Dieter Lenzen (60) ist seit dem 15. Juni 2003 Präsident der Freien Universität (FU). Der promovierte Erziehungswissenschaftler reformierte die FU von Grund auf, verbesserte trotz finanzieller Nöte Lehre und Forschung auf dem Campus der Universität in Dahlem. Bereits 1977 hatte Dieter Lenzen eine Professur an der FU übernommen, 1999 wurde er zum Vizepräsidenten gewählt.
Morgenpost Online: Welches Erbe haben Sie 2003 übernehmen müssen und wie sind Sie damit umgegangen?
Dieter Lenzen: Ich habe den bereits vor 2003 begonnenen Weg fortgeführt In zehn Reformschritten haben wir unter anderem Entscheidungsstrukturen verändert, ein wirtschaftliches Rechnungssystem eingeführt, die Studiengänge auf die international anerkannten Bachelor und Master-Abschlüsse umgestellt, den Campus in Dahlem zusammengeführt und unsere Einrichtungen dem modernen Stand der Technik angepasst.
Morgenpost Online: Wer hat Ihnen bei der Umsetzung geholfen?
Dieter Lenzen: Eine Universität, die über so lange Zeit missachtet wurde, hat nur eine Chance: dass alle gemeinsam beweisen, dass die FU eine internationale Spitzenuniversität ist. Die große Solidarität zeigte sich beispielsweise, auch innerhalb der Bevölkerung der Stadt, als 450 000 Unterschriften gegen die Schließung des Klinikums Benjamin-Franklin gesammelt wurden.
Morgenpost Online: Geben Sie uns einen Ausblick. Wo wird die FU in fünf Jahren stehen?
Dieter Lenzen: In fünf Jahren wird die Freie Universität Berlin in den internationalen Rankings weiter aufgestiegen sein, es werden sich neue Forschungsschwerpunkte, sogenannte Cluster, in den Naturwissenschaften und Sozialwissenschaften etabliert haben und wir werden in Kooperation mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen der Stadt erfolgreich arbeiten.
Morgenpost Online: Eine wichtige Aufgabe wird die Verbesserung der Lehre sein. Das alles wird aber nur gelingen, wenn die finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen für die Berliner Universitäten nicht geändert werden.
Dieter Lenzen: In welchen Bereichen sehen Sie akuten Handlungsbedarf?
Morgenpost Online: Vor uns stehen die Hochschulvertragsverhandlungen, nicht nur für die Freie Universität Berlin. Wir erwarten eine Absicherung des Haushaltes der Universität auf dem jetzigen Niveau durch den Berliner Senat. Die Entscheidungen über die Verteilung von Forschungsgeldern muss in den Händen der Wissenschaftler bleiben, um unabhängig von der Politik zu bleiben. Die Aufgabe der Politik ist es, die Stabilität der Universitäten zu sichern.
Dieter Lenzen: An der FU werden wir die Bachelor- und Masterstudiengänge im Detail verbessern und den Bekanntheitsgrad der Abschlüsse steigern.
Morgenpost Online: Sie sind seit 1978 an der FU - was verbindet Sie persönlich mit dieser Universität?
Dieter Lenzen: Ich habe an dieser Universität bisher die Hälfte meines Lebens verbracht. Ich hätte sie längst verlassen, wenn ich keine Chancen für eine Zukunft gesehen hätte. Ich habe an der Freien Universität Berlin viele große Momente erleben dürfen, die die weniger Großen vergessen lassen.
Morgenpost Online: In 60 Jahren hat die FU in Berlin sowohl politisch, als auch wissenschaftlich Spuren hinterlassen hat. Welche Seite ist wichtiger?
Dieter Lenzen: Die FU ist eine Einrichtung der Wissenschaft und nicht der Politik. Wir haben großen Wert darauf gelegt, die Geschichte der Freien Universität Berlin aufzuarbeiten, zum Beispiel mit einem Mahnmal für die ermordeten Studenten. Im Augenblick laufen etliche Projekte, die die wissenschaftliche Geschichte der Universität bearbeiten.