Urteil

Mehr als 100.000 Gasag-Kunden können mit Rückzahlung rechnen

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Foto: Patrick Pleul / dpa

Nach dem Urteil des BGH zu überhöhten Gaspreisen ist klar: Es könnte Geld zurückgeben. SPD-Energieexperte Buchholz rät allen Berlinern, ihre Gasverträge zu überprüfen.

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes zu überhöhten Gaspreisen war am Donnerstag noch unklar, wie viele Gasag-Kunden oder ehemalige Bezieher von Gasag-Gas Anspruch auf eine Erstattung der laut Entscheidung zu Unrecht erhobenen Preissteigerungen haben. Nach Angaben der Gasag könnten es sogar mehr als die vom SPD-Energieexperten Daniel Buchholz vermuteten 100.000 Kunden sein. Denn auch andere Anbieter könnten von dem Beschluss betroffen sein.

Ob die Gasag zurückzahlen müsse, hänge aber von den konkreten Formulierungen in den Verträgen ab, hieß es nach der Veröffentlichung des Beschlusses aus der Gasag-Zentrale. Es müsste außerdem geprüft werden, ob nicht ein Schutz für Alt-Verträge bestehe. In anderen Fällen, etwa den falsch berechneten Müllgebühren der BSR vor mehreren Jahren oder den zu hohen Wassergebühren der Wasserbetriebe, wurde ein solcher Schutz allerdings nicht zugesprochen.

Das BGH-Urteil bezieht sich auf 25 Kläger aus Nordrhein-Westfalen, die jetzt zusammen 16.000 Euro erstattet bekommen. Der BGH hat in einem Grundsatzurteil zu Gunsten der Verbraucher entschieden. Den 25 klagenden RWE-Kunden hat das Gericht bestätigt, dass eine Klausel zur Preisanpassung in ihren Verträgen nicht korrekt war. Damit sind Preiserhöhungen, die auf solchen Klauseln beruhen, unwirksam und zwar unabhängig davon, ob das Gas oder der Strom tatsächlich zu teuer war oder nicht.

Lawine von Widersprüchen und Prozessen vermeiden

„Ich rate allen Berliner Haushalten, jetzt ihren Gasvertrag zu überprüfen, denn es gilt: Wer seinen Kunden nachteilige oder nicht ausreichend transparente Preisklauseln in die Verträge geschrieben hat, muss die Konsequenzen tragen“, sagte der SPD-Energieexperte Daniel Buchholz. „Die Gasversorger fordere ich auf, den betroffenen Kunden ein vereinfachtes Verfahren für eine kulante Rückzahlungsregelung anzubieten.“ Nur so könne eine Lawine von Widersprüchen und Prozessen vermieden werden. Informationen und Beratung finden Kunden bei der Stiftung Warentest oder bei der Verbraucherzentrale Berlin.

Das aktuelle BGH-Urteil folgt einer Reihe früherer Entscheidungen, die verschiedene Klauseln zur Preisanpassung in Verträgen von Gaskunden für unwirksam erklärt haben. 2010 war die Berliner Gasag direkt betroffen, als der BGH eine Kopplung des Gaspreises an den Ölpreis in einer solchen Klausel nicht akzeptiert hatte.

BGH folgte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

Mit dem aktuellen Urteil ist eine Fassung der Preisanpassungsklauseln für unwirksam erklärt worden, die der BGH zuvor anerkannt hatte. Für diese Kehrtwendung ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes verantwortlich, die der BGH selbst erbeten hatte und der er im Urteil gefolgt ist. Mit dieser Entscheidung ist nun offen, wie Preisanpassungsklauseln künftig aussehen können, um Rechtssicherheit für beide Seiten zu schaffen.

„Der Bundesgesetzgeber ist daher gefragt, verbindliche Rechtsgrundlagen für transparente Preisanpassungen zu schaffen“, sagte Buchholz. „Sollten Versorger, um Preiserhöhungen überhaupt durchsetzen zu können, nur noch sehr kurzfristige Verträge mit Sonderkunden abschließen, wäre das für die Verbraucher unzumutbar.“

Gasag in Berlin seit 160 Jahren auf dem Markt

Die Gasag versorgt Berlin seit 160 Jahren mit Gas. Gemeinsam mit der Energie Mark Brandenburg (EMB), der SpreeGas (Cottbus), den Stadtwerken Forst und den Havelländischen Stadtwerken (HSW) beliefert das Unternehmen in der Region Berlin-Brandenburg mehr als 700.000 Kunden in Haushalten, Gewerbe- und Industrieunternehmen sowie öffentlichen Einrichtungen. Nachdem das ehemals kommunale Unternehmen Anfang der 90er-Jahre in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, erfolgte 1998 die Veräußerung der Aktien an ein Konsortium um den französischen Anbieter Gas de France.

( BM )