Julia und Kevin Hartz haben vor sieben Jahren die Online-Ticketing-Plattform Eventbrite gegründet. Soziale Netzwerke und das mobile Internet verliehen ihrem Unternehmen einen riesigen Schub. Ihre Plattform wächst in Deutschland schneller als in den USA.
„Unser Erfolg war ein Erfolg unserer Nutzer“, sagt Kevin Hartz. Auf diesen Erfolg mussten der Gründer der Ticket-Plattform Eventbrite und seine Ehefrau und Mitgründerin Julia Hartz lange warten. Im Jahr 2006 haben sie ihre Plattform gegründet – in einer Zeit als das Web noch nicht mobil war und Eintrittskarten für Veranstaltungen an Kassen in der realen Welt verkauft wurden.
„Es war anders als bei vielen Internetunternehmen, die schnell gewachsen sind und dann nach einem Jahr von Google übernommen wurden. Bei uns hat es viele Jahre gedauert, bis der Durchbruch kam. Wir waren nur ein kleines Team mit drei Leuten, haben hart gearbeitet und sparsam gewirtschaftet. Wir mussten uns in Geduld üben“, sagt Kevin Hartz.
Tickets bald nur noch im Onlinehandel
„Erst als soziale Netzwerke wuchsen, Big Data und das mobile Web Themen wurden und all diese Faktoren zusammenkamen, sind wir mit unserer Idee des revolutionären Ticketings gewachsen“, sagt Kevin Hartz. Einen wichtigen Erfolgsfaktor sieht er in der Einfachheit der Plattform. „Das mobile Ticketing wird das Papierticket sehr bald verdrängen – uns zwar in allen Bereichen, egal ob es um eine Kinokarte geht oder um ein Ticket für eine Konferenz.“
Auf Eventbrite kann jeder Webnutzer mit weniger Klicks ein Ereignis einstellen und dafür Tickets anbieten – kostenfrei für Ereignisse mit freiem Eintritt. Bei den kostenpflichtigen erhält Eventbrite für jedes verkaufte Ticket eine Courtage von 2,5 Prozent des Eintrittspreises plus einen Festpreis von 75 Cent. Ferner fallen für den Anbieter Kreditkartengebühren in Höhe von 3,5 Prozent an.
Eventbrite macht Ticketing sozial
Ein Erfolgsrezept für diese Plattform ist der soziale Aspekt. „Wir machen Ticketing sozial“, sagt der Gründer aus Kalifornien. Nutzer können Ereignisse in sozialen Netzwerken teilen und damit auf ihre Veranstaltung aufmerksam machen – egal ob es sich um einen Kongress, eine Party oder ein Konzert handelt. Besucher teilen ihren Freunden oder Followern mit, welche Termine sie besuchen. So können sie sich leichter verabreden. Möglich ist auch, seine Freizeit zu planen und auf Eventbrite nachzusehen, wo in der Stadt interessante Events stattfinden.
Das Unternehmen vermittelte bis Ende März 2013 insgesamt 100 Millionen Eintrittskarten im Wert von 1,5 Milliarden US-Dollar (1,15 Milliarden Euro). Der Vergleich zum Vorjahr zeigt das schnelle Wachstum des Unternehmens. Die Hälfte dieser Tickets wurde seit Februar 2012 verkauft. Im Jahr 2012 vermittelte die Plattform insgesamt 35 Millionen Tickets für 500.000 Events.
60 Millionen Dollar eingesammelt
Im April 2013 hat das Unternehmen Eventbrite bei einer Investitionsrunde 60 Millionen US-Dollar (46 Millionen Euro) eingesammelt, womit sich die Gesamtsumme an Wagniskapital laut Branchendienst Crunchbase auf fast 140 Millionen Dollar (107 Millionen Euro) erhöht hat. Geldgeber ist zum wiederholten Mal das Investmentunternehmen Tiger Global Management, ein großer Player in der Venture-Capital-Szene, dessen aktueller Fonds insgesamt 1,25 Milliarden US-Dollar (960 Millionen Euro) umfasst.
