Aktion gegen Atomkraft

Sicherheitspanne - Greenpeace entert den Reichstag

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Michael Behrendt
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Aktivisten hissen Banner am Reichstag

Eine Gruppe von Greenpeace-Aktivisten sorgt für Unruhe im Regierungsviertel. Die Aktivisten kletterten auf den Reichstag und entrollten ein Banner mit der Aufschrift "Eine Zukunft ohne Atomkraft".

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Umweltschutz-Aktivisten ist eine spektakuläre Demonstration auf dem Portal des Reichstags gelungen. Trotz Sicherheitskontrollen konnten sie mit Bergsteigerausrüstung auf die Kuppel gelangen und auf dem Sitz des Deutschen Bundestages für einen Atomausstieg protestieren.

Die Greenpeace-Aktivisten gelangten am Dienstagvormittag zunächst unbemerkt auf die Kuppel des Reichstages, seilten sich von dort ab und brachten unter der Inschrift „Dem Deutschen Volke“ am Westportal ein drei mal 15 Meter großes Transparent mit den Worten „Eine Zukunft ohne Atomkraft“ an. Zweieinhalb Stunden hielten sie dort vor Hunderten Besuchern Polizei und Feuerwehr in Atem, bevor sie schließlich freiwillig in einen Drehleiterkorb kletterten.

Einer Sprecherin des Bundestages zufolge wird nach dieser schweren Sicherheitspanne nun untersucht, wie die Aktivisten mit den Bergsteigerausrüstungen durch die Eingangskontrollen gelangen konnten. Es werde nicht ausgeschlossen, dass sie Komplizen unter den Bundestagsmitarbeitern hatten, die ihnen zuvor beim Transport geholfen hätten.

„Die Sicherheitsvorschriften sind hoch und ausreichend“, sagt der Berliner Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann (CDU). „Die Ausrüstung kann eigentlich nur von Mitarbeitern eingeschleust worden sein.“ Dass Besucher des Bundestages das Transparent in das Gebäude geschmuggelt haben, ist nach Wellmanns Überzeugung nicht möglich. Manche Abgeordnete kämen darüber hinaus unkontrolliert mit dem Auto in die Tiefgarage des Reichstages. Er ist Sitz des Deutschen Bundestages.

Auch der Landesgruppenführer der Berliner SPD-Abgeordneten im Parlament, Swen Schulz, sieht keinen Handlungsbedarf. „Sicher, man könnte den Reichstag hermetisch abriegeln, aber das wollen wir nicht“ sagte Schulz gestern. So könnten die Bürger den Politikern beim Regieren zusehen. „Ich hab mich noch nie unsicher gefühlt.“

Gegen 11 Uhr war die Polizei alarmiert worden, nachdem sich die fünf Greenpeace-Aktivisten auf die Kuppel begeben hatten. Während sich zwei für den Bergsteigereinsatz vorbereiteten, bildeten ihre Begleiter eine Kette, um sich den Einsatzkräften in den Weg zu stellen. Als zwei der Bundestagspolizisten die Männer am Übersteigen der Balustrade hindern wollten, kam es zu einem Handgemenge, bei dem ein Ordnungshüter leicht verletzt wurde.

Die Aktivisten seilten sich an Portal ab, während Gesinnungsgenossen eine Sitzblockade auf der darunter liegenden Rampe, um den Einsatz von Feuerwehrfahrzeugen zu verhindern. Zudem besetzte eine weitere Gruppe einen Drehleiterwagen.

Ein Sprecher der Landespolizei sagte, man habe sich mit der Bundestagspolizei gegen ein Eingreifen entschlossen, weil es zu keinen gewalttätigen Zwischenfällen gekommen war. Außerdem hätten die Feuerwehrexperten der Höhenrettung berichtet, dass die beiden herabhängenden Greenpeace-Mitglieder sehr professionell gesichert gewesen seien. Nach Informationen von Morgenpost Online soll es sich um ausgebildete Bergsteiger handeln.

Personalien der Aktivisten wurden aufgenommen

Kurz vor 13.30 Uhr schließlich beendete Greenpeace die Aktion. Sprecher Tobias Münchmeyer sagte, dass zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass das „deutsche Volk auch ohne Atomenergie auskommen“ und die Regierung darüber nachdenken müsse. Der Reichstag sei das für Demokratie stehende Gebäude, und diese Form der Demokratie müsse möglich sein. Die Personalien der Aktivisten wurden aufgenommen, gegen sie wird nun wegen „Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz“ sowie wegen Hausfriedensbruchs ermittelt.

Der Vorsitzende der Polizeiarbeitskreises der CDU, Peter Trapp, bewertete den Zwischenfall am Reichstag als Beleg dafür, dass die Sicherheitsvorkehrungen nicht gegriffen hätten. „Es ist mir unverständlich, wie die Greenpeace-Leute durch die Sicherheitsschleusen gelangen konnten. Deren Gepäck müsste durchleuchtet werden.“ Man könne von Glück reden, dass es sich Umweltaktivisten gehandelt hat und nicht wie in diesen Zeiten befürchtet um bewaffnete Terroristen.

Ein Polizeiführer berichtete in diesem Zusammenhang, dass es erst kürzlich Diskussionen darüber gegeben hatte, ob Extremisten die Bundestagswahlen zum Anlass für den bewaffneten Kampf auf Bundesgebiet nehmen könnten. „Die Besetzung der Kuppel zeigt, wie verletzlich wir sind.“

Eine Sprecherin des Bundestages vermutete am Dienstag, dass die Aktivisten mit dem Besucherstrom auf die Kuppel des Gebäudes gelangt waren. „Dennoch hätte das Gepäck untersucht werden sollen.“ Es müsse geklärt werden, wie die Ausrüstung auf das Reichstagsdach gelangen konnte.