Testergebnis

Sicherheit ist bei Kindersitzen nicht garantiert

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Bei der gemeinsamen Prüfung von Stiftung Warentest und ADAC schneiden fünf von 33 Auto-Kindersitzen mit dem Urteil "mangelhaft" ab.

Die Zeiten, in denen die Kinder einfach auf die Rückbank gelegt oder gesetzt wurden, sind lange vorbei. Das Bugsieren des Nachwuchses in einen Kindersitz ist heute genauso selbstverständlich wie der Griff zum Gurt. Bis zum Alter von etwa zwölf Jahren und einer Größe von 1,50 Meter sollten Kinder auf einer altersentsprechenden Erhöhung sitzen, mit der sie auch seitlich gut abgepolstert sind. Doch wer im Internet oder beim Baby-Ausstatter nach einem geeigneten Modell sucht, ist bei der Fülle von Modellen schnell überfordert und kann Unterschiede als Laie oft nicht erkennen. Doch die gibt es, haben Stiftung Warentest und ADAC jetzt in einem gemeinsamen Test herausgefunden. Insgesamt wurden 33 Modelle geprüft. Kein Kindersitz bekam dabei die Note „Sehr gut“, 17 schnitten mit „Gut“ ab, fünf erhielten die Note „Mangelhaft“.

Isofix kontra Dreipunktgurt

Der aktuelle Autokindersitztest ist der Stiftung Warentest zufolge mit 33 Modellen so umfangreich wie nie zuvor. Im Fokus standen die Kriterien Sicherheit, Bedienung und Ergonomie, Schadstoffprüfung sowie Reinigung und Verarbeitung. Besonders unter die Lupe genommen werden dabei die mitwachsenden Sitze. Besonders hier hatten die Tester geprüft, inwieweit Kinder bei einem möglichen Aufprall geschützt sind. In die Sitze wurden unterschiedlich große Dummys gesetzt und diverse Front- und Seitencrashs durchgeführt. Insgesamt 250 solcher Tests fanden statt. Das Ergebnis war offenbar bei einigen Modellen so verheerend, dass von ihrem Kauf abgeraten wird.

Das Modell „Kiddy Guardianfix Pro“ zählt zwar zu den teuersten Modellen, zugleich ist es aber einer der schlechtesten Sitze. Er werde nur mit dem Dreipunktgurt des Autos befestigt und zeigt im Test einen gravierenden Sicherheitsmangel. Der Sitz rutscht beim Frontaufprall hoch und dreht sich nach vorn. Das Kind würde bei einem Unfall mit den Vordersitzen kollidieren. Auch vier weitere Modelle, vor allem bei den mitwachsenden Sitzen konnten die Sicherheitskriterien nicht ausreichend erfüllen, darunter die beiden Graco-Modelle „Junior Max“ und „Logico L“ für Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren. Laut Gebrauchsanweisung darf man bei diesen Sitzen die Rückenlehne abnehmen, dadurch entfalle zum einen die obere Gurtführung, zum anderen auch der Seitenaufprallschutz. Bei einer Vollbremsung oder einem Unfall könnte der Kopf des Kindes ungebremst gegen die harte Tür prallen.

Bestnote 1,6

Geprüft wurde auch, inwieweit Isofixhaken einen zusätzlichen Schutz bieten. Dabei stellten die Tester fest, dass Modelle mit dieser Vorrichtung nicht unbedingt sicherer sind. In einem Auto ohne Isofixösen ließen sich solche Sitze außerdem auch gar nicht festmachen. Doch es gebe genug Modelle, die in puncto Unfallsicherheit gut abschneiden und trotzdem lediglich mit dem Autogurt befestigt werden.

