Über vier Jungtiere auf einen Streich, drei Männchen und ein Weibchen, kann sich der Tierpark Berlin freuen. Dort kümmert sich Binturong-Weibchen Fiona mit Hilfe der Pfleger um seinen Nachwuchs. Denn der Kampf um die Muttermilch war erbittert.

Da liegen sie und gähnen, streichen sich die weißen Tasthaare glatt und schnuppern am dunkelgrauen Fell. Sie können kuscheln wie im Bilderbuch und haben es doch faustdick hinter den weiß-grauen Ohren. Die Vierlinge im Berliner Tierpark sind eine Premiere: „Das hatten wir bei den Binturongs noch nie“, sagt Kurator Christian Kern.

Doch erstens stinken sie mehr als man das gemeinhin vom Puma sagt, weil sie mit Drüsen ihr Revier und ihre Familienmitglieder markieren. Und zweitens rangeln die kurzbeinigen Knirpse um Muttis Milch – in freier Wildbahn eine Sache auf Leben und Tod.

Die Stärksten gewinnen

Im Tierpark, an den vier Zitzen von Mutter Fiona (8), setzten sich die beiden stärksten Männchen durch, die Dicksten und Schwersten. „Das geht über das Gewicht. Wer mehr Masse hat, verdrängt die anderen“, sagt Tierpark-Kurator Christian Kern. Die schwächeren Geschwister, ein Junge und ein Mädchen, konnten mit Welpenaufzuchtmilch aus der Flasche gerettet werden. Verstoßen wurden sie nicht, sie leben weiter bei ihrer Familie.

„Binturongs sind sehr zutraulich, wie Hunde. In ihren Heimatländern werden sie als Haustiere oder Schautiere in Zoos gehalten. Unsere Tierpfleger können zu ihnen in den Käfig gehen“, sagt Kern. Zahm sind sie – und eine Delikatesse angeblich auch. Ihr Fleisch soll Einträgen in Wikipedia zufolge als Delikatesse gelten und einige Körperteile in der traditionellen Medizin Verwendung finden.

Bärenmarder gelten als bedroht

Doch ihr Bestand ging in den vergangenen 30 Jahren um 30 Prozent und damit drei Generationen zurück. Deshalb stuft die Weltnaturschutzorganisation IUCN Binturongs auf ihrer Roten Liste 2009 als gefährdet (vulnerable) ein. Ein Erhaltungszuchtprogramm gebe es nicht, aber im englischen Zoo Newquay werde ein europäisches Zuchtbuch geführt, sagt Kurator Kern.

Die Tiere mit dem exotischen Namen gelten als Raubtiere. Sie gehören zu den Schleichkatzen und sind mit einer Länge von einem Meter von Kopf bis Po die größten Vertreter ihrer Familie. Wer sie in freier Wildbahn erleben möchte, muss weit reisen: Binturongs leben in Hinterindien, China, Malaysia, auf Borneo, Sumatra, Java und den Philippinen.

Am Boden sieht man die nachtaktiven Tiere selten. Wenn sie sich dort aufhalten, treten sie mit der ganzen Sohle auf, wie ein Mensch und wie ein Bär – Binturongs werden auch Bärenmarder genannt.

In Bäumen bauen sie Schlafnester oder lassen sich in Astgabeln zum Schlafen nieder. Dabei helfen sie sich selbst mit einer körperlichen Besonderheit, die sie als einzige Säugetiere der Alten Welt entwickelt haben: dem Wickelschwanz. „Ihren kräftigen Schwanz wickeln die Binturongs beim Klettern um Äste, so als hätten sie eine fünfte Gliedmaße“, sagt Kern. Zum Vergleich: In der Neuen Welt haben Klammeraffen und Wickelbären eine solche „fünfte Hand“ herausgebildet.

Aufregung beim Zählen

Der Nachwuchs von Fiona und Vincent (9) kam am 16. Mai 2009 zur Welt und ist seit Anfang Juli im Schaugehege zu sehen. Man sollte die Gelegenheit nutzen, denn in neun bis zwölf Monaten werden die Tiere an andere Zoos abgegeben, sagt Kern. Bester Zeitpunkt ist nachmittags zur Fütterung. Die drei Jungs, von denen der Dickste derzeit 1400 Gramm wiegt, fressen schon Äpfel, Bananen, Kirschen und Weintrauben. Das Mädchen hängt als dünnstes Jungtier noch an der Flasche.

Für Aufregung sorgen sie beim Katzen-Zählen, wenn plötzlich ein Jungtier im Käfig fehlt. „Meist erklingt ein jämmerliches Geschrei, als ob jemand geschlachtet würde, dann müssen wir auf die Leiter“, sagt Tierpflegerin Angelika Berkling.

Die Tiere tragen den Wickelschwanz nicht umsonst, die Baumbewohner sind Meister im Erklimmen von Höhen und erkunden mit Vorliebe ihre Decke. „Wir haben unsere Beleuchtung mit einem feinmaschigen Netz abgesichert, aber sie sind trotzdem durchgeschlüpft“, sagt Berkling. Nur zurück haben sie sich alleine nicht getraut. So ausgebufft die Binturongs sein mögen, sie sind eben noch Kinder.