Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt und seine Frau Loki rauchen seit Jahrzehnten wie die Schlote – und sind damit alt geworden. Glück gehabt! Andere hätten die Myriaden von Zigaretten längst ins Grab gebracht. „Bislang galt, dass Raucher im Durchschnitt eine um zehn Jahre geringere Lebenserwartung haben. Aber wie wir jetzt wissen, gilt das nur für Raucher, die erst im Erwachsenenalter begonnen haben“, sagt Stefan Andreas, der Chefarzt an der Lungenfachklinik Immenhausen bei Kassel.
Wer bereits im Alter von 14 oder 15 Jahren mit dem Rauchen anfängt, verkürzt seine Lebenserwartung aber möglicherweise sogar um mehr als 20 Jahre. Dennoch rauchen in Deutschland selbst Kinder im Alter von zehn Jahren, sagt Andreas. Je früher begonnen wird, umso stärker nikotinabhängig werden die Betroffenen, da sich das Gehirn noch in der Entwicklung befindet.
„Wer als Jugendlicher oder sogar als Kind schon regelmäßig raucht, entwickelt eine besonders stark ausgeprägte Nikotinsucht. Bei manchen fräst sich die Sucht quasi so tief in das Gehirn, dass sie diese ihr Leben lang nicht mehr aus dem Kopf bekommen“, warnt der Leitende Oberarzt an der Universitätsklinik für Psychiatrie Düsseldorf, Georg Winterer. Ein Rauchstopp sei dann mit starkem Willen allein oft nicht zu schaffen, Medikamente und Verhaltenstherapien könnten aber helfen.
Immerhin sind die Glimmstängel bei Jugendlichen in Deutschland auf dem Rückzug. Im Zeitraum von 2001 bis 2007 ging die Raucherquote in der Gruppe der Zwölf- bis 17-Jährigen von 28 Prozent auf 18 Prozent zurück, so eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und der Weltgesundheitsorganisation.
Auch elf- bis 15-jährige Gewohnheitsraucher werden einsichtiger. Während im Jahr 2002 noch 15 Prozent von ihnen regelmäßig zur Zigarette griffen, taten das 2006 „nur“ noch neun Prozent. Der „Kinder- und Jugendgesundheits-Survey“ des Robert-Koch-Instituts Berlin kommt zu etwas höheren Zahlen. Danach rauchen 20,5 Prozent der elf- bis 17-jährigen Jungen und 20,3 Prozent der gleichaltrigen Mädchen regelmäßig und steigern sich bis auf über 40 Prozent bei den 17-Jährigen. Zehn oder mehr Zigaretten täglich sind keine Ausnahme. Das Einstiegsalter liegt bei durchschnittlich 14,2 Jahren, die Spitze von 80 Prozent wird bei den 15-Jährigen erreicht, und das hauptsächlich an Haupt- und Realschulen, weniger an Gymnasien.
Nach den Daten der Europäischen Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen ist der Zigarettenkonsum unter deutschen Jugendlichen stärker verbreitet als in den meisten der 35 Vergleichsländer. Ähnlich hohe Quoten finden sich in Finnland, Österreich, Tschechien und der Ukraine. Deutlich seltener ist der jugendliche Qualmkonsum in Schweden, Dänemark, Norwegen, Großbritannien, Irland, Israel und den USA.
Das frühe Rauchen erhöht nicht nur die Risiken für Herz-Kreislauf- und Krebsleiden, Nikotin schädigt auch das Gehirn, so Psychiater Georg Winterer. Stresstoleranz und Denkleistungsfähigkeit werden bei chronischem Nikotinkonsum immer schlechter, das Risiko für Depressionen steige. „Raucher werden mit jeder gerauchten Zigarette immer stressanfälliger und weniger belastbar“, sagt Winterer. Fatalerweise seien die Raucher immer stärker auf Nikotin angewiesen, um das Leben zu meistern.
So früh wie möglich, spätestens aber mit 35 Jahren sollten Raucher ihre Nikotinsucht bekämpft haben, rät der Direktor der Abteilung Pneumologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, Tobias Welte. Je früher mit dem Rauchen begonnen wird und je mehr Zigaretten geraucht werden, umso eher entwickeln sich Entzündungen in der Lunge. Die bereiten anfangs kaum Beschwerden und können über viele Jahre „dahinschwelen“. Irgendwann sind sie aber unumkehrbar, und es entwickelt sich eine chronische Erkrankung mit Atemnot, Husten und Auswurf, aber auch erhöhter Infektanfälligkeit, Depressionen und Folgen für andere Organe. So drohen begleitend etwa Muskelabbau und Osteoporose.
Die „AHA-Symptomatik“ – Atemnot, Husten Auswurf – muss man ernst nehmen und vom Lungenfacharzt abklären lassen, rät Welte. Denn chronische Lungenleiden zählen zu jenen, die am häufigsten zum Tode führen. Dennoch wisse die Hälfte der Patienten nichts von ihrer Krankheit.
Mehr Informationen zum Rauchen im Netz: www.lungenaerzte-im-netz.de