Drogenkriminalität

Wie Berlins Polizei gegen einen zweiten Drogen-Park kämpft

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Ulla Reinhard, Steffen Pletl und Christina Brüning

Großrazzia in der Stadt: 300 Einsatzkräfte durchsuchten zeitgleich acht Wohnungen sowie eine Grünanlage nahe dem U-Bahnhof Haselhorst in Spandau. Der Bereich steht unter verschärfter Beobachtung.

Staatsanwaltschaft und Polizei haben am Dienstagvormittag zu einem monatelang vorbereiteten Schlag gegen den Kokain- und Heroinhandel ausgeholt. Mehr als 300 Beamte durchsuchten zeitgleich acht Wohnungen in Reinickendorf, Britz, Kreuzberg, Hakenfelde und Wedding sowie ein Lokal in Reinickendorf. Insgesamt sieben Personen wurden festgenommen, unter ihnen sechs arabischstämmige Männer im Alter von 18 bis 42 Jahren sowie die 44 Jahre alte Lokalbetreiberin aus Reinickendorf. Ihnen allen wird bandenmäßiger Rauschgifthandel vorgeworfen, am Mittwoch sollen sie einem Haftrichter vorgeführt werden.

Abgesehen von den Festnahmen hält sich der Erfolg des Einsatzes jedoch offenbar in Grenzen – zumindest was die Sicherstellung des gefährlichen Rauschgifts anbelangt. So konnten laut Polizei nur „kleine Mengen Drogen“ aufgefunden werden. Im Kofferraum eines Mietwagens der Marke Nissan stießen die Beamten lediglich auf vier Kilogramm Streckmittel für Heroin. Allerdings wurden bei dem Einsatz zahlreiche Beweismittel sichergestellt: 50.000 Euro mutmaßlicher Handelserlös, mehrere Schreckschusswaffen und diverse Mobiltelefone.

Ein Schwerpunkt des Einsatzes lag in der Begehung einer recht verdreckten Grünanlage nahe dem U-Bahnhof Haselhorst in Spandau. Ein Großaufgebot an Polizeibeamten durchkämmte den Park mit Spaten, Harken und Drogenspürhunden. Da auf dem Boden diverse Spritzen herumlagen, war der Einsatz für die Tiere nicht ganz ungefährlich. Trotz der akribischen Suche konnten jedoch auch hier nur geringe Mengen Drogen gefunden werden. Während des Einsatzes nahmen die Beamten drei mutmaßliche Drogenhändler sowie zwei Konsumenten fest. Ein Mann leistete Widerstand.

Die Grünanlage ist in Haselhorst berüchtigt

Die Grünanlage am U-Bahnhof Haselhorst ist im Bezirk als Problem bekannt. „Die Ecke steht bei den Kollegen vom Fachbereich Grünflächen unter besonderer Beobachtung“, sagte Simone Maier vom Bezirksamt der Berliner Morgenpost. Man bemühe sich bereits, den Park regelmäßig gründlich zu reinigen. Das sei jedoch schwierig, weil die Grünfläche dicht mit Sträuchern bewachsen sei. Außerdem werde die Anlage leider stets schnell wieder vermüllt. „Es ist ziemlich schwierig, die Situation dort zu verbessern“, so Maier. Eine Lösung wäre es höchstens, mehr Fläche zu pflastern, um sie schneller reinigen zu können. „Aber eigentlich möchte der Bezirk gern Grünflächen erhalten“, hieß es. Die Polizeiaktion im Park begrüßte man im Bezirksamt ausdrücklich.

Der letzte größere Einsatz gegen den Heroin-Handel ist etwas mehr als einen Monat her. Bei einer Razzia mit 50 Beamten konnten damals insgesamt 3,38 Kilogramm Heroin sichergestellt werden. 1100 verkaufsfertige Heroinkugeln fanden die Beamten in einem Auto am Leopoldplatz in Wedding, weitere große Packen mit einem halben bis einem Kilogramm unverarbeitetem Heroin wurden bei der anschließenden Durchsuchung einer Wohnung an der Guineastraße sichergestellt. Die Polizei nahm vier Männer im Alter von 19 bis 50 Jahren fest.

Gut organisierter Handel mit Heroin und Kokain in Berlin

Nach Angaben eines Ermittlers ist der Handel von Heroin und Kokain in Berlin gut organisiert. Die Polizei geht demnach von zehn bis 15 Banden aus, die den Handel in der Hauptstadt betreiben. Die Bandenmitglieder seien überwiegend Libanesen und staatenlose Palästinenser, von denen viele im Asyl- oder Duldungsstatus in Deutschland lebten. 90 Prozent des Heroins würden rund um den öffentlichen Nahverkehr und in anliegenden Parks verkauft.

Über den Nahverkehr könnten Dealer und Käufer innerhalb von Minuten zusammentreffen und flexibel ihre Handelsplätze wechseln. Konsumiert würde das Rauschgift dann meist ebenfalls im direkten Umfeld der Bahnhöfe, beispielsweise in Grünanlagen, auf Spielplätzen und in benachbarten Hauseingängen.

Cannabis im Görlitzer Park in Kreuzberg

Für Schlagzeilen hat in den vergangenen Monaten vor allem der Görlitzer Park in Kreuzberg gesorgt. Dort werden jedoch weniger Heroin und Kokain, sondern große Mengen Cannabis vertrieben. Zuletzt war der Park vor wenigen Tagen erneut im Gespräch, als die Grünen einen Antrag ins Bezirksparlament einbrachten, wonach in der Grünanlage ein Coffeeshop eröffnet werden soll. Wie etwa in den Niederlanden üblich soll in einem solchen Laden kontrolliert Cannabis verkauft werden. Angesichts der großen Zahl der in der Haselhorster Grünanlage herumliegenden Drogenspritzen gibt es nun wohl einen weiteren Park in Berlin, der künftig für Gesprächsstoff sorgen wird.

Foto: Steffen Pletl