Kutscher verletzt

Schwerer Unfall mit Pferdedroschke in Berlin-Mitte

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Michael Behrendt, Thomas Fülling und Steffen Pletl

Foto: AP

Ein Droschkenkutscher ist in Mitte schwer verletzt worden, als ihm plötzlich die Pferde durchgingen und mit dem Gefährt und den drei Passagieren darin ausrissen. Der Kutscher wurde mitgeschleift und vom Fuhrwerk überrollt.

Gegen 22.15 Uhr hatte der Kutscher seine Droschke an der Kreuzung Behrenstraße und Glinkastraße in Mitte gestoppt, um seine Fahrgäste aussteigen zu lassen. Aus bisher ungeklärter Ursache scheuten die Pferde plötzlich und gingen durch. Der Kutscher hatte sich in den Zügeln verfangen und konnte sich nicht daraus befreien - er wurde bis zur Französischen Straße mitgeschleift und dort von seinem Gefährt überrollt, kam von den Zügeln frei und blieb schwer verletzt zurück.

Die Pferde liefen mit dem nun führerlosen Fahrzeug und drei darin sitzenden Passagieren - Touristen aus Hamburg und Sylt - über die Französische Straße bis zur Behrenstraße. Dabei wurden vier am Straßenrand geparkte Autos sowie einige Baustellenabsperrungen beschädigt. Erst Zivilbeamten des Polizeiabschnitts 31 gelang es, das Fuhrwerk schließlich an der Behren- Ecke Friedrichstraße zu stoppen. Die drei Insassen, eine 18-Jährige und ihre 43 Jahre alte Mutter sowie ein 57-jähriger Bekannter, blieben unverletzt.

Der 36-jährige Droschkenfahrer dagegen musste laut Angaben der Polizei mit schweren Verletzungen ins Bundeswehrkrankenhaus transportiert werden. Nach Informationen von Morgenpost Online erlitt er einen offenen Oberschenkelbruch, eine Fleischwunde am Knöchel und zahlreiche Prellungen. Der Mann unter schock stehen und mit starken Schmerzmitteln behandelt werden. Wann er die Klinik verlassen kann, ist noch ungewiss. Die unverletzten Pferde und der Fuhrwagen wurden in die Obhut des Besitzers übergeben.

Die als „historische Stadtrundfahrten“ wieder in Mode gekommenen Droschkentouren durch die Berliner City stehen bereits seit längerer Zeit in der Kritik. Allerdings weniger aus Angst um die Sicherheit der Fahrgäste, sondern in Sorge um das Wohl der Pferde, die bis zu 14 Stunden am Tag durch die Innenstadt traben müssen. Im Sommer wie im Winter müssen die Tiere oft auch bei extremen Temperaturen und ohne ausreichende Versorgung mit Frischwasser ihren Dienst verrichten. Der Berliner Tierschutzverein kritisierte die Fahrten, für die Touristen etwa 40 Euro für eine halbe Stunde zahlen müssen, wiederholt als „Tierquälerei“. Tierheim-Sprecher Marcel Gäding hatte angekündigt, der Tierschutzverein werde mit allen juristischen Mitteln gegen die Veranstalter von Kutschfahrten durch Berlins Innenstadt vorgehen.

Tierschützern der Organisation Peta (People for the Ethical Treatment of Animals, übersetzt: Menschen für den ethischen Umgang mit Tieren) geht dies nicht weit genug. Sie fordern ein absolutes Verbot von Kutschfahrten in Berlin, wie es bereits in London, Paris oder Peking gilt. Kommunalpolitiker wie der tierschutzpolitische Sprecher der SPD, Daniel Buchholz, setzten sich dagegen für eine Fiaker-Verordnung nach Wiener Vorbild ein, weil in dieser unter anderem die Ruhezeiten der Pferde und ihre Versorgung mit Frischwasser genau festgelegt sind. Bislang wird der Einsatz der Pferde als Zugtiere lediglich durch das allgemeiner gehaltene Tierschutzgesetz geregelt. Danach müssen die Anbieter von Kutschfahrten lediglich eine Reit- und Fahrbetriebserlaubnis vorweisen.

Nachdem im Sommer vor dem Nobel-Hotel Adlon ein erschöpftes Pferd zusammengebrochen war, kündigte das zuständige Bezirksamt Mitte an, einen Richtlinien-Katalog für Kutschfahrten in der Stadt erarbeiten zu wollen. Danach soll zum Beispiel eine Kennzeichnungspflicht für die Fiaker eingeführt werden, um den „schwarzen Schafen“ im Gewerbe besser auf die Spur zu kommen. Ein komplettes Verbot von Kutschfahrten in der Stadt ist derzeit bei den Berliner Behörden nicht im Gespräch.