Prozess

17-jähriger Junge offenbar zur Heirat gezwungen

| Lesedauer: 2 Minuten

Beim Reizwort Zwangsheirat denken die meisten an das Schicksal junger Mädchen. Aber auch junge Männer sind betroffen. Nun wird ein Fall aus Berlin vor Gericht verhandelt.

Der Fall ist höchst ungewöhnlich: Diesmal soll es ein männlicher Jugendlicher sein, der zwangsverheiratet wurde. Sonst sind von diesem Schicksal eher junge Mädchen betroffen. Seit Mittwoch sitzt eine griechische Großfamilie aus Berlin auf der Anklagebank. Großmutter, Eltern, ein Bruder und schließlich die damalige Braut selbst sollen in eine Zwangsheirat mit einem 17-Jährigen verstrickt sein. Es geht um Misshandlungen, Todesdrohungen und erzwungenen Sex. Zum Auftakt des Prozesses haben alle Angeklagten die Vorwürfe bestritten. „Es ist alles gelogen“, behauptete der 46-jährige Vater als Familienoberhaupt.

Mit 17 Jahren hatte die in Berlin geborene Griechin den damals 13 Jahre alten Landsmann beim Chatten kennengelernt. Monatelang soll sie den Jungen zum Telefonsex gezwungen haben. Ihr Bruder soll den Schüler geschlagen haben, falls er sich weigere die Ehe zu schließen. „Du wirst meine Tochter heiraten, sonst kommst du nicht lebend aus der Stadt“, soll schließlich der Vater gedroht haben.

Die angehende Kassiererin soll den Jungen noch vor der Ehe zum Sex gezwungen haben. „Alles Lüge“, erklärte die heute 22-Jährige. „Wir haben uns geliebt“, behauptete die seit kurzem mit einem anderen Mann Verheiratete im Prozess. Probleme seien aufgetaucht, als sie mit dem 17-Jährigen bei dessen Familie gelebt habe. Sie sei von ihm geschlagen worden.

Die Anwältin des Opfers vermutet, dass zur Zwangsehe gedrängt wurde, weil das Mädchen seine Jungfräulichkeit bereits verloren haben soll. „Wenn so etwas passiert, wird die Zwangsehe beschlossen“, erklärte Nebenklagevertreterin Nurcan Aydin. Ihr Mandant sei psychisch sehr angeschlagen und durch die Hochzeit auch finanziell ruiniert.

Der inzwischen 19-Jährige berichtete im Prozess von seiner Angst. Die ganze Familie sei auf ihn losgegangen. Er müsse heiraten, ansonsten werde er sterben, sei gedroht worden. Vom einem Bruder sei er mit Fäusten und einem Schlagring traktiert worden.

„Ich wollte nicht heiraten, ich war Schüler und hatte kein Geld“, sagte der Grieche im Prozess. „Bei der Hochzeit in Griechenland haben sie mich saufen lassen, damit keiner merkt, dass ich nicht einverstanden bin“, erinnerte er sich an das Fest mit 800 Personen. Schon kurz nach der Hochzeit war der 17-Jährige zur Tante nach Stuttgart gezogen. Seine Geschenke, das ganze Gold, habe die Familie eingesteckt.

( dpa/dapd/sei )