Berliner Schulen

Schließfächer sollen vor Dieben schützen

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Regina Köhler

Foto: Massimo Rodari

Geldbörsen und Kleidung - sie sind bei Langfingern an Berliner Schulen besonders begehrt. Doch auch Handys und Laptops verschwinden zumeist auf Nimmerwiedersehen. Nun rüsten die Schulen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen auf.

Für die Schüler und Lehrer des Friedrich-Ebert-Gymnasiums in Wilmersdorf war es eine böse Überraschung. Anfang November 2009 wurde in der Schule eingebrochen, 16 Laptops verschwanden. „Am 6. November haben wir den Schülern die Whiteboards, also die elektronischen Tafeln, mit den dazugehörigen Laptops übergeben. Alle waren stolz auf diese neue Ausstattung. Doch schon am darauffolgenden Tag war die Hälfte der Computer gestohlen“, erinnert sich Schulleiter Ottmar Jüdes.

Der Fall ist nicht zuletzt deshalb brisant, weil die entsprechenden Klassenräume mit Sicherungstürknäufen und die Laptops mit Spezialschlössern versehen waren. Die Diebe hat das nicht aufgehalten. „Es muss sich um Profis gehandelt haben“, sagt Schulleiter Jüdes. Die Einbrecher haben wahrscheinlich die neuen Feuerschutztüren genutzt. Die sind so installiert, dass sie von innen jederzeit geöffnet werden können. „Wer sich in der Schule einschließen lässt, kommt problemlos hinaus“, so Jüdes.

Die Berliner Polizei hat jetzt erneut vor Diebstählen an Schulen gewarnt. Die Zahl der Diebesdelikte an den rund 900 Schulen sei gestiegen, hieß es. Wurden im Jahr 2007 noch 1210 einfache Diebstähle an Schulen erfasst, waren es im Jahr darauf bereits 1600. „Wer etwas neu hat, sollte damit nicht prahlen – das weckt Begehrlichkeiten“, sagt Alexander Tönnies, Vize-Chef der Zentralstelle für Prävention im Berliner Landeskriminalamt.

Am häufigsten haben es Diebe auf Fahrräder abgesehen. Aber auch iPods, Handys, Geldbörsen und Kleidungsstücke werden oft entwendet – und zwar meistens von anderen Schülern. Das bestätigt Schulleiter Bernd Böttig von der Eberhard-Klein-Hauptschule in Kreuzberg. Seine Schüler seien deshalb angewiesen, keine Wertsachen mit zur Schule zu bringen. Ein besonderes Problem sei der Sportunterricht. „Wir haben unsere Schüler daher gebeten, an diesen Tagen keine Wertsachen dabei zu haben oder sie dem Lehrer zur Verwahrung abzugeben“, sagt er. Grundsätzlich gelte, dass Schüler, die wertvolle Gegenstände wie Handys, Schmuck oder Geldbörsen mitbringen, selbst dafür verantwortlich sind. Sollte etwas gestohlen werden, könnten Eltern zwar Strafanzeige stellen. „Die meisten Fälle werden aber nicht aufgedeckt“, so Böttig.

Stephan Schmidt, dessen Tochter Natalie eine Oberschule in Wilmersdorf besucht, kennt dieses Problem. „Unserer Tochter sind mehrere Kleidungsstücke gestohlen worden“, sagt er. Dagegen könne man kaum etwas tun. „Ich kann nur versuchen, dafür zu sorgen, dass Natalie keine wertvollen Sachen mit zur Schule nimmt“, so Schmidt.

Handys besser zu Hause lassen

Die Solling-Hauptschule in Marienfelde versucht indes, Diebstähle von vornherein zu verhindern. Dort gibt es die Anweisung der Schulleitung, Handys zu Hause zu lassen. „Wir haben ein Handy-Verbot“, sagt Schulleiter Johannes Bröder. Brächten Schüler trotzdem Mobiltelefone mit, sei es ihr Problem, wenn diese gestohlen werden. „Diese Regelung zeigt Wirkung“, sagt Bröder.

Eine andere Alternative sind Schließfächer. „Wir empfehlen allen Schülern, sich in der Schule einen verschließbaren Spind zu mieten“, sagt Tönnies vom Landeskriminalamt. Problem: Nur in wenigen Schulen stehen diese zur Verfügung. Die Schüler der Gabriele-von-Bülow-Schule in Tegel haben Glück, für sie gibt es neuerdings Schließfächer. „Wir haben die Fächer in erster Linie für Bücher und Unterrichtsmaterialien angeschafft, damit die Schüler nicht so viel hin und her schleppen müssen“, sagt Schulleiter Ulrich Entz. Daneben würden aber auch Wertsachen sicher weggelegt werden können. Bislang gab es an dem Gymnasium alte Stahlschränke zum Wegschließen verschiedener Dinge. Die werden jetzt nach und nach durch moderne Schließfächer ersetzt, die die Schüler mieten können. Pro Schuljahr kostet ein Schließfach 19 Euro.

Schließfächer sollen zum Standart werden

Schließfächer gibt es auch an der Kurt-Schwitters-Gesamtschule in Pankow. „Wer möchte, kann ein solches Fach mieten“, sagt Schulleiterin Katrin Kundel. Ihre Schule setzt allerdings vor allem auf Prävention. „Wir arbeiten eng mit dem zuständigen Polizeiabschnitt zusammen“, sagt Kundel. Für die siebten und achten Klassen gebe es Workshops mit den Präventionsbeauftragten der Polizei. Die Schüler würden unter anderem darüber aufgeklärt, wie Diebstähle zu verhindern sind. Auch mit den Eltern würden die Präventionsbeauftragten sprechen.

An der Ernst-Schering-Oberschule in Wedding ist Diebstahl indes kein großes Thema. „Unsere Schüler kommen zum großen Teil aus finanziell benachteiligten Familien. Sie besitzen kaum Wertsachen, die sie mitbringen könnten“, sagt Schulleiter Hilmar Pletat.

André Schindler, Vorsitzender des Landeselternausschusses, betont, dass Schulen keine Sonderstellung einnehmen. „Diebstähle gibt es überall. Vorsicht ist deshalb nicht nur an Schulen geboten“, sagt er. Schindler fordert, dass bei Schulneubauten Schließfächer zum Standard gehören sollten. „In den alten Schulen ist dafür leider meist kein Platz.“

Und so müssen die Schulen die Probleme anders in den Griff bekommen. Am Friedrich-Ebert-Gymnasium sind die fehlenden Laptops inzwischen immerhin ersetzt worden. „Die Bildungsverwaltung hat dafür gesorgt“, sagt Schulleiter Ottmar Jüdes. Damit in Zukunft nichts mehr wegkommt, werden die Laptops jeden Nachmittag eingesammelt und in einem besonderen Raum eingeschlossen.