Der goldene Westen trägt einen Mantel aus Zobel und ein Bein aus Stahl. Eine Dame im schimmernden Pelz steigt vor dem Luxushotel Waldorf Astoria am Bahnhof Zoo aus einem Taxi, durch das Schneetreiben schaut sie kurz zurück auf die Straße. Auf den Mann auf der Verkehrsinsel gegenüber. Er trägt eine silbrig schimmernde Beinprothese und hält den Autofahrern einen Pappbecher hin.
Schön ist der Bahnhof Zoo nicht
Berlin, Bahnhof Zoo: Wie in einem Kaleidoskop schieben sich die Widersprüche zu immer neuen Panoramen zusammen. Das kürzlich eröffnete Hotelhochhaus mit seinen feuerroten Lichtstreifen vor dem dunstigen-blassen Winterhimmel. Die Kräne dahinter, die sich in die letzten Reste des Schimmelpfeng-Hauses verbeißen. Über die Joachimstaler Straße hinweg schauen sich teure Juweliergeschäfte und schmierige Pornoläden in die Augen. Hinter der Bahnhofskuppel spitzt stolz das wilhelminische Offizierskasino hervor, Heimat der Helmut-Newton-Stiftung und des Museums für Fotografie. Zu seinen Füßen steht die Armee der Armen in langen Schlangen bei der Stadtmission um warmes Essen an.
Nein, schön ist das nicht. Es rumpelt, es stinkt, es brüllt, rund um den Bahnhof Zoo – da, wo das neue, ganz neue Berlin entsteht. Doch wo sich der Staub schon gelegt hat, im jüngst veredelten KaDeWe, am frisch sanierten Haus Cumberland oder am Waldorf Astoria, da schimmert der alte „Westen“ wieder hervor. Oder besser: seine neue, bessere Version. Westen 2.0, sozusagen. Endlich.
Blitzlichtgewitter am Kurfürstendamm
Man trifft sich wieder am Kurfürstendamm. Und das nicht nur an der Edel-Flaniermeile zwischen Bleibtreustraße und Olivaer Platz. Selbst vor dem gammeligen Kudamm-Karree gab es kürzlich Menschentrauben und Blitzlichtgewitter. Anlass war die Schauspielerin Maria Furtwängler, die das Theater am Kurfürstendamm als Gast verpflichtet hat. Nicht wenige Besucher waren begeistert – von der Darbietung, aber auch vom Charme der geschichtsträchtigen Bühne, die einst Wirkungsstätte des berühmten Regisseurs Max Reinhardt war.
Das alte Theater verbirgt sich schon so lange im Innern des hässlichen Betonklotzes, dass es fast in Vergessenheit geraten war. Ebenso wie Berlins berühmtester Boulevard selbst, der Mitte des 17. Jahrhunderts als kurfürstlicher Reitweg angelegt wurde. Was am Kudamm los war, hat sehr lange kaum jemanden interessiert.
Waldorf Astoria und Kranzler-Eck verleihen glamourösen Charme
Abreißen! Aus und vorbei! In den 90er-Jahren galt als gesetzt, dass der goldene Berliner Westen erledigt war. Nachdem die Wende-Begeisterung verebbt und auch der letzte Bewohner der ehemaligen DDR den Kudamm gesehen hatte, machte die Gegend allenfalls noch als Beispiel für innerstädtischen Niedergang Schlagzeilen. Auf dem „Weg in den Slum“ sei das Gebiet um die Gedächtniskirche, schimpfte 1999 der damalige Vorsitzende des Berliner Architekten- und Ingenieurvereins, Georg Aunap, im „Spiegel“. Unter der Überschrift „zur Spekulation freigegeben“ listete das Magazin die Vorboten des angekündigten Verfalls auf: Grundstücksspekulation und monströse Hochhauspläne. Die geplante Bebauung des „Zoofensters“ nannte Aunap damals ein „städtebauliches Verbrechen.“ Nun stehen sie da, Waldorf Astoria und das neue Kranzler-Eck – und der Westen lebt auf, nicht ab.
In den Chor der Empörung stimmte damals auch Frank-Walther Orthen ein, der als Immobilienexperte mit seiner City Report Agentur Pensionskassen und Versorgungswerke berät und sein Büro damals am Kudamm hatte. „Wenn die Hochhäuser kommen und die Hotelketten, gehen am Kudamm die Lichter aus“, wurde Orthen 1999 in jenem Artikel zitiert. Für das Kudamm-Karrre und das Europa Center empfahl er den Abriss.
