Unbekannte Täter haben am frühen Dienstagmorgen einen Brandanschlag auf die Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin verübt. Sie legten Feuer an der Tür des Gebäudes im Stadtteil Wilmersdorf. Dabei hat es mehrere Explosionen gegeben.

Dass kaum eine Woche mehr ohne einen Anschlag der „linken“ Szene auf teure Fahrzeuge oder auf die Büros „verhasster Parteien“ vergeht, daran haben sich Berlins Ermittler längst gewöhnt. Sie sind es gewohnt, an verkohlten Autowracks zu stehen, die zuvor mit Grillanzünder abgefackelt worden waren. Und sie sind es gewohnt, für unfähig erklärt zu werden, weil nur wenige der Täter gestellt werden. „Die Qualität der Attacken wird noch zunehmen“, hatte ein Polizeiführer unlängst gegenüber Morgenpost Online Dienserklärt. Er sollte Recht behalten: Seit Diensttag ermittelt der Polizeiliche Staatsschutz wegen „Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion“ – Unbekannte hatten in der Nacht zu Dienstag um kurz vor 3 Uhr die „Stiftung Wissenschaft und Politik“ am Ludwigkirchplatz in Wilmersdorf attackiert.

Diese Institution berät unter anderem die Bundesregierung in Fragen von internationaler Politik, darunter Auslandseinsätze wie der in Afghanistan. Menschen kamen in dem für sein Nachtleben bekannten Kiez nicht zu Schaden. Passieren hätte es Ermittler zufolge allerdings schon – nicht selten seien Nachtschwärmer zu dieser Zeit auf dem Weg von der Kneipe unterwegs nach Haus.

Um 2.50 Uhr ging ein Notruf bei der Feuerwehrzentrale ein: Ein Passant hatte Flammen im Eingangsbereich der Stiftung gesehen. Zeitgleich wurden von anderen Anwohnern mehrere Explosionen gemeldet. Wenig später trafen erste Einsatzkräfte am Ort ein. Die Feuerwehrmänner mussten die massive Eingangstür aufbrechen, weil es in den Räumen bereits zu einer intensiven Rauchentwicklung gekommen war und weitere Brandherde nicht ausgeschlossen waren.

Am Brandort wurden die Reste mehrerer Gaskatuschen gefunden. Brisant: Im vergangenen Jahr war das Amtsgericht Tiergarten wegen eben dieser Art Brandsätze aktiv geworden. Am 15. Dezember war die Ausgabe 701 des Magazins „Interim“ beschlagnahmt worden, weil sich auf Seite 15 des Blattes eine Anleitung zur Herstellung solcher Gaskatuschen findet. In Berlin sind bereits mehrere Brandanschläge mit den in Szenekreisen genannten „Gasaki“-Brandbomben verübt worden, so auf ein Luxusbauprojekt an der Glogauer Straße in Kreuzberg im vergangenen Oktober sowie zuvor am 6. September auf das Gerichtsgebäude an der Turmstraße in Moabit. Auf der umstrittenen Seite des „Interim“-Magazins war ein Haus zu sehen, dass durch einen Anschlag schwer beschädigt worden war. An der Wand des Hauses stand folgende Parole: „Yuppie-Schweine – Schüsse in die Beine.“

Ermittler betrachten die neue Entwicklung mit Sorge. „Wir sind längst über das Stadium hinweg, in dem im Vorfeld des 1. Mai erste Aktionen gestartet werden oder junge Pseudo-Weltverbesserer aus Freude Autos anzünden“, sagte ein Ermittler. „Hier haben wir es mit einer entschlossenen und intelligenten Stadtguerilla zu tun, die sich vorbereitet und zu entkommen weiß. Und die, so muss man es sagen, Bomben baut. Brandbomben zwar, aber Bomben.“ Man könne den Unbekannten nicht automatisch soviel technisches Verständnis attestieren, dass sie generell Verletzungen von Unbeteiligten ausschließen können. Bislang hatten Linksextreme stets Schaden von „Unschuldigen“ ferngehalten. Bei dem Anschlag auf die Stiftung am Ludwigkirchplatz hätten nach Angaben des Ermittlers aber ohne weiteres Passanten verletzt werden können, „schließlich sei die schwere und knapp drei Meter hohe Holztür schwer beschädigt worden.

Die Stiftung selbst wollte sich nicht zu dem Anschlag äußern und verwies auf die laufenden Ermittlungen. „Wir arbeiten einfach weiter“, hieß es nur, Unterlagen wurden nicht beschädigt. Ein Kriminalbeamter befürchtet weitere Attacken auf die Institution. „Im vergangenen Sommer hatten wir anlässlich des Nato-Gipfels Farbbeutel-Attacken auf das Gebäude, nun diesen Sprengstoffanschlag. Eine weitere Steigerung schließe ich nicht aus.“

Gegen 9 Uhr ging am Dienstag die zweite Alarmierung für die Staatsschutzbeamten ein: Unbekannte hatten Farbbeutel gegen die Hausfassade und den Eingangsbereich an der Straße Märkisches Ufer in Mitte geworfen. Dort ist eine Firma ansässig, die Sicherheitssoftware für Computer herstellt. In einem Selbstbezichtigungsschreiben bekannte sich eine linksextreme Gruppierung zu dem Angriff und wertete ihn als Aktion gegen den diesjährigen Polizeikongress, bei dem die Firma vertreten ist.