Bezirke machen Druck

Ausländerbehörde soll Vaterschaften überprüfen

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Stefan Schulz

Wer als Ausländer ein Kind mit einer Deutschen hat, bekommt in der Regel eine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland. Ob es sich tatsächlich um Vater und Kind handelt, sollen in Berlin die Bezirke überprüfen. Eine unmögliche Aufgabe, heißt es jedoch von dort. Der Rat der Bürgermeister hat nun erzwungen, dass sich der Senat erneut mit dem Thema beschäftigen muss.

Die Bezirke haben den Druck auf den Senat erhöht, eine zentrale Prüfstelle für Scheinvaterschaften einzurichten. Der Rat der Bürgermeister beschloss am Donnerstag einstimmig einen entsprechenden Antrag aus Neukölln. Darin wird der Senat aufgefordert, eine nachgeordnete Behörde als zentrale zuständige Verwaltungsbehörde für die gerichtliche Anfechtung der Vaterschaft zu bestimmen. Nach Ansicht der Neuköllner soll das die Ausländerbehörde sein.

„Das einstimmige Votum der Bezirke ist ein eindeutiges Signal an den Senat, die Verantwortung zu übernehmen und die Aufgabe zentral zu lenken“, sagte die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin von Neukölln, Stefanie Vogelsang (CDU). „Es hat mich gefreut, dass alle Bezirke das auch so sehen.“

Seit dem 1. Juli ist es möglich, Vaterschaftsanerkennungen anzufechten, wenn zwischen Vater und Kind keine sozialfamiliäre Beziehung besteht. Ziel der Neuregelung ist es, sogenannte Scheinvaterschaften zu verhindern, die einem Zuwanderer nur dazu dienen, dauerhaft in Berlin bleiben zu dürfen. Das ist bisher relativ einfach möglich. Ein Mann ohne Aufenthaltsberechtigung kann sich als Vater eines deutschen Kindes melden, und wenn die Mutter dies bestätigt, wird ihm in der Regel die Aufenthaltserlaubnis erteilt, ohne dass die Vaterschaft überprüft wird – also etwa, ob der Mann einen väterlichen Kontakt zu dem Kind pflegt. Allein in Neukölln sollen derzeit 60 solcher Fälle bekannt sein. Berlinweit wird die Zahl auf etwa 600 geschätzt.

Die Bezirke fürchten ein Zuständigkeits-Hickhack

Justizstaatssekretär Hasso Lieber hatte Anfang des Monats in einem Schreiben an die Bezirksbürgermeister die Zuständigkeit geregelt. Nach seiner Darlegung sind nach dem Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz die Bezirke verantwortlich. Die Aufgabe sei nicht von gesamtstädtischer Bedeutung. Ebenso wenig spreche „die Eigenart der Aufgabe zwingend für eine einheitliche Durchführung“, sagt Lieber. Daher sei weder der Senat noch eine nachgeordnete Behörde zuständig.

Das sehen die Bezirke ganz anders. „Es ist notwendig, das Thema zentral zu bearbeiten, weil ansonsten ein Zuständigkeits-Hickhack entsteht, wenn die betreffenden Familien von einem Bezirk zum nächsten ziehen“, sagte Stadträtin Vogelsang. Es sei bislang auch nicht ausreichend geklärt, ob gegen den Vater oder die Familien ermittelt werde. „Dieses Kuddelmuddel darf nicht entstehen“, sagt Vogelsang.

Die CDU will das Thema notfalls in Abgeordnetenhaus bringen

Nach Ansicht des Justizstaatssekretärs ist die Frage allerdings geklärt: Es sei der jeweilige Bezirk zuständig, in dem der Vater lebt, gegen den ermittelt werde, sagt Lieber. Das hält die Neuköllner Vize-Bürgermeisterin aber für widersinnig. Denn die Vaterschaft werde zunächst im Standesamt eingetragen. Dort würden dann auch als erstes Auffälligkeiten beobachtet werden. Auch und vor allem aus diesem Grunde müsse man die zentrale Ausländerbehörde als Prüfstelle einsetzen, fordert Vogelsang.

Nach dem Votum im Rat der Bürgermeister geht das Problem jetzt erneut in den Senat, der sich noch einmal mit der Thematik befassen muss. Sollte der Senat wiederholt zum Ergebnis kommen, die Bezirke seien zuständig, will die CDU-Fraktion sich des Themas im Parlament annehmen.