Müll im Tiergarten

Ignoriert und angepöbelt - Mit der Grill-Streife unterwegs

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Thomas Fülling

Bis zu 20 Tonnen Abfall kommen nach einem schönen Wochenende im Berliner Tiergarten zusammen. Die Kosten für die Entsorgung: bis zu 15.000 Euro. Und die Stimmung unter den Grillern wird aggressiver. Die CDU fordert mehr Kontrollen und eine Park-Gebühr. Morgenpost Online hat die Kiezstreifen im Grill-Einsatz begleitet.

Nach jedem schönen Frühlings- oder Sommer-Wochenende bietet der Große Tiergarten das gleiche Bild: Berge von Unrat in den Anlagen, übervolle Müllbehälter am Wegesrand und verkohlte Brandflecken auf dem Rasen.

"So kann es im Vorzeigepark der Stadt nicht mehr weitergehen“, sagt der stellvertretende Bürgermeister und Wirtschaftsstadtrat von Mitte, Joachim Zeller (CDU). Er fordert vom Senat eine personelle Aufstockung der Kiezstreifen in den Bezirken, die sich – als eine Aufgabe von vielen – um die Einhaltung der Ordnung in den Parks kümmern sollen.

"Wir haben für den Bezirk Mitte insgesamt 43 Ordnungsamtsmitarbeiter im Außendienst, die für ein 39 Quadratkilometer großes Gebiet zuständig sind“, so Zeller. Außerdem sollten die Bediensteten die Möglichkeit erhalten, auch in Zivil ihren Dienst versehen zu können. Bisher schließt das die vom Senat beschlossene Kleiderordnung für die Außendienstmitarbeiter der Ordnungsämter aus.

Die von der Berliner CDU angeregte „Grill-Abgabe“ hält Zeller für einen „überlegenswerten Vorschlag“. Er sei allerdings nicht überall realisierbar. Man müsste das Gelände beispielsweise einzäunen können. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Uwe Goetze, hatte gefordert, für jeden Grillplatz im Tiergarten eine Gebühr von fünf Euro zu verlangen. Mit dem Geld sollen zum einen private Park-Kontrolleure, zum anderen die zusätzliche Müllentsorgung bezahlt werden.

An welche Grenzen die Kiezstreifen schnell stoßen, macht ein Einsatz am Sonnabendnachmittag am Zeltenplatz deutlich. Bei strahlend blauem Himmel ist die Wiese gegenüber dem „Haus der Kulturen der Welt“ von Hunderten Menschen bevölkert. Fast überall steigt schwarzer Qualm oder weißer Rauch auf. Das Grillen von Steaks oder Würstchen ist in diesem Bereich des Tiergartens seit einigen Jahren erlaubt. Allerdings nicht über offenem Feuer direkt auf dem Rasen, wie es etwa von zwei jungen Mädchen auf einer Wiese nahe der Platanenallee praktiziert wird.

Die Mahnung der Ordnungsamtsmitarbeiter zeigt erst einmal keine Wirkung. Erst als die Mädchen bemerken, dass sie auch von Journalisten umringt sind, die die Kiezstreife begleiten, lenken sie ein. „Die Stimmung ist insgesamt aggressiver geworden“, sagt Harald Strehlow, Leiter des Ordnungsamts Mitte. Immer öfter würden seine Kiezstreifen verbal attackiert oder es werde mit Gewalt gedroht.

"Unsere Möglichkeiten sind begrenzt: Wir können zwar die Personalien fordern oder Platzverweise aussprechen, durchsetzen können wir das aber nicht.“ Das Ordnungsamt setzt daher auf gemeinsame Einsätze mit der Polizei. „Wir bemühen uns sehr um ein koordiniertes Vorgehen“, sagt Polizeidirektor Adrian Swarzinna, Leiter des Polizeiabschnitts 34. Doch auch die Personalstärke der Polizei lasse einen Dauereinsatz im Tiergarten nicht zu.

„Hauptproblem ist für uns nicht, dass an nicht erlaubten Stellen gegrillt wird. Wir haben vor allem damit zu kämpfen, dass viele Griller am Abend einfach ihren Müll nicht mitnehmen“, sagt Ordnungsamtschef Strehlow. In den ersten Wochen dieses Jahres hätten seine Kiezstreifen bereits 99 Verstöße gegen das Grünanlagengesetz registriert. Im gesamten Vorjahr seien es „nur“ 117 Anzeigen gewesen.

20 Tonnen Müll an jedem Wochenende

Bis zu 20 Tonnen Abfall und Unrat kommen nach einem schönen Wochenende im Tiergarten zusammen. Zusätzliche Kosten für die Entsorgung: bis zu 15.000 Euro. „Kosten, die sich ein armer Bezirk wie Mitte nicht leisten kann“, sagt Zeller. Im Kampf gegen die Disziplinlosigkeit eines Teils der Grillplatz-Nutzer sieht er sein Ordnungsamt am Rande seiner Möglichkeiten. Sein Ordnungsamtschef Strehlow verweist auf die Erfahrungen von München. Dort gebe es allein 20 Stadtbedienstete, die den gesamten Sommer über für Ordnung an den Uferstreifen entlang der Isar zu sorgen haben.

Spätestens seit Ostern ist der Grillspaß im öffentlichen Grün in Berlin wieder stark in der Diskussion. Obwohl die Bezirksämter mehr Abfallbehälter als in den Jahren zuvor aufgestellt hatten, waren zahlreiche Parks und Anlagen am Ende der Feiertage völlig verdreckt. Besonders übel präsentierten sich der Große Tiergarten in Mitte, der Volkspark Friedrichshain und der Görlitzer Park in Kreuzberg. Stadtweit mehr als 80 Tonnen Müll und Unrat mussten die Grünflächenämter anschließend abtransportieren lassen.