Altlasten aus dem Berliner Bankenskandal drohen der Stadt fast zehn Jahre nach der Fast-Pleite der landeseigenen Bankgesellschaft zum Problem zu werden. Die Immobilien, mit denen die Bank seinerzeit ihre für Zeichner attraktiven Fonds bestückte und die nun in der Berliner Immobilien Holding (BIH) geparkt sind, werden dem Land noch hohe Kosten verursachen. Kritiker gehen von einem Finanzbedarf von bis zu einer Milliarde Euro in den nächsten Jahren aus.
„Die BIH vernichtet Kapital, und das wird noch lange der Fall sein“, sagte am Mittwoch Michael Breitkopf. Er hat sich jahrelang als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Linke-Fraktion im Untersuchungsausschuss mit dem Bankenskandal befasst und bringt sein Wissen jetzt in einem Verein namens Berliner Banken Luft ein, der gemeinsam mit der Initiative Berliner Bankenskandal vor den Risiken der früheren Deals warnt und vom Senat Transparenz verlangt.
Denn Berlin hatte sich verpflichtet, für die den Fondszeichnern zugesicherten Garantiemieten einzustehen, obwohl die fast 600 Objekte nicht alle vermietet sind. Zusätzlich zu diesem laufenden Verlustausgleich muss Berlin in den kommenden Jahren in die Bestände der BIH investieren.
Finanzsenator Ulrich Nußbaum hat pro Jahr 140 Millionen Euro für die BIH eingeplant. Dass das ausreicht, um die Bestände besser vermietbar zu machen, bezweifeln die Kritiker.
Der frühere Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hatte die 4,6 Milliarden Euro Erlös aus dem Verkauf der Bankgesellschaft an den Deutschen Sparkassen- und Giroverband vorgesehen, um damit die Lasten aus den Bank-Immobilien zu tragen und den rund 70.000 privaten Fondszeichnern ihre Anteile abzukaufen. Dieses Polster sei nun aufgebraucht, so die Kritiker. Die BIH bestreitet das. 500 Millionen seien noch übrig. Zusammen mit den für die nächsten Jahre vorgesehenen 140 Millionen Euro sei das „auskömmlich“, so ein BIH-Sprecher.
Die Frage ist, wie der Zustand und der Investitionsbedarf der über die halbe Welt verstreuten Liegenschaften tatsächlich sind. Die Kritiker zeichnen ein düsteres Bild, die BIH verweist auf Erfolge bei der Vermietung. „Sarrazin wollte den Haushalt schonen“, sagte der Haushaltsexperte der Grünen, Jochen Esser. Deshalb seien Investitionen unterblieben, aktive Vermietungspolitik habe nicht stattgefunden.
Essener Steuerberater will nicht verkaufen
Das bestätigt Thomas Schmidt, Steuerberater aus Essen, der als Fondszeichner sich bisher weigerte, seine Anteile an Berlin zu verkaufen und der weitere Zeichner vertritt. Er berichtet von seit sieben Jahren leerstehenden Restaurants in guten Lagen der Düsseldorfer Altstadt und von utopischen Mietforderungen für ein leeres Gebäude in Emden, durch die jeder Interessent vergrault werde. „Das geht unkontrolliert am Abgeordnetenhaus und den Berliner Steuerzahlern vorbei“, sagte Schmidt.
Der Mann ist der Hauptfeind der BIH und des Berliner Senats in dem Poker um die Bank-Immobilien. Denn nachdem der Verkauf der BIH an einen Staatsfonds aus Abu Dhabi am Widerstand in der SPD gescheitert war, muss Berlin selbst die verbliebenen Miteigentümer aus den 29 Fonds herauskriegen. Für 92 Prozent der Zeichner ist das schon gelungen, die Anleger haben zwischen 50 und 80 Prozent ihrer Einlage erhalten. Aber Schmidt will nicht weichen, jedenfalls nicht so billig. Schließlich habe er, anders als im Prospekt versprochen, seit acht Jahren keine Ausschüttungen erhalten, so der Finanzfachmann. Seine Anteile würde er nur abgeben, wenn die BIH ihm deutlich mehr als den Nennwert zahlen würde.
Die landeseigene Gesellschaft bereitet sich darauf vor. Dazu will sie einen Kredit über 225 Millionen Euro aufnehmen, um die verbliebenen Zeichner rauszukaufen. Diese Summe findet sich im Entwurf des Landeshaushaltes als Bürgschaft des Senats an die BIH. Zudem plant der Senat, die renitenten Anteilseigner mit Mitteln des Aktienrechts aus den Fonds zu drängen. Ob das ohne jahrelange Prozesse gelingen kann, ist umstritten.
Verschachtelte Konstruktion
Für den Finanzsenator ist es aber wichtig, die volle Verfügbarkeit über die Immobilien zu gewinnen. Nur dann kann man die verschachtelte Konstruktion aus 29 Fonds und diversen Tochtergesellschaften nach immobilienwirtschaftlichen Kriterien ordnen. Nur wenn dem Land 100 Prozent gehören, wird es möglich sein, Bestände in größerem Stil zu verkaufen.
Politisch interessant sind vor allem die Wohnungen und Appartements, die vor allem die Arwobau verwaltet. In Berlin gehören der BIH 20.000 Wohnungen in 34 Immobilien. An diesem Teil des Portfolios war im Frühjahr der vom Finanzsenator mit dem Investor aus Abu Dhabi ausgehandelte Verkauf gescheitert. Denn die SPD-Linke wollte nicht, dass Berlin diese indirekt im Landesbesitz liegenden Wohnungen verkauft, während gleichzeitig von den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften verlangt wurde, zusätzliche Bestände zu erwerben.
Darum sollen nun die BIH-Wohnungen von kommunalen Wohnungsbaukonzernen übernommen werden. Die SPD könnte mit einem solchen Deal ihr Wahlkampfversprechen halten, den Bestand kommunaler Wohnungen bis zum Ende der Legislaturperiode um 30.000 zu erhöhen.