Dem gemeinen TV-Geräte-Besitzer erschließt sich nicht immer auf Anhieb, wie sich Fortschritt beim Fernseher definiert. So ist oft genug nach dem Auspacken eines neu erworbenen Flachbildschirms dem Sehvergnügen erst einmal eine Portion Frust vorangestellt. Welches Kabel wohin? Warum ist die Bedienungsanleitung so dick? Und wie programmiert man die Sender? Einfach jedenfalls ist anders.
Zwar wird von Herstellern immer wieder suggeriert, dass es Kabelsalat künftig dank Funkverbindung kaum noch gibt – quasi von selbst soll sich der Fernseher bald schon kabellos mit dem Internet oder Zusatzgeräten wie einem Blu-ray-Player verbinden – die Realität sieht bislang jedoch noch ganz anders aus. Auch 2009 kommt man beim Anschluss eines Fernsehers nicht um Kabelsalat herum – vor allem nicht, wenn eben mehrere Geräte wie Receiver oder DVD-Player mit ihm zusammen spielen sollen.
Bereits seit Jahren wird eine schöne neue Fernsehwelt angekündigt: Filme sollen dreidimensional dargestellt werden, hochauflösende Filme bald schon Standard sein. Doch das ist nur eine Seite der Medaille, wie sie alljährlich auf der Funkausstellung in Aussicht gestellt wird. Mehr noch: Beim ganzen Hype, der um ihre großen technischen Errungenschaften erzeugt wird, wird meist verdrängt, dass moderne Fernseher noch andere neue Funktionen besitzen, die dann allerdings allzu schnell in Vergessenheit geraten.
So gibt Hersteller Sony seinen Fernsehern künftig Bedienungsanleitungen "onboard" direkt auf dem Gerät mit – dort klickt sich der Neubesitzer dann durch verschiedene Menüs, ganz wie auf einem Computer, und soll so schneller verstehen, welches Kabel in welche Buchse gesteckt werden muss. Blinkende Fehlermeldungen oder vertonte Erläuterungen sollen die Geräte ebenfalls anwendungsfreundlicher machen. Die Erläuterungen sollen vor allem Sehbehinderten zugutekommen. Mit Audio Discription sind Kommentare möglich, die helfen sollen, das Geschehen auf dem Bildschirm, Körpersprache und Gesichtsausdrücke besser zu verstehen.
Für Personen mit Beeinträchtigungen des Hörsinns sind die Untertitel schon seit Jahren eine große Hilfe. Neu ist jedoch das sogenannte Voice Zoom, eine Funktion, mit der Dialoge klarer verständlich werden. Das System filtert dazu bestimmte Frequenzen wie Stimmen und gibt sie lauter oder leiser wieder, ohne die restlichen Geräusche zu verändern. Hintergrund für die Entwicklung ist, dass nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa 20 Prozent aller Menschen mit Beeinträchtigungen leben müssen, die ihnen den Fernsehzugang erschweren.
Darüber, wie man Fernseher neben den gängigen Entwicklungen sonst noch besser machen kann, gibt es unter den Herstellern ansonsten sehr unterschiedliche Meinungen. Das deutsche Unternehmen Metz beispielsweise will etwa drei Viertel seiner Modelle mit einer sogenannten Timeshift-Funktion, wie man sie von Festplatten- und DVD-Videorekordern kennt, ausrüsten. Ein integrierter Speicher soll es ermöglichen, bis zu sieben Stunden Fernsehprogramm per Pausentaste festzuhalten. Das könnte in manchem Haushalt den Videorekorder ersetzen.
Moderne LCD-Fernseher bieten zahlreiche Einstellmöglichkeiten – die meisten Nutzer wählen allerdings nicht immer die optimalen Einstellungen. Damit es keine Verluste bei der Bildqualität gibt, sollte man abends im abgedunkelten Wohnzimmer zum Beispiel die Bildhelligkeit reduzieren. Das schont nicht nur die Augen, sondern auch die Stromrechnung.