Schmierige Ecken im Europa Center
Orthen, heute 48 Jahre alt, wählt inzwischen leisere Töne. Zwar bleibt er dabei – das Kudamm-Karree müsse endlich weg, ebenso der untere Bereich des Europacenters: „Eine Fehlkonstruktion mit schmierigen Ecken, die keine Zukunft als Einkaufstempel hat.“ Den Kurfürstendamm aber nennt er inzwischen wieder respektvoll beim vollen Namen und attestiert ihm „an einigen Stellen Weltniveau“.
Und die Hochhäuser? Das Gebäude mit dem Hotel Waldorf Astoria gefalle ihm, versichert er, „auch wenn die Fassade aussieht, als sei sie jetzt schon 20 Jahre alt.“ Das geplante Hochhaus „Upper West“, für das gerade das Schimmelpfeng-Haus fällt, löst bei ihm ebenfalls kein Entsetzen aus. „Ich sehe es allerdings kritisch, dass dort eine Billig-Hotelkette einzieht.“
Anwohnerzahl soll um 5,2 Prozent steigen
Als sichere Anzeichen der Wiederkehr des Westens interpretiert Orthen das wieder auferstandene Haus Cumberland, die Edelboutiquen zwischen Olivaer Platz und George-Grosz-Platz und natürlich das KaDeWe. Einige der Edel-Adressen seien von der Friedrichstraße gleich ganz hierher umgezogen, sagt Orthen. Und auch die Kundschaft für diese Geschäfte sei im Anmarsch. Denn die Anwohnerschaft werde sich bis 2020 verändern, prognostiziert er und beruft sich auf Daten der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Die Anwohnerzahl der City West wird bis 2020 um 5,2 Prozent steigen.“
Und von einer Vergreisung der westlichen Innenstadt könne keine Rede sein: „Die meistem Bewohner werden junge Erwerbstätige zwischen 25 und 45 Jahren sein, rund 40 Prozent werden aus dem Ausland zuziehen, die meisten anderen aus dem Bundesgebiet.“ Nur die Berliner selbst, so seine Studie, seien eher weniger für einen Umzug in die City West zu haben.
Einer These jedoch widerspricht der Immobilienberater: Dass der Aufstieg des Westens gleichbedeutend sei mit einem Niedergang der historischen Mitte. „Auch wenn der Einzelhandel an der Friedrichstraße momentan ziemlich gebeutelt ist, Mitte hat Zukunft.“ Seine Kunden beispielsweise fänden nur dort, was sie suchten – große Gebäude als Niederlassungen für Versicherungen, Dienstleister oder Anwaltskanzleien. Ein sogenannter Central Business District wie etwa das Bankenviertel in London werde der Berliner Westen nie werden, meint Orthen. Aber das auch sei nicht weiter schlimm. „Im Westen ist alles, was Spaß macht, Shopping, Kultur, Unterhaltung. Die City West ist im Grunde das größte Entertainment-Gebiet in Berlin.“
C/O Berlin zieht es in den Westen
Moment mal. Ist dies nicht der Ruf, den Mitte für sich beansprucht? Die Gegend um die Hackeschen Höfe mit ihren Galerien und Läden, Clubs und Cafés? Die Oranienburger Straße hat mit Tacheles, Kneipen und marodem Charme den Nachwende-Ruhm von Mitte begründet. Sie steht in jedem Reiseführer, auch wegen des Kaiserlichen Postfuhramtes, jenem Prachtbau Ecke Tucholskystraße. Es wurde weltbekannt als Ausstellungsort großer Fotografie, seit 2006 C/O Berlin hier einzog. Bis zu 200.000 Besucher kamen jährlich hierher. Sie werden nun wohl nach Charlottenburg pilgern.
Denn im Postfuhramt werden in diesen Tagen Koffer gepackt – C/O Berlin zieht in den Westen. Stephan Erfurt, 54, Vorstand der C/O Berlin Foundation, hat gerade noch die letzte Ausstellung am alten Standort im Postfuhramt Mitte eröffnet. Ab Februar wird sein Büro nicht mehr in den alten Post-Pferdeställen sein, sondern im Amerika-Haus an der Hardenbergstraße, vis-à-vis vom Bahnhof Zoo.
