Fast die Hälfte der Berliner Pflegeheime wird von privaten Unternehmen geführt. Auch Konzerne sind ins Geschäft eingestiegen.
Altenpflegeheime sind in erster Linie für Senioren gedacht, die nicht mehr selbstständig wohnen können. Doch die Heime sind auch Unternehmen, die rentabel arbeiten sollen. Einrichtungen in freigemeinnütziger oder öffentlicher Hand legen in der Regel Wert auf die Feststellung, dass sie nicht gewinnorientiert arbeiten, sondern eine maßvolle Umsatzrendite für Investitionen benötigen.
Die Caritas Berlin zum Beispiel peilt laut einer Sprecherin 2,5 Prozent Rendite an, um in ihre Einrichtungen investieren zu können. „Aber wir schaffen diese Rendite gar nicht“, so die Sprecherin. Internationale Finanzinvestoren kaufen indes deutsche Pflege-Ketten, weil sie Renditen im zweistelligen Bereich erwarten. In Deutschland würden in der Pflege zum Teil beträchtliche Gewinne erwirtschaftet, sagt auch Michael Ewers, Leiter des Instituts für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Charité.
Privat bedeutet nicht automatisch profitorientiert
Von den rund 400 Berliner Pflegeheimen, Kurzzeit- und Tagespflegeeinrichtungen war Ende 2017 nach Angaben des Statistischen Landesamtes knapp die Hälfte in privater Hand. Fast gleichauf lagen die freigemeinnützigen Träger wie Diakonie und Caritas, hinzu kamen 17 landeseigene Einrichtungen.
„Die Mehrzahl der privaten Anbieter sind Klein- und Mittelbetriebe“, sagt Thomas Seerig, Sprecher für Pflege der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Man könne privat nicht mit profitorientiert gleichsetzen und gemeinnützig nicht mit menschlicher. „Private Heime haben häufiger Privatzahler, somit wird mehr pro Pflegeplatz vergütet“, sagt Seerig. „Damit sind Erwartungshaltung und Angebot oft gleichermaßen höher.“
Zunehmend würden Konzerne in Berlin agieren, meint auch der FDP-Politiker. Dies seien der Marktführer Korian mit mehr als 13.000 stationären Pflegeplätzen bundesweit, Pro Seniore mit 10.500 Plätzen und die Kursana GmbH, die ihren Sitz in Berlin hat.
Für die Sicherung der Rendite seien Outsourcing und Synergien mit anderen Betriebszweigen der Unternehmen wichtig. Der größte Kostenfaktor im Pflegebereich seien die Personalkosten, so Seerig, „hier liege auch das größte Sparpotenzial.“ Es gebe private Einrichtungen, die einen stärkeren Fokus auf die Gewinnausschüttung legten, sagt Tim-Christopher Zeelen, gesundheits- und pflegepolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus. „Das kann sich in Einzelfällen beim Personalschlüssel niederschlagen.“
Gewinn auf Kosten der Qualität
Charité-Professor Michael Ewers wird deutlicher. Die Gewinne würden zum Teil über die Immobilien erzielt, „aber oft wird auch aus den Mitarbeitern herausgepresst, was nur irgendwie geht.“
2018 etwa wurden Vorwürfe gegen ein Vitanas-Heim in Lankwitz laut. Die private Pflege-Kette wurde 2017 vom amerikanischen Investor Oaktree Capital übernommen. Der Vitanas-Betriebsrat kritisierte einem RBB-Bericht zufolge den reduzierten Personaleinsatz und die daraus folgende Überlastung der Pflegekräfte. Vitanas wies die Vorwürfe zurück.
Eine bewusste Verringerung der Qualität in Pflegeheimen könne zur Gewinnmaximierung beitragen, meinen die Autoren einer Studie des Instituts für Gesundheitssystemforschung der Universität Witten in Nordrhein-Westfalen. Die Schrift erschien 2016 in der „Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen“. Das Ergebnis: „Profitorientierte Pflegeheime in Deutschland bieten im Vergleich zu nicht-profitorientierten insgesamt eine geringere Qualität.“
Ein Teil der Qualitätsunterschiede lasse sich damit erklären, dass die profitorientierten Einrichtungen durchschnittlich geringere Preise verlangten. Im unteren Preissegment sei deren Qualität eindeutig schlechter als die Qualität in freigemeinnützigen und öffentlichen Heimen des gleichen Segments, heißt es in der Studie. Im obersten Preissegment bestehe dieser Unterschied nicht. Als Qualitätskriterien wurden unter anderem die Pflege- und die Betreuungsprozesse, Dokumentation und Qualitätsmanagement angegeben. Rund 10.000 deutsche Pflegeheime wurden bei der Studie untersucht.
Heimaufsicht stellt Mängel bei Personalausstattung fest
Die Heimaufsicht der Senatspflegeverwaltung stellte 2018 bei Kontrollen in zehn Fällen einen Mangel bei der Personalausstattung fest. 2017 waren es 19 Fälle. Die Mängel seien nicht auf privat geführte Einrichtungen begrenzt, sondern beträfen alle Arten von Einrichtungsträgern, betonte die Heimaufsicht.