Fernseher wie die neuen Geräte von Sony verfügen deshalb über einen Lichtsensor, der die Leuchtkraft des Flachbildschirms automatisch den Lichtverhältnissen im Raum anpasst, was allerdings viel Feintuning und Gewöhnung braucht. Mehr noch: Wenn der Fernseher tagsüber stundenlang ungenutzt läuft, nützt es nichts, wenn er grundsätzlich weniger Strom verbraucht. Deshalb gilt: Fernseher müssen sich automatisch ausschalten, wenn keiner hinschaut.
Abends wird es allerdings komplizierter. Ein gewöhnlicher Fernseher merkt nicht, wenn der Zuschauer einschläft, und läuft einfach weiter – nicht so neue Sony-Geräte: Sie sind mit einem Bewegungssensor ausgestattet, die den Bereich vor dem Bildschirm permanent auf Veränderungen abtasten. Herrscht vor dem Fernseher längere Zeit Ruhe, schaltet der Sensor das Gerät automatisch in den Stand-by-Modus – der Ton läuft einige Minuten weiter. Registriert das Gerät eine Bewegung, erscheinen Ton und Bild wieder. Die Sensoren sind sehr fein eingestellt, damit man nicht pausenlos Verrenkungen machen muss.
Aber auch in anderen Bereichen hat sich die Fernseher-Technologie deutlich weiter entwickelt. Vor allem bei der Bildqualität sind die Hersteller ein gutes Stück vorangekommen. Die sogenannte LED-Hintergrundbeleuchtung sorgt bei den neuen Modellen dafür, dass das Bild viel kontrastreicher als noch vor einigen Jahren wirkt. Gleichzeitig sind die Geräte dünner, leichter und verbrauchen rund 30 Prozent weniger Strom als ihre Vorgänger.
Generell sind die Ansprüche, die Nutzer an ihr Fernsehgerät stellen, trotz aller Neuentwicklungen eigentlich recht bescheiden: So hat eine Studie des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) ergeben, dass bei Nutzern vor allem Bedienungsfreundlichkeit hoch im Kurs steht.
Geht es darum, eine Kaufentscheidung zu fällen, so ist sie Verbrauchern noch wichtiger als der Preis, der Stromverbrauch oder gar die Bildschirmgröße. Laut Studie besitzen zwar 90 Prozent aller deutschen Haushalte einen Fernseher - doch bislang ist nur jedes dritte Gerät ein Flachbildfernseher. Kurzum: In den meisten Wohnzimmern dominiert noch die Röhre.
Allerdings: "Der Absatz und Umsatz von Flachbildfernsehern stabilisiert momentan die gesamte Unterhaltungselektronik", sagt Bitkom-Vizepräsident Achim Berg. Für Flachbildfernseher werden die deutschen Verbraucher in diesem Jahr rund 5,6 Milliarden Euro ausgeben. 2010 soll der Umsatz ebenfalls stabil bleiben. Dabei verschieben sich die Marktanteile Richtung LCD-Geräte; 2009 werden wahrscheinlich über sieben Millionen Flüssigkristallfernseher verkauft, 20 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. 2010 sollen es 7,5 Millionen Geräte werden.
Das zeigt: Generell sind viele Fernsehzuschauer an technischen Neuheiten interessiert, die sich über den Fernseher steuern lassen. Über ein Drittel der Befragten würde sich laut Bitkom-Studie zum Beispiel gern Fotos auf dem Fernseher anschauen. Auch Spielfilme direkt auf den Fernseher herunterzuladen beziehungsweise direkt aus dem Internet anzuschauen stößt bei jedem dritten Befragten auf Interesse.
Das große Stichwort der Zukunft lautet "Hybrid-TV". Bisher getrennte Einzelgeräte wie Computer, Spielkonsole, Telefon und Unterhaltungselektronik werden untereinander und mit der Haustechnik vernetzt. "Das Fernsehgerät entwickelt sich nach und nach zur Multimedia-Plattform", sagt Berg. Und: "Hybride TV-Geräte werden die Branche vorantreiben und verändern", sagt Berg. Schon heute sagt immerhin jeder sechste Verbraucher, dass ein Internetanschluss für ihn wichtig sei beim Kauf eines neuen Geräts.