Von denen, die ein Auto hatten, besaßen 70 bis 80 Prozent einen Trabant“, sagt Prager. Rund drei Millionen Wagen rollten zwischen 1957 und 1991 in der DDR vom Band. Rund 130 von ihnen hat Prager gesammelt. Raritäten in seinem Fundus sind ein Camping-Trabi, der mit Hilfe eines Zelts zum mobilen Heim umfunktioniert wurde und ein Panzer-Trabi. „Davon wurden nur zwei Stück in der DDR hergestellt“, sagt Prager. Sie sollten Schülern zur Anschauung dienen.

Außerdem hat er einen Trabi, mit dem Rennen gefahren wurden, und einen, der nagelneu ist. 1988 wurde dieser an einen Mann ausgeliefert, der sich vom Nachbarn Geld geliehen hatte, um den Wagen zu bezahlen. Der Nachbar behielt das Auto zunächst als Pfand. Doch dann fiel die Mauer, und der Wagen wurde nie abgeholt. „Der hat noch die Aufkleber aus der Fabrik“, berichtet Prager.

Produziert wurde der Trabi in Zwickau. Dort gibt es bereits ein Museum, das den Trabant ausstellt: das Horch-Museum. „Er ist Teil der Automobilgeschichte seit 1904, die bei uns zu sehen ist“, sagt Museums-Geschäftsführer Rudolf Vollnhals. In und um Zwickau baute August Horch seine ersten Automobile und gründete Anfang des 20. Jahrhunderts die Horch Motorenwerke, aus denen Audi (Lateinisch für Horch) hervorging.

Symbol für die DDR

Vollnhals sieht den Trabant in der Tradition der ersten deutschen Fahrzeuge. „Dieselben Ingenieure, die vorm Krieg Luxusautos gebaut hatten, bauten später den Trabant“, berichtet er. Zwischen 1954 und 1965 sei der Trabi durchaus „auf der Höhe der Zeit und konkurrenzfähig mit westdeutschen Modellen“ gewesen. Die Ingenieure hätten den Wagen weiterentwickelt, doch die SED habe eine Serienproduktion neuer Modelle „nicht gestattet“.

So blieb der Trabant über Jahrzehnte derselbe und steht heute symbolisch für die DDR. Dazu beigetragen haben vor allem die Bilder von der Wende, als massenhaft Trabis über die Grenzübergänge vom Osten in den Westen rollten. Damit ist er auch international bekannt geworden, und auf die Begeisterung der ausländischen Besucher zählt der Museumsdirektor in spe Prager vor allem. „Kein Tourist aus Barcelona wird extra nach Zwickau fahren“, sagt er in Anspielung auf das dortige Museum.

Einen Standort im Zentrum Berlins hat er bereits ausgemacht. In wenigen Monaten soll das Haus eröffnen. Die Autos sollen dort in kleinen Theaterkulissen präsentiert werden, um auch Wissen über die DDR zu vermitteln.

Außerdem soll mit Vorurteilen aufgeräumt werden – zum Beispiel über das Material, aus dem der Trabant besteht: Es heißt Duroplast und ist ein Gemisch aus Baumwolle und Kleber, dessen Entwicklung dem Mangel an Metall in der DDR geschuldet war. „Und was machen Sie, wenn es regnet?“, fragen Teilnehmer der Trabi-Safari Prager immer wieder. „Sie denken, der Trabi fällt dann zusammen wie ein Pappkarton, wenn Wasser auf ihn fällt“, schmunzelt er.

( AFP/jcw )