In Berlin kommt im neuen Jahr ein strengeres Hundegesetz. Die Tiere müssen dann immer an der Leine geführt werden. Hundebesitzer sehen das mit gemischten Gefühlen. Sie wünschen sich mehr Auslaufgebiete.

Mittagspausenzeit in Prenzlauer Berg: Das Hundeauslaufgebiet im Mauerpark ist gut besucht. Ein Rudel Hunde tobt über den Platz, Herrchen und Frauchen stehen daneben und sehen ihnen zufrieden beim Spielen zu. Zum neuen Hundegesetz, das Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) zu dieser Zeit im Roten Rathaus vorstellt, haben hier alle eine Meinung. „Ich finde das neue Hundegesetz schlecht“, sagt Manuela Lorber. „Hunde, die von der Leine gelassen werden, hören ohnehin gut, sonst würde die ja keiner losmachen! Das ist doch reine Geldschneiderei.“

Die 34-Jährige besucht den kleinen eingezäunten Hang im Süden des Parks mit ihrer Labradormischung Norbert. Der kämpft gerade freundschaftlich mit Rauhaardackel Carlo, der jedoch erbittert Widerstand leistet. Hier dürfen die Hunde ihrem Naturell freien Lauf lassen – nach Inkrafttreten des neuen Berliner Hundegesetzes ausschließlich hier. Der Entwurf stellt eine deutliche Verschärfung der derzeit geltenden Regelungen dar. Danach wird der bisher lediglich für Grünflächen und Wälder geltende Leinenzwang auch auf Bürgersteige ausgeweitet. Erfahrene Hundehalter haben jedoch die Möglichkeit, sich durch einen sogenannten Hundeführerschein von der Regelung zu befreien.

Die vielen Hunde sorgen immer wieder für Streit

Insgesamt 100.000 Hunde sind in der Stadt registriert, dazu kommen die nicht gemeldeten Tiere. Die vielen Hunde auf Berlins Straßen sorgen zwischen Hundehaltern und Menschen ohne Hund immer wieder für Streit. Um für das neue Gesetz einen Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Interessen zu finden, hatte Justizsenator Heilmann die Berliner zum Mitmachen aufgerufen. Im Rahmen des „Bello-Dialogs“ diskutierten Bürger und Fachleute die Rahmenbedingungen für das neue Hundegesetz. „Ich finde, das Gesetz ist ein gelungener Kompromiss, der durch den Hundeführerschein auch die nötige Flexibilität beinhaltet“, sagt Heilmann.

Bei den Akteuren stößt das Gesetz auf geteilte Meinungen. Die einen halten eine Verschärfung der geltenden Regelungen für längst überfällig, andere sehen darin eine unnötige Bevormundung des Halters. „Ich finde einen generellen Leinenzwang durchaus berechtigt. Gerade hier in Prenzlauer Berg gibt es so viele kleine Kinder, die vor Hunden geschützt werden müssen“, sagt Silke Proß, 49. Sie halte ihren fünf Monate alten Dackel Carlo ohnehin an der Leine. „Ich finde so einen Hundeführerschein gut. Jemand, der sich für einen Hund entscheidet, sollte sich auch darum kümmern“, sagt sie.

Ein Problem sieht Proß allerdings bei den verfügbaren Auslaufgebieten: viel zu wenig Platz für zu viele Hunde. Mit dem Leinenzwang würde sich diese Situation noch verschärfen. Die daneben stehenden Hundehalter nicken zustimmend.

Auslaufgebiete sind Sache der Bezirke

Auch der Justizsenator hält die Einrichtung weiterer Auslaufgebiete für sinnvoll, verweist dabei jedoch auf die Bezirke und ehrenamtlichen Träger. „In unserer Stadt wird viel über freiwilliges Engagement erreicht, wie zum Beispiel im Bereich Sport – das sorgt auch für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung. Für Hundeauslaufgebiete wäre das ebenfalls ideal“, so Heilmann.

Kritisiert wird das Gesetz insbesondere, weil es schwierig wird, Verstöße zu ahnden. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) beklagt den ohnehin bereits bestehenden Personalnotstand. „Wie sagt der Volksmund? Wo kein Kläger, da kein Richter. Genau das trifft auf die Idee eines generellen Leinenzwangs für Hunde auf Gehwegen zu“, kommentiert GdP-Landesbezirksvorsitzender Michael Purper den Entwurf. Auch aus dem Abgeordnetenhaus werden Zweifel laut. „Für uns steht die praktische Umsetzbarkeit der neuen Regelungen im Vordergrund“, sagt Daniel Buchholz, Sprecher für Tierschutz der Berliner SPD-Fraktion. „Welchen Sinn machen eine allgemeine Leinenpflicht und der Hundeführerschein, wenn gleichzeitig umfangreiche Ausnahmekataloge festgeschrieben werden?“

Heilmann tritt der Kritik der Undurchsetzbarkeit entgegen: „Allein weil sich Menschen möglicherweise nicht daran halten und man nicht jeden überall kontrollieren kann, werden wir nicht aufhören, Gesetze zu machen.“ Auch beim Aufsammeln des Hundekots gebe es mittlerweile eine breite gesellschaftliche Akzeptanz, die dazu führe, dass viele die Vorschrift befolgten. Zudem könne sich Heilmann eine Erhöhung der Sanktionierungen vorstellen, um für eine bessere Durchsetzung zu sorgen.

Nur noch vier gefährliche Hunderassen

Ein weiterer neu geregelter Komplex betrifft die Liste für gefährliche Hunderassen. Von vorher zehn aufgeführten Rassen sollen nun nur noch vier als an sich gefährlich eingestuft werden. Erfasst werden Hunde der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire Terrier, Bullterrier und Tosa Inu sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden. Diese Entschärfung bleibt weit hinter den Erwartungen von Kritikern der Liste zurück. „Damit bleibt das Hauptproblem der Liste bestehen: Sie erfasst eben die Rassen und vor allem Mischlinge nicht, die für die allermeisten Hundebisse verantwortlich sind“, sagt Claudia Hämmerling, Sprecherin für Tierschutz der Berliner Grünen-Fraktion. „Die gelisteten Rassen sind für lediglich vier Prozent der Bisse verantwortlich.“ Auch der Vorsitzende des Berliner Tierschutzverbands, Ines Krüger, missfällt die Liste. Die dort erfassten Hunde würden alle bei ihr im Tierheim landen, weil keiner mehr die Hunde halten wolle. Zwei Drittel der Hunde im Tierheim seien Listenhunde, deren Vermittlungschancen gegen Null tendierten.

Der Entwurf muss nun durch das Parlament. Mit einem Inkrafttreten wird für 2014 gerechnet. Die nähere Ausgestaltung des Gesetzes bedarf jedoch einer Verordnung, die wohl erst 2015 erlassen wird. Noch etwas Zeit also, um dem Hund auch auf Bürgersteigen freien Lauf zu lassen.