Mit diesem neuen Kapital soll das Wachstum vor allem in Europa vorangetrieben werden. Ein Börsengang ist vorerst nicht geplant, was den Gründern einen größeren Spielraum beim Aufbau ihres Unternehmens gibt und weniger Rücksichtnahmen auf Erwartungen von Aktionären fordert. Dabei kennt sich Kevin Hartz mit Börsengängen aus: Er ist Mitgründer der Online-Geldtransfer-Plattform „Xoom“. Deren Börsengang im Februar war ein Erfolg. Der Aktienkurs der Plattform stieg bei der Ausgabe von 15 auf 25 Dollar und hat sich bei 19 Dollar eingependelt.
Rasantes Wachstum in Deutschland
Vor knapp einem Jahr startete Eventbrite in Deutschland – ein wichtiger Expansionmarkt für das US-amerikanische Unternehmen. „Hier wachsen wir schneller als damals in den USA. Viele Tech-Events wie die Hy! Berlin, TheEuropas und Techcrunch Disrupt nutzen unsere Plattform“, sagt Julia Hartz. 40 Prozent der Tickets werden für Veranstaltungen in Berlin verkauft. Gründe dafür sind die ausgeprägte Party-Szene und die schnell wachsende Tech-Szene in der Stadt.
Julia und Kevin Hartz sind nicht nur Gründer, sondern auch Investoren. „Unser Fokus ist das Consumer Internet“, sagt Kevin Hartz. Er ist ein früher Investor des Bezahldienstes PayPal, der Fotoplattform Pinterest, der Zimmervermittlung Airbnb und zahlreicher anderer Start-ups. „Die Erfinder von Pinterest und Airbnb repräsentieren großartige Unternehmer“, sagt Kevin Hartz.
Es sei ihm eine Ehre, Teil dieser Erfolgsgeschichten zu sein und diese Unternehmen wachsen zu sehen. Eines der fundamentalen Prinzipien im Silicon Valley und auch in der Berliner Start-up-Szene sei die Zusammenarbeit. „Ich habe viel von Pinterest, Airbnb und den anderen Unternehmen gelernt, in die ich investiert habe und mit denen ich zu tun habe.“
Was Eventbrite-Chef jungen Gründern rät
Was Kevin Hartz deutschen Start-ups rät: „Unternehmertum ist global. Wir haben mit Gründern im Berliner Betahaus gesprochen und waren begeistert von dem Grad an Talent und Techologie. Ich würde hier den gleichen Rat wie im Silicon Valley geben: Seid sehr hartnäckig, seid nicht angewiesen auf fremdes Kapital und macht etwas effektives für sehr große Märkte.“
Julia und Kevin Hartz gelten als das Traumpaar der internationalen Start-up-Szene: jung, schön, erfolgreich. Nur sehr selten gibt es Start-ups, die von Ehepaaren gegründet wurden. „Wir kennen das nicht anders“, sagt Julia Hartz. „Als wir Eventbrite gründeten, waren wir gerade verlobt. Nach anderthalb Jahren waren wir verheiratet, hatten eine Firma gegründet und ein Kind bekommen. Es war am Anfang also ein exponentielles Wachstum.“
„Wir sind wahre Partner“
„Wir sind beide Mitgründer, und investieren als Ehepartner mehr in das Unternehmen als andere Co-Founder das vielleicht tun würden. Wir gehen an die Sache sehr vorsichtig ran“, berichtet Julia Hartz. Teilen und herrschen sei einer ihrer Grundsätze. „Wir arbeiten nie zur gleichen Zeit an der gleichen Sache oder in der gleichen Abteilung unseres Unternehmens“. Julia kümmert sich vor allem um das Personal und Kevin um das Produkt.
„Jeder hat also seinen eigenen Bereich“, sagt die Gründerin. „Wir unterstützen uns gegenseitig sehr stark, wir kommunizieren viel, wir sind sehr ehrlich zueinander. Wir sind wahre Partner.“
Sie hätten den Anspruch, gleichermaßen gute Geschäftspartner und gute Eltern zu sein. Alle Arbeit werde geteilt – egal ob zu Hause oder im Unternehmen. „Wir erziehen gemeinsam unsere beiden Kinder, machen alles zusammen, und das funktioniert wirklich harmonisch.“