Integration

Streit um den Doppelpass – Auch Buschkowsky mischt sich ein

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Alexander Kohnen

Foto: Reto Klar

Nach dem Kompromiss ist vor dem Streit: Eigentlich haben sich Union und SPD beim Doppelpass geeinigt. Doch jetzt sind alle unzufrieden. Auch Neuköllns Bezirksbürgermeister gefällt das Gesetz nicht.

Da dachte man, die Sache sei endlich geregelt. Und dann so was: Nach dem Doppelpass-Kompromiss geht das Gezanke einfach weiter. Sogar härter als zuvor.

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, bei dem Gesetz handle sich um ein „riesiges integrationsfeindliches Bürokratiemonster“. SPD-Vize Ralf Stegner motzte, dass mit der Union nicht mehr möglich gewesen sei. Der Kompromiss sei aber deutlich besser als der Ist-Zustand. Johannes Kahrs, der Vorsitzende des konservativen Seeheimer Kreises der SPD, sagte schlicht, er habe sich eine einfachere und praktischere Lösung gewünscht.

Und die Berlinerin Bilkay Öney (SPD), mittlerweile Integrationsministerin in Baden-Württemberg sagte: „Es ist kein Geheimnis, dass ich eine vollständige Abschaffung der Optionspflicht bevorzuge.“

Und auch die Union ist unruhig. So will Stephan Mayer (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, den Gesetzentwurf im Bundestag „an der ein oder anderen Stelle noch intensiv durchleuchten und möglicherweise ändern“.

Generalsekretäre machen gute Stimmung

Die Generalsekretäre versuchten natürlich, gute Stimmung zu machen. Von einem „hervorragenden Kompromiss“ sprach Yasmin Fahimi (SPD). „Die Lösung ist nicht bürokratisch, sondern ein praxistauglicher Kompromiss“, sagte Andreas Scheuer (CSU).

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) hatten am Donnerstag den Kompromiss verkündet. Dieser sieht vor, dass Menschen, die in Deutschland geboren wurden und mindestens acht Jahre hier gelebt haben oder sechs Jahre hier zur Schule gegangen sind, zwei Pässe haben dürfen. Bisher mussten sich Kinder von Migranten vor ihrem 23. Geburtstag für einen Pass entscheiden. Diese Optionspflicht fällt jetzt weg.

Heinz Buschkowsky kritisch

Der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD), Querdenker in seiner Partei, was Integrationsfragen angeht, war gegen die Abschaffung der Optionspflicht. Den Kompromiss will er jetzt aber nicht kritisieren. „Wenn Entscheidungen gefallen sind, sollte man nicht noch nachtreten“, sagte Buschkowsky der Berliner Morgenpost. Und kritisiert das Gesetz dann doch noch indirekt: „Ich glaube nicht, dass revolutionäre Veränderungen damit verbunden sind.“

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) äußerte sich zurückhaltender. „Ich gehe davon aus, dass am Ende der parlamentarischen Beratung ein Gesetz steht, das dem Koalitionsvertrag entspricht. Nicht mehr und nicht weniger“, sagte er dieser Zeitung. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, dass die Optionspflicht für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder entfallen soll – und diese Kinder zwei Pässe haben können. Nachdem der Vertrag unterschrieben wurde, ging allerdings der Streit darüber los, was genau „aufgewachsen“ bedeutet.

Die Verbände reagierten enttäuscht. Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, sagte: „Ich denke, wir haben jetzt leider ein Optionspflicht-Weiterführungsgesetz vorliegen.“ Er hoffe, dass dieser Entwurf nicht Realität werde.

Aiman Mazyek, Ratsvorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, sagte dem RBB-Inforadio, er sei „grundsätzlich zufrieden“. Er bedauerte allerdings, dass es für ältere Migranten keine Verbesserungen gebe. Damit werde „ein großer Teil der Migranten gar nicht erfasst“.