Autoindustrie

Daimler-Konzern fährt Audi und BMW hinterher

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Foto: Thomas Niedermueller / Getty Images

Weniger Gewinn trotz steigendem Umsatz: Die Jahresbilanz offenbart ein handfestes Problem beim ehemaligen Topkonzern der deutschen Autoindustrie.

Daimler-Chef Dieter Zetsche gerät gern ins Schwärmen: „Wir glauben, dass wir mit Mercedes-Benz die weltweit stärkste Automobilmarke haben“, gab der Manager auf der Automesse in Detroit zu Protokoll.

Doch die einst unangefochtene Nobelmarke bringt ihre PS nicht mehr auf die Straße und zog zuletzt den gesamten Daimler-Konzern mit in die Tiefe: 2012 brach der operative Konzerngewinn um zehn Prozent auf 8,1 Milliarden Euro ein, die Dividende kann nur wegen eines Buchgewinns aus dem Verkauf von Aktien des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS stabil gehalten werden.

Die Jahresbilanz offenbart damit ein handfestes Problem beim ehemaligen Topkonzern der deutschen Auto-Industrie: Die Schwaben verkauften 2012 weltweit so viele Pkw, Lkw, Transporter und Omnibusse wie nie, was mit 114,3 Milliarden Euro (plus sieben Prozent) mehr Geld als jemals zuvor in die Kasse brachte. Paradoxerweise konnte Daimler aus diesem Rekordumsatz aber kein Gewinnplus herausholen. Die Gründe dafür sind hausgemacht und vor allem bei der Nobelmarke Mercedes-Benz zu finden: Sie krankt an Fehlentscheidungen in der Modellentwicklung, Vertriebsproblemen im Boommarkt China und Fehlplanungen im Budget, was Investoren immer tiefere Sorgenfalten bereitet. Denn der Aktienkurs liegt in etwa auf dem Niveau von vor sieben Jahren, als der ehemalige Chrysler-Chef Dieter Zetsche auf den Posten des Daimler-Konzernchefs – und den Chefsessel bei Mercedes-Benz – wechselte.

Lücken in der Angebotspalette

Inzwischen klaffen bei Mercedes-Benz Lücken in der Angebotspalette, die die schärfsten Konkurrenten BMW und Audi füllen. Daimler kann seinen Kunden keinen kompakten Geländewagen anbieten, den Audi mit dem Q3 und BMW mit dem X1 den Autokäufern offerieren. Bei Vorlage der Bilanz kündigte der mit Geländewagen groß gewordene Konzern nun überraschend ein solches Modell von Mercedes für das Jahresende an. Bis 2020 will der Konzern insgesamt 13 neue Mercedes-Fahrzeuge auf den Markt bringen, die keinen Vorgänger haben.

In China – dem größten Automarkt der Welt – sehen die Schwaben seit jeher nur die Rücklichter der beiden Oberklasse-Rivalen, die sich früher dorthin trauten. Mit zwei konkurrierenden Vertriebsgesellschaften für Import-Fahrzeuge und vor Ort gebaute Mercedes-Modelle stellte sich Daimler beim Autoverkauf bis zuletzt zudem selbst ein Bein, erst nach monatelangen Verhandlungen genehmigte der Staat im Dezember, den Vertrieb zusammenzulegen. Rabatte für die in die Jahre gekommene Luxuslimousine S-Klasse verwässerten die in China gewöhnlich hohen Gewinne pro Fahrzeug zusätzlich.

Zudem produziert Daimler in seinen Werken teurer als die Konkurrenten. Die Stuttgarter brauchen im Schnitt mit deutlich mehr als 30 Stunden länger, bis ein Neuwagen vom Band rollt. Um diese Kostennachteile und die Lücken in der Modellpalette zu schließen, entschied der Daimler-Vorstand im Jahresverlauf – zu Lasten des Gewinns – noch mehr Geld in Forschung und Entwicklung, neue Fahrzeuge sowie den Ausbau der Werke zu stecken. Im Budget 2012 waren diese Ausgaben nicht geplant: Daher kündigte Zetsche ein Sparprogramm an, das die Kosten bis Ende 2014 allein bei Mercedes-Benz um zwei Milliarden Euro drücken soll.

Daimler vertröstet seine Investoren auf die Zukunft: Kurzfristig könnten die Wettbewerbsnachteile weder aufgeholt noch ausgeglichen werden, hieß es aus dem Umfeld des Aufsichtsrats. Vor 2015 werde sich die Verjüngung und Modernisierung nicht auszahlen. Für 2013 hängte Zetsche die Messlatte bewusst tief: Beim operativen Gewinn werde Daimler nicht zulegen können, sagte er.

( rtr )