Mit der Übernahme des kalifornischen Start-ups PlaySay will der Berliner Online-Sprachlerndienstleister Babbel den starken Wachstumskurs der vergangenen Jahre fortsetzen. Babbel hatte nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr den Umsatz verdreifacht. „Einen Umsatzsprung um 200 Prozent bekommt man ab einer bestimmten Umsatzgröße natürlich nicht mehr so schnell hin. Aber ich denke, dass wir auch in diesem Jahr stark wachsen werden“, sagte Gründer Markus Witte Morgenpost Online. „Wenn uns noch einmal eine Verdreifachung gelingt, wäre ich sehr zufrieden.“ Details nannte er nicht. Nach unbestätigten Angaben soll Babbel 2012 erstmals einen zweistelligen Millionen-Umsatz erzielt haben. Im Jahr zuvor war es noch ein einstelliger Millionenbetrag.
Babbel bietet im Internet Lernkurse in derzeit 13 Sprachen an, darunter Deutsch, Spanisch, Türkisch oder Indonesisch. Das 2007 gegründete Unternehmen zählt nach eigenen Angaben mittlerweile 15 Millionen Nutzer weltweit, die den kostenpflichtigen Dienst abonnieren. Acht Millionen Mal wurde allein die mobile App für Apple- und Android-Geräte heruntergeladen. „Bildung wird mobil“, sagte Witte, „und gerade der US-Markt birgt großes Potential für mobiles Lernen und wir haben noch viel vor.“
PlaySay kombiniert Spielen und Lernen
PlaySay hatte erst im Mai 2012 seine Sprachlern-App für Englisch und Spanisch gestartet. In den USA und in zehn weiteren Ländern landete PlaySay mit der gleichnamigen iPhone-App auf Platz eins im iTunes-Store in der Kategorie Bildung. Die App besitzt eine Community-Funktion, in der Sprachen im direkten Dialog mit anderen Spielern gelernt werden können.
Das Unternehmen machte zuletzt keine Angaben, wie viele Nutzer das Angebot hat. Nach dem Start hatte Gründer Ryan Meinzer allerdings erklärt, der Dienst habe allein im ersten Monat um 100.000 Nutzer gefunden.
Die Übernahme ist aus drei Gründen ungewöhnlich. Zum einen, weil in der Regel US-Unternehmen deutsche Start-ups aufkaufen – und nicht umgekehrt. Zum zweiten, weil das noch junge, aber operativ profitable Unternehmen Babbel die Übernahme aus eigener Kraft stemmt. Und zum Dritten, weil Babbel nicht plant, PlaySay in das eigene Unternehmen zu integrieren.
Babble plant keine Zwei-Marken-Strategie
Der Deal sieht vielmehr vor, dass die PlaySay-App in den App-Stores der Mobilgeräte-Anbieter vorerst verbleibt, das Unternehmen aber seine Aktivitäten einstellt. Die bisherigen Nutzer werden eingeladen, zu Babbel zu wechseln. „Irgendwann werden wir sicher die PlaySay-App vom Markt nehmen und auch in den USA nur als Babbel auftreten. Für eine Zwei-Marken-Strategie sind wir nicht groß genug“, sagte Witte.
Ganz ähnlich hatte Babbel 2008 den britischen Anbieter FriendsAbroad übernommen. Auch dabei wurden die Nutzer eingeladen, zu den Berliner zu wechseln. „Wir stellen uns natürlich immer die Frage, schaffen wir es, zum Beispiel in den USA aus eigener Kraft, also organisch zu wachsen, oder ist es nicht besser, eine relativ bekannte App, die positiv wahrgenommen wird, zu akquirieren und so den Fuß in die Tür zu bekommen“, sagte Witte.
Wann PlaySay vom Markt verschwindet, dafür gebe es noch keinen festen Zeitplan. Offen sei auch, ob Babbel mit einem eigenen Team in den USA arbeiten wird oder das Geschäft allein von Berlin aus gesteuert wird. Vorerst wird allein PlaySay-Gründer Meinzer Babbel auf dem US-Markt als strategischer Berater vertreten.
Angriff auf die Bildungs-Marktführer in den USA
Meinzer blies am Dienstag zum Sturm auf etablierte Lernanbieter wie Rosetta Stone. "Mit günstigem Preissegment und der Konzentration auf den mobilen Bereich ist Babbel bereit, Giganten wie Rosetta Stone zu verdrängen, die sich um Mehrheit der Lernwilligen, die nur bis zu 100 Dollar im Jahr ausgeben, nicht gekümmert haben."
Angaben zum Kaufpreis wurden nicht gemacht. Bekannt ist allerdings, dass PlaySay im vergangenen Jahr insgesamt 820.000 Dollar von Wagnisfinanzierern erhalten hat.
Babbel gehört zur Lesson Nine GmbH, die 2007 von Witte, Lorenz Heine, Toine Diepstraten und Thomas Holl gegründet wurde. 2008 sind der Wagnisfinanzierer Kizoo und der Venture-Capital-Fonds Berlin, der zur Investitionsbank IBB gehört, eingestiegen. Das Unternehmen beschäftigt heute 170 Mitarbeiter.