Neuer Zündstoff in der Auseinandersetzung um die künftige Nutzung des Tempelhofer Feldes. Am Freitag präsentierte die Tempelhof Projekt GmbH die Kostenschätzung für das geplante Volksbegehren gegen eine Bebauung auf dem ehemaligen Flughafenareal. Sollte die Bürgerinitiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ (BI) die vom Senat geplanten Stadtquartiere verhindern, entstehen laut aktueller Studie knapp 300 Millionen Euro Kosten. Die Kostenschätzung ist formale Voraussetzung dafür, dass die BI die Unterschriftensammlung für das von ihr angestrebte Volksbegehren für die Bewahrung des Tempelhofer Feldes starten kann. Wie berichtet fordert die BI statt der Entwicklung neuer Stadtquartiere auf dem Tempelhofer Feld vielmehr den unveränderten Erhalt des Wiesenmeers.
Statt nun jedoch den bereits intern vorliegenden aktualisierten Kosten- und Finanzierungsplanes (KoFi) mit konkreten Ausgaben für die Entwicklung des Areals bis 2025 zu veröffentlichen, basiert die Kostenschätzung auf äußerst vagen Prognosen für die nächsten 50 Jahre. Man könne den aktuellen Kofi-Plan derzeit noch nicht freigeben, sagt Gerhard Steindorf. Der Geschäftsführer der landeseigenen Tempelhof Projekt GmbH ergänzt: „Wir sind jetzt dabei, das Ganze mit den Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Finanzen abzustimmen, dann muss es noch durchs Parlament.“ Gern hätte er die Kostenschätzung mit Daten aus der KoFi angereichert, sagt Steindorf, aber dann hätte die Präsentation des Gutachtens ein halbes Jahr länger gedauert.
Mit „Volkswirtschaftliche Auswirkungen eines Verzichts auf die Teilbebauung des Tempelhofer Flugfeldes“ ist der jetzt vorliegende Bericht überschrieben, der von dem Berliner Beratungsunternehmen empirica AG im Auftrag der Tempelhof Projekt GmbH und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erstellt wurde.
„Enorme Verschuldung“
Folgt man der Studie, die nach Angaben von empirica-Vorstand Harald Simons „nicht die fiskalischen, sondern die volkswirtschaftlichen Auswirkungen“ einer Nichtbebauung des Flugfeldes berechnet, würde der unveränderte Erhalt des Wiesenmeers mindestens 298 Millionen Euro kosten.
Ausgangspunkt ist die Annahme, dass im Falle einer Nichtbebauung des Tempelhofer Feldes, die dort geplanten 4600 Wohnungen für mehr als 8000 Menschen dann an anderer und eher nicht so zentraler Stelle außerhalb des S-Bahn-Ringes errichtet würden. Daraus folgern die Verfasser der Studie ein weitaus größeres Verkehrsaufkommen in Berlin mit entsprechenden Kosten durch mehr Unfälle, mehr Staus und höhere Schadstoff- und Lärmbelastungen. Dass in 50 Jahren möglicherweise andere Verkehrsbedingungen existieren, berücksichtigt die Studie genauso wenig, wie bislang berechnete Ausgaben für die Entwicklung des Areals angeführt werden.
„Die Kostenschätzung des Senats ist wie das Werfen von Nebelkerzen, um darüber hinwegzutäuschen, dass die Baupläne in Wahrheit eine enorme Verschuldung für Berlin bedeuten“, sagt Michael Schneidewind. Der Mitarbeiter des Berliner BUND für Umwelt und Naturschutz fordert die Offenlegung aller Kosten für die Entwicklung der geplanten Baufelder. „Hier ist mehr Transparenz erforderlich“, so Schneidewind.