Ganz freiwillig kam der Umzug nicht. Geplant war eigentlich ein neues Ausstellungsgebäude im Monbijoupark, schräg gegenüber vom Postfuhramt. „Wir haben immer gesagt: Wir sind ein Kind von Mitte“, sagt Stephan Erfurt. „Aber dann kam die Ernüchterung durch die Politik.“ Im September 2011 war noch der einstimmige Beschluss für den Standort Monbijoupark gefasst worden, doch dann formierte sich Protest: Bürger wollten den Park komplett als Grünfläche erhalten. Erfurt hat für diese Art Naturliebe wenig Verständnis, „nicht mitten im urbansten Teil der Stadt“.
Umzug ins Amerika-Haus
Erfurt und seine Partner suchten zunächst in Mitte nach einem neuen Standort. „Wir haben mehr als 70 Gebäude geprüft, alles zerschlug sich immer wieder.“ Erfurt bestätigt indirekt, was der Immobilienexperte Frank-Walther Orthen sagt: In Mitte geht der Trend zu großen Nutzern, die Geld bringen, aber wenig zum Flair beitragen. Das Postfuhramt wird Sitz von Biotronik, einer Firma für Herzschrittmacher-Technik. Ins Kaiserliche Telegrafenamt gegenüber zieht die Telekom.
„Dann fiel unser Blick auf das Bikini-Haus am Zoo, und wir fragten uns, was passiert eigentlich dort?“, erinnert sich Erfurt. „So standen wir dann vor dem Amerika-Haus.“ Das denkmalgeschützte Gebäude stand zur Vermietung. In den 50er-Jahren war es als Informationszentrum der US-Alliierten errichtet worden, zuletzt nutzte es das Regionalmanagement City West, um über die städtebaulichen Planungen zu informieren. Im Dezember bekam C/O als neuer Nutzer den Zuschlag, gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung und der Schulleiter-Akademie.
„Auch dort haben wir wieder 2000 Quadratmeter Fläche, im September wollen wir die erste Ausstellung dort eröffnen.“ Stephan Erfurt wirkt inzwischen fast euphorisch, wenn er über den Neuanfang spricht. „Im Postfuhramt bekamen wir immer nur kurzfristige Verträge, in Charlottenburg läuft der Mietvertrag gleich über 16 Jahre“, sagt er lächelnd. Ein bisschen, sagt er, sei der Umzug in den Westen so etwas wie Erwachsenwerden. „Alles ist sehr solide, wir können uns einrichten und in die Zukunft planen.“
Aber ist das nicht langweilig? Erfurt widerspricht. Zum einen passe die Umgebung perfekt. „Museum für Fotografie und Helmut-Newton-Stiftung liegen in Fußnähe, die UdK ist auch nicht weit entfernt“, sagt er, und die kleineren Galerien in der Nähe seien erfreut, einen weiteren Kultur-Magneten als Nachbarn zu bekommen.
Hässliche Ecken am Zoo als Herausforderung
Und außerdem: Für die Gestaltung des direkten Umfeldes hätten sie auch schon ein paar Ideen. „C/O Berlin war ja schon immer ein bisschen pionierhaft“, sagt Erfurt. Es scheint fast, als sei gerade die herunter gekommene Ecke am Zoo eine Herausforderung für die drei Macher. Denn Erfurt, von Beruf Fotograf, gründete C/O Berlin gemeinsam mit dem Architekten Ingo Pott und dem Designer Marc Naroska. Dass die Gegend am Bahnhof Zoo hässlich gestaltet sei, inspiriere sie alle, sagt Erfurt.
