Im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler steht der BER als Beispiel für Verschwendung ganz oben. Mehr als fünf Milliarden Euro wird der Flughafen wohl kosten.

Der neue Hauptstadtflughafen BER wird aus Sicht des Bundes der Steuerzahler mehr als fünf Milliarden Euro kosten. Der Verein führt das Projekt in seinem neuen Schwarzbuch als erstes Beispiel für Kostenexplosionen und Verschwendung an. Das Buch wurde am Donnerstag in Berlin vorgestellt.

Beim ersten Spatenstich vor sieben Jahren waren die Verantwortlichen noch davon ausgegangen, dass der Flughafen zwei Milliarden Euro plus Zinsen kostet. Nach vier abgesagten Eröffnungsterminen haben sich die Kosten aber bis zum vergangenen Herbst auf 4,3 Milliarden Euro erhöht. Jeder weitere Monat kostet nach Betreiberangaben 35 Millionen Euro.

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Weitere drei Beispiele aus Berlin

Berlin hat es weitere drei Mal in das Schwarzbuch geschafft: mit dem Kauf der „Schrottimmobilie“ Marinehaus am Köllnischen Park, mit 50 Halteverbotsschildern auf einer nur 1,6 Kilometer langen Straße im Tegeler Forst und mit dem Verkauf des Sport- und Erholungszentrums an der Landsberger Allee für einen Euro an einen Investor, der dort das versprochene Spaßbad auch zehn Jahre danach nicht eröffnet hat.

Beim Flughafen wirft der Steuerzahlerbund den Politikern im Aufsichtsrat vor, Hals über Kopf in den Bau eingestiegen zu sein und dann während der Bauphase immer wieder umgeplant zu haben. Mit dem Rauswurf der Planer nach der geplatzten Eröffnung 2012 hätten sie überdies den Stillstand auf der Baustelle ausgelöst. Zweifel werden auch daran laut, ob der Flughafen die Kosten jemals einspielt. Der Verein fordert mehr Fachleute für den Aufsichtsrat. „Die Politik ist nicht bereit, ein krankes Kind dem Arzt als Experten zu lassen.“

Umbau der Sprinkleranlage begonnen

Die Wahrheit über die tatsächlichen Kosten des Debakels müssten ans Licht, forderte die Grünen-Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus, Ramona Pop. Sie argwöhnt, dass es wegen der Bundestagswahl noch immer keinen neuen Zeit- und Kostenplan gibt. „Die Berlinerinnen und Berliner haben ein Recht zu erfahren, was noch auf sie zukommt.“

Am Neubau begann unterdessen der Umbau der riesigen Sprinkleranlage. Sie wird in drei Abschnitte für insgesamt bis zu 70 000 Sprinkler zerlegt. Arbeiter begannen am Donnerstag, Fundamente für einen zusätzlichen Wassertank zu schaffen, der vor dem Nordflügel stehen soll. Von dort soll dieser Seitentrakt eigenständig Löschwasser erhalten.

Mängel an Parkhäusern

Bislang werden die Sprinkler in Haupt-, Nord- und Südpier zentral gesteuert und versorgt. So arbeitete die Anlage aber nicht präzise genug, wie Tests ergaben. Der Landkreis hat nun die Teilung genehmigt, wie ein Flughafensprecher sagte. Die neue Sprinklerzentrale für den Südflügel ist noch in Planung.

Zugleich wurden weitere Mängel bekannt: An zwei Parkhäusern müssen erste Defekte beseitigt werden. So brauchen die Gebäude vor dem Terminal teilweise einen neuen Anstrich, weil falsche Farbe benutzt wurde. Der Flughafen bestätigte am Donnerstag entsprechende Informationen des RBB. Ein Sprecher widersprach aber der Darstellung, die Gebäude seien ein Sanierungsfall. Er sprach von üblichen Mängelbeseitigungen im Rahmen der Gewährleistungspflicht. Die Parkhäuser wurden jedoch nicht von der Flughafengesellschaft gebaut, sondern von der Deutschen Anlagen-Leasing, die zum Sparkassenverbund gehört.

Vermeidbare Kostenexplosionen

Ob der neue Berliner Flughafen, die Sanierung eines Münchner Theaters oder die neue BND-Zentrale – regelmäßig ufern die Kosten bei öffentlichen Bauvorhaben aus. Aus Sicht des Steuerzahlerbundes wäre die teils gravierende Kostenexplosion jedoch oft vermeidbar durch solide Planung und realistische Finanzierung. In den Bau sei „Hals über Kopf“ eingestiegen worden, „bevor das Gebilde BER in all seinen Facetten durchgeplant war“.

Zwar dürfe nicht jede Überschreitung des Budgets automatisch mit einer Verschwendung von Steuergeldern gleichgesetzt werden. „Viele dieser negativ auf das Bauvorhaben wirkenden Faktoren sind von der Politik und der Verwaltung hausgemacht“, monierte der Verband in seinem Schwarzbuch.

