Bildungspolitik

Streit der Parteien um Zukunft der Privatschulen eskaliert

| Lesedauer: 4 Minuten
Joachim Fahrun und Florentine Anders

Foto: Susanne Petersohn / dpa

Bildungssenatorin Sandra Scheeres will die Zulassung von Privatschulen erschweren. CDU und Grüne reagierten empört. Zwei Staatssekretäre zogen nun ihre Zustimmung zum neuen Schulgesetz zurück.

Erst der Streit über den Volksentscheid zur Energiepolitik, nun gibt es im Senat heftige Differenzen über die Bildungspolitik. Grund ist der Plan von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD), die Gründung von Privatschulen im neuen Schulgesetz deutlich zu erschweren. Scheeres plant, auch bewährte Schulträger drei Jahre ohne staatliche Finanzierung arbeiten zu lassen, ehe das Land dann einen Großteil der Kosten übernimmt. Bisher haben erfahrene Träger die Möglichkeit, schon direkt nach dem Start einer neuen Privatschule Geld zu bekommen.

Mit der neuen Vorgabe würde sich Berlin nach Ansicht der SPD an die Gepflogenheiten in 13 anderen Bundesländern anpassen. Die CDU, die die freien Schulen traditionell fördert, will den Passus verhindern.

Nachdem die Senatsverwaltungen von Innensenator Frank Henkel (CDU) und Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) den Gesetzentwurf von Scheeres zunächst ohne Einwände mitgezeichnet hatten, zogen die Staatssekretäre Bernd Krömer (Inneres) und Alexander Straßmeir (Justiz) am Montag ihre Unterschriften und damit das Einverständnis zum Gesetzentwurf zurück.

Grund: Erst am vergangenen Freitag waren die Privatschul-Pläne von Scheeres öffentlich bekannt geworden, die CDU war daraufhin alarmiert. CDU-Fraktionschef Florian Graf lehnte das Vorhaben umgehend ab, auch Justizsenator Heilmann sprach sich am Wochenende gegen Einschränkungen bei den Privatschulen aus.

SPD reagierte mit Unverständnis

Die SPD reagierte am Montag mit Unverständnis auf das Verhalten der CDU-Staatssekretäre. „Das ist absolut unüblich“, sagte ein führender Sozialdemokrat. Am heutigen Dienstag wird das Streitthema nun im Senat erörtert. Ob die Landesregierung das neue Schulgesetz mit dem Passus zu den Privatschulen am Dienstag – wie ursprünglich geplant – beschließen wird, war am Montag noch unklar.

Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Schulen wies darauf hin, dass im Referentenentwurf für das Abgeordnetenhaus von neuen Regelungen für die Privatschulen nicht die Rede war. Auch bei den „Runden Tischen“ mit der Schulverwaltung sei man nicht informiert worden, so die freien Schulen. Die geplante Drei-Jahres-Frist treffe vor allem kleinere Träger, die ohne großen finanziellen Hintergrund eine Schule eröffnen wollen.

Senatorin Scheeres begründet die Gesetzesänderung unter anderem mit Fällen, in denen die bewährten Privatschul-Träger von neuen Initiativen nur genutzt wurden, um die Frist bis zur Anerkennung zu umgehen. Es habe mehrere Beispiele gegeben, wo Initiativen nach Ablauf der Frist dann einen eigenen – und vom Land Berlin eigentlich nicht anerkannten – Träger gegründet hätten.

Privatschulen kosten 190 Millionen Euro im Jahr

Die Kosten für freie Schulen sind in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Vor allem berufsbildende Schulen sind von privaten Trägern eröffnet worden. Inzwischen überweist das Land Berlin den freien Schulen fast 190 Millionen Euro pro Jahr, vor sechs Jahren waren es erst 120 Millionen.

Wenn der Streit um die Privatschulen nicht beigelegt wird, könnten sich die anderen Neuerungen im Schulgesetz verzögern, weil sie nicht rechtzeitig zur Anmeldung zum neuen Schuljahr in Kraft treten. So ist geplant, dass Eltern, die entgegen der Empfehlung der Grundschule ihre Kinder am Gymnasium anmelden wollen, in Zukunft zu einem Beratungsgespräch verpflichtet werden. Auch soll es ein Bußgeld von bis zu 2500 Euro für Eltern geben, die ihre Kinder mit vier Jahren nicht zum verpflichtenden Sprachtest und bei Bedarf zur Sprachförderung in die Kita bringen.

Der Grünen-Abgeordnete Özcan Mutlu sprach bei den Privatschulen von einer „heimlichen Gesetzesänderung“ ohne Rücksprache mit den Mitbestimmungsgremien. „Wir werden uns daher derartigen Tricks entgegenstellen“, sagte Mutlu am Montag.