Im Grünen wohnen und dort von den günstigen Immobilienpreisen profitieren? Diese Rechnung geht kaum mehr auf. Der gestiegene Benzinpreis und lange Wege heben die günstigen Hauspreise wieder auf: Nach neuen Berechnungen kostet die Fahrt zur Arbeit den Durchschnittspendler inzwischen mehr als zwei Monatsnettoeinkommen.
Viele Familien, die sich Haus und Garten in der Stadt nicht leisten können, ziehen deswegen ins Umland. Doch das ist angesichts steigender Energie- und Spritpreise möglicherweise kurz gedacht - und zwar dann, wenn die Eltern in der Stadt arbeiten und täglich pendeln müssen. Die Fahrtkosten machen die Ersparnis beim Immobilienerwerb für Autofahrer schon heute innerhalb weniger Jahre zunichte. Und die Spritpreise werden in der Zukunft weiter steigen. Deshalb lohnt sich die Rechnung, was ein Umzug aufs Land tatsächlich kostet.
Zunächst zu den Kosten für ein Eigenheim: Käufer mussten in Deutschland im Jahr 2005 laut des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung für ein Ein- oder Zweifamilienhaus im Schnitt rund 185.000 Euro bezahlen. Diese Zahl sagt aber noch wenig aus. Sinnvoll ist es daher, den Hauspreis mit der Kaufkraft in einer Region in Verbindung zu setzen. Für ein Standardhaus müssen Familien in Deutschland im Schnitt das 6-fache Jahresnettoeinkommen bezahlen. In Metropolen, wird es aber deutlich teurer: Ein Haus kostet dort das 7,4-fache Jahresnettoeinkommen. In Großstädten wie Magdeburg, Potsdam, Regensburg oder Kassel ist es immerhin noch das 6,3-fache.
In Umlandkreisen, zu denen etwa die Kreise Paderborn, Segeberg oder Neu-Ulm zählen, kostet ein Standardhaus das 6-fache Jahresnettoeinkommen. In ländlichen Kreisen kommen Familien dagegen vergleichsweise günstig ans Eigenheim: In Kreisen wie Barnim, Uelzen oder Oberallgäu müssen sie nur das 5,2-fache hinlegen.
Bei den Mieten verhält es sich ähnlich: Eine 100 Quadratmeter große Wohnung kostet auf dem Land rund fünf Euro pro Quadratmeter und in einer Metropole etwa 6,80 Euro, was 500 beziehungsweise 680 Euro monatlich ergibt. Eine Familie muss in der Stadt also im Monat 180 Euro mehr Kaltmiete zahlen. Man könnte also salopp sagen: Dumm, wer in der Stadt wohnen bleibt - wären da nicht die täglichen Fahrtkosten.
Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden gaben von den 35,7 Millionen Erwerbstätigen 30,3 Millionen an, Berufspendler zu sein. 67 Prozent nutzten dabei vor allem ein Auto. Die meisten Pendler wohnen nahe am Arbeitsplatz: 52 Prozent mussten weniger als zehn Kilometer zur Arbeit zurücklegen, dennoch nutzten mehr als die Hälfte von ihnen (53 Prozent) das Auto.
Die meisten Pendler fahren Auto
Rund 17 Prozent der Pendler legten mehr als 25 Kilometer zur Arbeit zurück, fünf Prozent sogar mehr als 50 Kilometer - für die einfache Strecke. Mit zunehmender Entfernung zum Arbeitsplatz bekommt das Auto immer größere Bedeutung: Mehr als 80 Prozent der Pendler, die 10 Kilometer oder weiter vom Job entfernt wohnen, setzen sich in den Pkw.
Nimmt man nun einen zwei Jahre alten Golf als Beispiel, kostet nach Berechnungen des ADAC in München jeder gefahrene Kilometer 37,5 Cent, den Sprit noch gar nicht eingerechnet. Beim derzeitigen Benzinpreis von 1,60 Euro und einem Durchschnittsverbrauch von 6,3 Litern pro 100 Kilometer, kommen 10 Cent dazu, jeder Kilometer mit einem Golf kostet also 47,5 Cent.
Geht man nun davon aus, dass der Arbeitnehmer in einem Umlandkreis wohnt, etwa in Hofheim im Main-Taunus-Kreis, und täglich in die Metropole - in diesem Fall nach Frankfurt/Main - fährt, dann sind das pro Strecke 20 Kilometer. Die tägliche Fahrt von 40 Kilometern mit dem Beispiel-Golf kostet ihn dann 19 Euro am Tag. Bei 20 Arbeitstagen sind das - einen Monat Urlaub abgezogen - 380 Euro im Monat und 4180 Euro im Jahr. Von Quickborn im Umlandkreis Pinneberg bis in die Metropole Hamburg hinein wären es hin und zurück rund 60 Kilometer - macht 28,50 Euro am Tag und 6270 Euro im Jahr.
Der durchschnittliche Privathaushalt verfügte laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2005 über ein Nettoeinkommen von 33.700 Euro, was einem monatlichen Einkommen von rund 2808 Euro entspricht. Die Fahrt zur Arbeit würde bezogen auf die Beispielstädte im Jahr also etwa 1,5 beziehungsweise 2,2 Monatsnettoeinkommen kosten. Rechnet man also die Pendlerkosten mit den sehr günstigen Wohnpreisen im Umland gegen, ist deren Vorteil schon nach wenigen Jahren verpufft.
Unterschied zwischen Stadt und Land
- Eine Standardimmobilie kostet in der Metropole 249 380 Euro und im Umland 202.200 Euro. Der Unterschied zwischen Stadt und Land beträgt also 47.180 Euro. Dafür kann man rund elf Jahre lang mit einem Golf 40 Kilometer am Tag pendeln - oder rund 7,5 Jahre lang 30 Kilometer.
- Fährt aber nicht nur einer zur Arbeit, sondern müssen das beide Elternteile, liegt der Arbeitsort noch weiter entfernt oder verbraucht das Auto mehr Sprit, sieht das Verhältnis noch deutlich ungünstiger aus. Und die steigenden Spritpreise werden ebenfalls dafür sorgen, dass der Umzug aufs Land keine wirkliche Alternative mehr ist. dpa