Elementare gesetzliche Vorschriften missachtet

Oft würden elementare gesetzliche Vorschriften missachtet. Großbauvorhaben müssten von Anfang an auf eine grundsolide Basis gestellt werden. „Um realistische Kostenprognosen zu erhalten, müssen belastbare Annahmen getroffen werden“, wird weiter gefordert: „Die Bürger haben ein Anrecht darauf, dass der Staat sorgsam und vernünftig mit ihrem Geld umgeht.“

Die Politik habe inzwischen die Hauptursachen für die Kostenlawinen erkannt und eine Kommission ins Leben gerufen, erkennt der Steuerzahlerbund an, warnt aber auch: „Sie darf nicht als Feigenblatt missbraucht werden.“

Das Schwarzbuch listet mehr als 100 Beispiele für angebliche Verschwendung von Steuergeldern auf. Zur häufigen Kostenexplosion bei öffentlichen Bauten erklärte der Präsident des Verbandes, Reiner Holznagel, Verzögerungen und Kostensteigerungen seien „ein sichtbares Zeichen für ein Versagen der politisch Verantwortlichen“.

Fragwürdige Fledermaus-Brücke

Heftige Kritik übte der Steuerzahler-Bund auch an der Neuausrichtung der Bundeswehr, bei der laut dem Bericht „fragwürdige Standortentscheidungen“ getroffen wurden. Zwischen 2009 und 2012 wurden demnach insgesamt 81 Millionen Euro in die Infrastruktur von Kasernen investiert, die nach dem Stationierungskonzept von vor zwei Jahren geschlossen werden sollen. Allein in die Alheimer-Kaserne im hessischen Rotenburg an der Fulda seien 24,4 Millionen Euro geflossen, obwohl diese 2017 aufgegeben wird. Holznagel sieht die neue Bundesregierung in der Pflicht, Steuergelder effizient zu verwenden.

Zu den Fällen von Verschwendungen, bei denen der Steuerzahler noch relativ glimpflich davongekommen ist, zählt ein Hinweisschild für eine historische Seilzugfähre über den Elbe-Lübeck-Kanal in Schleswig-Holstein. Das ohne offizielle Genehmigung aufgestellte, braune Schild hatte die falsche Farbe und musste durch ein rund 400 Euro teures grünes Schild ersetzt werden. „Gar nicht ausrechnen möchte man sich als Steuerzahler, wie viele Stunden die Beamten und Angestellten in den Amtsstuben mit diesem 'Schild'-Bürgerstreich beschäftigt waren“, monierte der Steuerzahler-Bund.

Weitere Beispiele aus dem Schwarzbuch

Fledermausbrücke: In Biberach (Baden-Württemberg) wurden zwei Fledermausbrücken errichtet, damit die nachtaktiven Flugtiere die Straße gefahrlos überqueren können. Da die strengen Schutzvorschriften relativ neu seien, fehlten Erfahrungen. Allein die Brücken kosteten rund 435 000 Euro. Hinzu kämen 35 000 Euro für die Überwachung. Sollten die Fledermäuse nichts mit der Brücke anfangen können, dann könne es niemand: Für Fußgänger seien die Brücken nicht freigegeben.

Denkmalschutz: Sie stehen auf dem Autobahnrastplatz Vellern Süd (Nordrhein-Westfalen) an der A2 – die Reste einer Spannbetonbrücke. Aus Gründen der Verkehrssicherheit wurde sie durch einen Neubau ersetzt, musste aus Gründen des Denkmalschutzes aber erhalten werden, da sie aus der „Frühzeit des deutschen Autobahnbaus“ stamme. Der Torso sei für rund 310 000 Euro abgestellt. Ein Abriss hätte 108 000 Euro gekostet.

OP-Zentrum: Seit drei Jahren sei das Zentrum für Operative Medizin II der Uniklinik Düsseldorf fertig – aber für Ärzte und Patienten noch immer geschlossen. Nach zahlreichen Umplanungen sei das Gebäude wegen Brandschutzmängeln noch nicht freigegeben. Die Uniklinik zahle dennoch schon rund zwei Millionen Euro für Heizung, Reinigung, technische Wartung und Bewachung.

Fußgängerbrücke: In Mainz sei an der Bahnhaltestelle „Waggonfabrik“ für etwa 340 000 Euro eine Fußgängerbrücke saniert worden. Die ohnehin nicht barrierefreie Brücke hätte für rund 140 000 Euro auch ersatzlos abgerissen werden können. Denn wer nur drei bis vier Gehminuten investiere, könne die Straße auch über einen Fußgängertunnel erreichen.

Kasernen: Der Bund habe im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr neue Kasernen geschlossen und alte umgebaut. So seien etwa in der Burgwaldkaserne im hessischen Frankenberg, die bestehen bleibe, nur wichtigste Reparaturen notdürftig erfolgt. Dagegen werde eine erst kürzlich generalüberholte Liegenschaft in Hessen geschlossen, in die seit 2008 rund 24,4 Millionen Euro investiert worden seien.

EU: Die neue hessische Landesvertretung in Brüssel sei besonders groß und teuer ausgefallen. Ausgeschrieben worden seien knapp 4700 Quadratmeter. Warum jetzt 6116 Quadratmeter notwendig seien, nannte der Steuerzahlerbund nicht nachvollziehbar. Die Vertretung schlage abzüglich angenommener Untervermietungen in den nächsten 30 Jahren mit jährlich 2,4 Millionen Euro zu Buche. dpa/mim