Ermittlungen eingestellt

Warum der KaDeWe-Raub wohl nie aufgeklärt wird

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Maren Wittke

Die Berliner Staatsanwaltschaft will ihre Ermittlungen gegen Abbas und Hassan O. einstellen: Zwar wurde die DNA der Zwillinge nach dem Millionenraub im Luxuskaufhaus KaDeWe gefunden. Nur lässt sich nicht feststellen, wer der beiden Verdächtigen seinen genetischen Fingerabdruck dort hinterlassen hat.

Nach dem spektakulären Millionen-Coup im Berliner Kaufhaus des Westens (KaDeWe) Ende Januar werden nach Angaben der Staatsanwaltschaft Berlin die Ermittlungen gegen die Zwillinge, Hassan und Abbas O. (27) in Kürze eingestellt. Und das, obwohl die DNS der Zwillinge am Tatort gefunden wurde.

"Nach dem Ergebnis des anthropologischen Gutachtens kommt es vorrausichtlich zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen die Tatverdächtigen", sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Simone Herbeth. Zurzeit befindet sich die Akte der Zwillinge aber noch bei der Polizei.

Zwillinge gehören zu Großfamilie

Die Brüder libanesischer Herkunft, waren dringend verdächtigt, die Filiale des Juwelier Christ im KaDeWe am Wittenbergplatz in Charlottenburg am 25. Januar diesen Jahres zusammen mit einem Komplizen ausgeraubt zu haben. Die Zwillinge sollen zu einer Berliner Großfamilie gehören, aus der auch der Todesfahrer vom Potsdamer Platz stammt, der im Oktober einen Rentner aus Zwickau überfahren hatte und weitergefahren war.

Nach den Ermittlungen der Polizei waren die drei Einbrecher mit Hilfe einer Leiter über ein Vordach des Kaufhauses an der Arnsbacher Straße eingestiegen. Dort hebelten die Täter ein Fenster auf und gelangten ohne Alarm auszulösen in den Lichthof.

Ein Rätsel bleibt nach wie vor, wie die Täter die Sicherheitsvorkehrungen des KaDeWe umgehen konnten. Nach Angaben einer Sprecherin des Hauses gilt als eines des bestgesicherten in Europa.

Aus dem Lichthof seilten sich die maskierten Täter ins Erdgeschoss zum Juwelier ab. Sie brachen Schränke auf, schlugen Vitrinen ein und stahlen Schmuck und Uhren im Wert von sechs Millionen Euro, die eine Versicherung inzwischen ersetzt hat, und waren danach zunächst verschwunden. Bei der Spurensicherung im Juwelier fanden Ermittler den entscheidenden Hinweis auf die Täter und die einzige Spur: ein Handschuh mit einer DNS-Spur. Die Auswertung des genetischen Fingerabdrucks führte die Ermittler auf die Fährte der libanesischen Zwillinge. Denn die Polizei hatte die DNA der Brüder bereits wegen früherer Straftaten in ihrer Datenbank.

In einer Spielhalle an der Autobahn A1 im niedersächsischen Rotenburg wurden die Zwillinge Hassan und Abbas O. von Beamten eines Mobilen Einsatzkommandos (MEK) aus Berlin schließlich am 11. Februar festgenommen.

DNS von eineiigen Zwillingen

Doch die Tatortspuren und die bei der Durchsuchung sichergestellten Beweismittel konnten die Zwillinge nicht des Einbruchs überführen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war mindesten einer der beiden damals an der Tat beteiligt. Allerdings sei eine eindeutige Zuordnung, welcher von beiden dabei gewesen war, nicht möglich. Die Rechtsmedizin konnte die DNS keinem der Zwillinge zweifelsfrei zuordnen. "Eineiige Zwillinge entstammen der gleichen Eizelle, deshalb unterscheiden sich ihre genetischen Merkmale nicht", sagt der Leiter des Instituts für Humangenetik des Charité Berlin, Karl Sperling. Erst langsam würden sich Unterschiede entwickeln. Diese Merkmale können durch Kriminaltechniker bereits ermittelt werden. Doch das Verfahren sei kompliziert und noch nicht so alt, dass es als sicherer Beweis vor Gericht gilt.

Also konnten Hassan und Abbas O. genau fünf Wochen nach ihrer Festnahme das Untersuchungsgefängnis Moabit am 18. März schon wieder verlassen und kehrten in ihren niedersächsischen Heimatort zurück.

Suche nach den Hintermännern geht weiter

Die Ermittlungen werden nur gegen die beiden Tatverdächtigen eingestellt, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft weiter. Schon zu Beginn der Spurensuche hatten sich die Spezialisten nicht nur auf die Zwillinge konzentriert. Schon damals wurde vermutet, dass die als nicht übermäßig intelligent eingeschätzten Brüder nur "ausführende Organe" bei dem Millionen-Coup gewesen waren. "Das Ding im KaDeWe war eine Nummer zu groß, als dass das auf deren Mist gewachsen ist", so ein Ermittler.

Auch Juwelier und Kenner der Branche, Martin Winckel, vermutet, dass der eigentliche Kopf der Bande, der den komplizierten Coup erdacht und die Ausschaltung der Sicherheitsvorkehrungen realisiert hat, noch nicht gefasst ist. Sämtliche Schwächen der Sicherheitsanlage im KaDeWe seien ausgekundschaftet und ausgenutzt worden. "Es ist ja bekannt, dass sich mindestens drei Täter am Tatort aufgehalten haben. Wir ermitteln weiter", sagte die Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft. Ob die Ermittler dabei schon eine entscheidende Spur verfolgt wird, wollte die Staatsanwältin aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Möglicherweise spekulieren die Beamten auch auf einen Fehler der Verdächtigen.

Die Millionenbeute, bei der es sich um hochwertigen Schmuck und Uhren handelt, ist bisher nicht aufgetaucht.