Zukunftspläne

Die Gasag steigt ins Berliner Stromgeschäft ein

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Hans Evert

Foto: Gasag

Berlins Versorger Gasag will künftig Strom produzieren und verkaufen. Damit will der Anbieter unabhängiger vom Gasgeschäft werden. Vorstandschef Stefan Grützmacher treibt die Pläne voran.

Der altehrwürdige Hauptstadtversorger Gasag plant die größte Unternehmensrevolution seiner Geschichte. In den kommenden zehn Jahren will das Unternehmen die Abhängigkeit vom Gasgeschäft abstreifen und zum Produzenten und Verkäufer von Strom werden. Vorstandschef Stefan Grützmacher, seit gut einem halbem Jahr im Amt, hat sich diese Strategie von den Gesellschaftern absegnen lassen. „Wir wollen die Gasag als Energiemanager für Berlin und Brandenburg positionieren“, sagte Grützmacher.

In den nächsten Monaten müssen Grützmacher und die Vorstände Andreas Prohl und Olaf Czernomoriez konkret ausarbeiten, wie genau der Aufbruch in die Zukunft aussehen soll. Allerdings steht bereits das Grundgerüst. Die Gasag wird von diesem Jahr an offensiv als Stromhändler auftreten. Zudem wird sie Windkraftanlagen in Brandenburg installieren. Projektentwicklern und Wohnungsbaugesellschaften will sich die Gasag als Energiedienstleister andienen.

Die Neuausrichtung ist notwendig

Es ist eine erzwungene Neuausrichtung. Bislang stützt sich das Gasag-Geschäft fast ausschließlich auf den Verkauf von Erdgas zum Heizen. Doch der Heizenergiebedarf in Berlin und Brandenburg sinkt drastisch. Häuser werden gedämmt, Fenster immer dichter und Brennkessel immer effizienter. Der Stromverbrauch wird hingegen in den nächsten Jahren leicht steigen. Zudem sortiert sich durch die Wende zu erneuerbaren Energien der Strom- und Wärmemarkt völlig neu. In diesem neuen Energiemarkt sucht die Gasag eine profitable Nische.

Ein Teil der Gasag-Zukunft trägt den Namen Tevaro. Dahinter steht eine Projektgesellschaft, die von der Gasag, den Wupperthaler Stadtwerken und dem Energiekonzern GDF/Suez getragen wird. Diese Gesellschaft mit Sitz in Berlin soll in den nächsten Jahren Windräder mit einer Erzeugerkapazität von 150 Megawatt aufstellen. Etwa ein Drittel davon will die Gasag auf Brandenburger Flächen installieren. In Forst dreht sich schon ein Rad, zudem soll in der Nähe der ostbrandenburgischen Stadt ein neuer Windpark unter Gasag-Regie entstehen.

Gasag könnte auch auf alternative Energien setzen

Aber die Pläne der Gasag gehen noch weiter. Grützmacher kann sich vorstellen, gemeinsam mit einem künftigen Berliner Stadtwerk auf den Stadtgütern der Hauptstadt auf Brandenburger Territorium Wind- und Sonnenstrom zu produzieren. „Wir bieten uns als Partner an“, sagt Grützmacher und verweist darauf, dass die Gasag an der halbstaatlichen Berliner Energie Agentur (BEA) beteiligt ist. Die BEA könnte, so sehen es Überlegungen des Senats vor, Kern eines neu zu gründenden Stadtwerks werden. Dieses Stadtwerk wiederum könnte auf den Stadtgüter-Flächen Ökostrom erzeugen.

Im Stromgeschäft mischt die Gasag schon seit 2010 mit – allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Ursprünglich wollte das Unternehmen Strom aus gasbefeuerten Blockheizkraftwerken – vorzugsweise in Mietshäusern großer Wohnungsgesellschaften – vermarkten. Doch bis auf ein Vorzeigeprojekt in Mariendorf gibt es fast nichts. Noch in diesem Jahr will die Gasag daher auch als ganz normaler Stromhändler in den Markt einsteigen und zunächst den Gaskunden Angebote unterbreiten. Damit tritt die Gasag in direkte Konkurrenz zu Vattenfall. Der schwedische Energiekonzern hält rund ein Drittel der Gasag-Anteile. Einspruch von diesem Gesellschafter habe es aber nicht gegeben, sagte Grützmacher.

Grundlage aller Zukunftspläne ist aber, dass die Gasag weiterhin das Berliner Gasnetz betreiben darf. Die Entscheidung darüber fällt der Senat im Herbst. Eine Entscheidung pro Gasag wird aber allgemein erwartet.

Die Gasag erzielt Millionenverlust

Im abgelaufenen Geschäftsjahr kam der Gasag-Konzern – bestehend aus dem Berliner Gasgeschäft sowie diversen Brandenburger Gesellschaften – auf einen Umsatz von 1,347 Milliarden Euro. Unter dem Strich stand ein Verlust von 58 Millionen Euro. Der Grund: Die Gasag musste den Wert des Erdgasspeichers unter dem Grunewald abschreiben. „Weil durch neue Fördermethoden viel mehr Erdgas verfügbar ist, sinkt der Speicherbedarf“, begründete Grützmacher. Dies sei eine einmalige Ergebnisbelastung, versprach er. Vertriebsvorstand Prohl zufolge müssen Gasag-Kunden vorerst keine Preissteigerungen befürchten.