„Etwa diese triste Zeile, die zwischen den S-Bahnbögen und dem neuen Parkhaus entstanden ist“, Erfurt empört sich ein bisschen, allein über den Namen: Yva-Bogen. „Wie kann man einen solchen Ort ausgerechnet nach einer großen deutschen Porträt- und Modefotografin nennen?“ Doch dann plant er schon weiter, träumt von Straßencafés oder einem rauschenden Bambuswäldchen im Schatten der S-Bahn-Bögen. Dass der Bezirk, anders als in Mitte, an den Ideen seiner Neu-Pioniere interessiert ist, bezweifelt er nicht. „Ich habe dem Bürgermeister gemailt – und hatte nach genau sechs Minuten eine Antwort.“
Stephan Erfurt ist vor seinem Ausstellungsmacher-Leben als Fotograf durch die Welt gereist. Sein Schwerpunkt waren fotografische Inszenierungen von Literatur. Aufgewachsen ist er in Wuppertal. Dass er Berlin in den 90er-Jahren zu seinem Lebensmittelpunkt wählte, lag nicht, wie man erwarten könnte, allein an den Motiven. Sondern an der besonderen Atmosphäre. „Berlin inspiriert, ist vielfältig und offener als viele andere Städte der Welt.“
Luxus-Coiffeur mit Promifaktor
Ganz ähnlich spricht Shan Rahimkhan über seine Stadt, auch wenn die beiden Männer ansonsten eher wenig verbindet. Rahimkhan, 40 Jahre alt, geboren in Teheran, ist Coiffeur. Nicht irgendeiner, sondern „der“ Luxus-Coiffeur mit Promifaktor vom Gendarmenmarkt. Beziehungsweise neuerdings jener, der am Kurfürstendamm einen zweiten Salon eröffnet hat. Ausgerechnet. Shan Rahimkhan lacht. „Als ich vor zwei Jahren die Idee dazu hatte, erklärten mich viele meiner Freunde für verrückt.“ Doch Berlin, sagt er, sei gerade deshalb besonders, „weil es hier zwei vollkommen unterschiedliche Städte in einer gibt – das findet man sonst nirgends auf der Welt“.
Der Kurfürstendamm 195 war lange Zeit eine eher verschrobene Adresse. Ein in die Jahre gekommenes 60er-Jahre-Hochhaus, dem seine prominenten Mieter nach und nach abhanden kamen, ebenso wie die Welt, die sie repräsentierten. Der Juwelier David Goldberg etwa, von Freunden „Goldie“ genannt, Wohltäter und schillernde Figur des alten „Westens“. Oder der jüngst verstorbene Edwin Schweizer, „Erfinder“ des modernen Sonnenstudios, und oft gesehener Partygast. 1977 hatte er am Kudamm 195 seine erste „Sonnendusche“ aufgestellt.
Oder der Herrenausstatter Selbach, wo sich zu Mauerzeiten der moderne West-Berliner Mann einkleidete. Vorbei. In Selbachs ehemaligen Räumen weht jetzt ein anderer Wind. Heiße Luft, wenn man so will. Hier frisiert das Team um Rahimkhan seine Kundschaft. Der Salon erinnert an eine Partylocation in Mitte, Wände aus nacktem Beton, schwarze Rohre an der Decke, dazwischen Installationen aus Lampen. Wer will, kann dazu vom Frisiertisch direkt auf den Kudamm schauen, wo Damen in Pelzmänteln und aufgebrezeltes Jungvolk vorbeiziehen.
Heimkehr in den Westen
Denn nebenan haben im Haus Cumberland gerade zwei weitere Prominente aus Mitte gewissermaßen ihre Botschaften eröffnet. Roland Mary, Betreiber des Borchardt am Gendarmenmarkt, hält jetzt auch Hof in seinem neuen Kaffeehaus „Grosz“. Bread&Butter-Chef Karl-Heinz Müller bietet in seinem Concept-Store „14oz“ Mode an, die zum Cumberland passt. Das Gebäude selbst macht Schlagzeilen mit beheiztem Bürgersteig und Luxuswohnungen.
Mary und Müller sind wie Shan Rahimkhan aus Mitte zurückgekehrt, ohne es zu verlassen. Rahimkhan nennt es sogar „eine Heimkehr“. Und das nicht nur, weil zu seinen Kundinnen am Kudamm viele gehören, die er schon in den 90er-Jahren frisierte – in seinem ersten Salon an der Grolmanstraße, den er damals noch mit einem Partner betrieb. Rahimkhan ist ein Weltenbürger, mit 13 aus dem vom Schah regierten Iran nach Wien ausgewandert, wo er auch seine Ausbildung machte. Später zog er weiter nach New York, Paris, durch die Welt. 1995 fand er in Berlin eine Anstellung bei Udo Walz – und seine Heimat.
Als er vor acht Jahren am Gendarmenmarkt seinen Salon mit Gastronomie eröffnete, „stellten die Leute mir dieselbe Frage wie diesmal auch: Was willst du denn da?“ Rahimkhan sitzt jetzt in seinem neuen Restaurant, das zu seinem Kudamm-Salon gehört. „Shan's Kitchen“ bietet leichte Küche, viel Salate und Fisch. Sozusagen das Kontrastprogramm zum alten Currywurst-Berlin? Rahimkhan widerspricht.