Auch der Preis eines Kindersitzes sei kein Indikator für die Qualität eines Sitzes. Zwei der fünf durchgefallen Modelle gehörten in die höhere Preiskategorie. Umgekehrt sei schon für etwa 130 Euro sowohl bei den Babysitzen als auch bei den mitwachsenden Sitzen jeweils ein Modell mit der Note 1,8 zu haben. Eine glatte Eins habe ohnehin kein Modell in der Testreihe erzielt. Bestnote erhielt mit 1,6 die Babyschale „Cybex Aton 2“ mit Isofixbasis (240 Euro), und bei den mitwachsenden Sitzen der „Cybex Juno-Fix“ mit 1,8 (180 Euro). Grundsätzlich gibt es laut der Zeitschrift „test“ gute Auto-Kindersitze für alle Altersklassen vom Baby bis zum Schulkind.

Kein Modell fiel im Übrigen wegen einer zu hohen Schadstoffbelastung durch. Im letzten ADAC-Test wurde eine zu hohe Schadstoffkonzentration noch bei einigen Modellen gemessen, zwei Sitze waren deshalb sogar durchgefallen. Doch die Hersteller hätten offenbar reagiert und die Nachfolgemodelle entsprechend verbessert, stellten die Prüfer fest.

Eltern sollten sich beim Kauf eines Autositzes für den Nachwuchs allerdings nicht nur von Tabellen leiten lassen, betont Stiftung Warentest. Wichtig sei auch, die Kindersitze erst einmal probeweise in den eigenen Wagen einzubauen. Nicht jeder Sitz sei nämlich für jeden Wagen geeignet, warnen die Tester. Manchmal seien die Gurte zum Beispiel nicht lang genug und das Baby würde infolgedessen in einer Schale zu steil sitzen. Außerdem sollte man sich auch genau den Einbau und die Bedienung eines Sitzes erklären lassen, bevor man ihn kauft. Nicht jedes Modell sei in der Handhabung selbsterklärend, haben die Prüfer in ihrem Test festgestellt. Und ein nicht korrekt eingebauter Sitz könne zu einer Gefährdung werden. Außerdem weiß wohl jeder, der sein Kind schon einmal in einen fremden Sitz geschnallt hat, wie mühsam es sein kann, Gurte, Schnallen und Laschen in die richtige Position zu bringen, während das Baby sich übellaunig aufbäumt.

Baby lange in der Sitzschale lassen

Und Stiftung Warentest hat noch einige Ratschläge mehr für Kinder im Autositz parat. So raten die Prüfer, die rückwärtsgerichtete Babyschale so lange wie möglich zu verwenden. Die Belastung für die Halswirbelsäule des Kleinkindes beim Bremsen oder mehr noch bei einem Unfall sei dann geringer. Daher sollte erst dann der vorwärtsgerichtete Sitz genutzt werden, wenn der Kopf des Kindes bereits den oberen Schalenrand überragt. Wichtig ist allerdings, die Babyschale richtig zu positionieren. Wenn vor dem Beifahrersitz ein betriebsbereiter Airbag ist, sollte die Babyschale unbedingt auf die Rückbank geschnallt werden. Seitenairbags bergen hingegen keine Gefahr, betonen die Tester. Zur besseren Sicherheit sollten Kinder auch nicht mit dicken Jacken in einem Kindersitz angeschnallt werden. Der Gurt sollte so eng wie möglich am Körper anliegen. Statt das Kind bei kalten Temperaturen im Skianzug anzuschnallen, sollten Eltern daher besser eine Decke um das Kind in der Schale legen.

Und auch wenn das Kind mal nicht mit an Bord ist, sollten Eltern darauf achten, dass der Sitz angeschnallt ist, betonen die Tester. Wenn es zu einem Unfall kommen sollte, könnte der Sitz sonst durch das Auto geschleudert werden.

>>> Mehr zu Kindersitzen gibt es in der Juni-Ausgabe von "test“ oder im Internet unter www.test.de/Autokindersitze und beim ADAC unter www.adac.de/infotestrat/tests/

( BMO )