Die prominenteste Currywurst des Westens werde nach wie vor direkt nebenan verkauft, bei Bier's Kudamm 195. Die Curry-Station ist seit den 60er-Jahren eine Institution, nicht zuletzt, weil die Wurst hier gern mit Champagner serviert wird und viel Prominenz zu den Gästen gehört. Gregor Bier war übrigens der einzige Mieter, der während des gesamten Umbaus der Nr. 195 geöffnet hatte. Nicht nur Currywurst ist eben typisch Berlin, sondern auch Durchhaltevermögen.
Bikini Berlin kostet dreistelligen Millionenbetrag
Wem also gehört die Stadt, das neue Berlin? Diese Frage hat vor kurzem jemand an den Bauzaun vorm Bikinihaus an der Budapester Straße gepinselt, in bösen, schwarzen Lettern. Noch ist außer Gerüsten wenig davon zu sehen. Dennoch ist der Aufbruch des neuen „Westens“ hier wahrscheinlich am deutlichsten spürbar.
2002 kaufte die Bayerische Hausbau das Areal zwischen Breitscheidplatz und Zoo. Lange wurde darüber nachgedacht, was aus dem denkmalgeschützten Gebäuderiegel aus den 60er-Jahren werden sollte, in dem zuletzt nur noch Billigshops Ramsch verkauften.
Elf Jahre nach dem Kauf steht jetzt Jürgen Büllesbach, 45 Jahre alt und Vorsitzender der Geschäftsführung, in seinem Büro im achten Stock über der Baustelle und erklärt, warum die provokative Frage am Bauzaun eigentlich sehr gut zu seinem Projekt passt. „Bikini Berlin“, sagt er, solle eben kein genormtes Einkaufszentrum werden, keine austauschbare Luxusmeile. Sondern eine lebende Landschaft aus Stadt und Stil, Shopping und Spaß. Mit Designerläden und Dschungelblick in den Zoo, originellen Restaurants und dem Kino Zoo-Palast als wiederauferstandene Berliner Institution. Eine Einladung an die Berliner und ihre Gäste, die Stadt neu zu entdecken. Die Bayerische Hausbau investiert einen dreistelligen Millionenbetrag.
Im Herbst öffnen die Pforten
Im September wird der Zoo-Palast den Anfang machen, mit dann sieben Sälen, darunter der denkmalgeschützte große Saal, der auch wieder Berlinale-Kino wird. Ebenfalls im Herbst, kündigt Büllesbach an, werden die ersten Geschäfte und Restaurants im Bikini-Haus öffnen. Die Gastronomieflächen seien längst ausgebucht, sagt er zufrieden, „wir erwägen sogar, weitere Flächen dafür umzuwidmen“. Auch der Einzelhandel sei weitestgehend unter Dach und Fach.
Fehlt nur noch eines – die Kundschaft. Schon seit zwei Jahren wird emsig PR gemacht für die Marke „Bikini Berlin“, mit Events und großen Namen. Die Umbauentwürfe stammen von dem belgischen Künstler Arne Quinze, bekanntester Name unter den Mietern ist Andreas Murkudis mit seinem Concept Store. Zielgruppe des „Bikini“ ist die junge, urbane Mittelschicht, die der angestaubte Breitscheidplatz lange nicht gesehen hat.
Geworben wird aber auch mit skurrilen Ideen. Etwa dem edlen Burger-Imbiss, der seit Herbst vor der Baustelle am Zoo-Palast steht. „Imbissbuden gibt es ja reichlich in dieser Ecke“, Büllesbach grinst, „aber keine mit Angus-Rindfleisch aus artgerechter Haltung in Brandenburg.“ Die Luxus-Burger sind gewissermaßen der Vorgeschmack auf das Designhotel „25hours „und dessen Gastronomie im „Bikini“. Nur der Mann am Grill wird dann nicht mehr dabei sein. Jürgen Klümpen ist gelernter Hotelier, im Hauptberuf entwirft er gastronomische Konzepte für 25hours. Das Burgermobil gehört zur Bikini-Kampagne.
Wem also gehört die Stadt? Denen, die die Grundstücke kaufen? Die Frage, so sehr sie nach empörten Gentrifizierungs-Gegnern aussah, war nicht gegen den Willen der Bauherren an den Bauzaun gekommen. Ganz im Gegenteil. Sie passt gut zu der Strategie, den Blick auf einen Teil des „alten Westens“ lenken, der gerade neu erwacht.