Essen bis der Arzt kommt: Mehr als die Hälfte der Deutschen leidet an Übergewicht. Die dramatischen Folgen einer falschen Ernährung werden unterschätzt, warnen Experten. Dabei ist es eigentlich ganz einfach, die lästigen Pfunde zu verlieren. Morgenpost Online dokumentiert die größten Irrtümer bei der Ernährung.

Der Appetit der Deutschen ist kaum zu bremsen. Sie werden immer dicker. Die Deutschen essen zu süß, zu fett und viel zu viel. Dabei ist es eigentlich ganz einfach, die lästigen Pfunde zu verlieren. Doch die Deutschen wissen zu wenig über gesunde Ernährung. Und was sie wissen, ist oft falsch.

Je dünner desto besser

Falsch. Die einfache Formel „schlank ist gesund“ ist ebenso unzutreffend wie der Umkehrschluss „dick macht krank“. Zwar setzen noch immer magersüchtige Models völlig unrealistische Maßstäbe für ein Idealgewicht. Doch ständige Diätkuren und starkes Untergewicht können ebenso schädlich sein wie extremes Übergewicht. Entscheidend für die Gesundheit und das persönliche Wohlbefinden ist eine ausgewogene Balance zwischen Nahrungsaufnahme und Bewegung. Dabei geht es nicht um Hochleistungssport. Ein aktiver Alltag mit Treppensteigen, Radfahren und Spaziergängen hat bereits positive Effekte auf Herz und Kreislauf. Dann können auch ein paar Pfunde zuviel nicht schaden. Ein sportlicher Dicker, der sich ausgewogen ernährt, kann daher durchaus gesünder sein als ein hagerer Bewegungsmuffel. Etwas mollig, aber beweglich und fit lautet die viel realistischere Formel.

Kartoffeln machen dick

Falsch. Kartoffeln machen vor allem satt. Und dabei sind sie auch noch gesund. Sie enthalten viel Kalium, Vitamin C, Eiweiß und andere lebenswichtige Nährstoffe. Kartoffeln sind zudem reich an Ballaststoffen und daher eine ideale Beilage. Gebacken, in Salzwasser gekocht oder als Pellkartoffeln sind sie besonders kalorienarm. Mit viel Fett gegarte Bratkartoffeln oder Kroketten dagegen sind wahre Kalorienbomben. Vielleicht hält sich daher hartnäckig ihr schlechter Ruf, ein Dickmacher zu sein.

Etwas Fleisch braucht der Mensch

Falsch. Der Körper kommt auch ohne Fleisch aus. Ein mäßiger Konsum von etwa 500 Gramm pro Woche schadet aber nicht. Tierische Produkte wie Milch oder Eier liefern Eiweiß und das lebenswichtige Vitamin B12. Fette Fische wie Lachs oder Hering enthalten Vitamin D, das der Körper ansonsten nur über die Haut bilden kann.

Schlanker ohne Frühstück

Falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Wer sich morgens etwas Zeit lässt und ausgiebig frühstückt, isst im Laufe des Tages insgesamt weniger. Denn das Auslassen einzelner Mahlzeiten führt irgendwann zu Heißhunger. Studien zeigen, dass regelmäßige Mahlzeiten die Gewichtsabnahme erleichtern und auch dabei helfen, das Gewicht zu halten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt drei Hauptmahlzeiten und ein oder zwei kleinere Mahlzeiten zwischendurch. Auch auf das Abendessen muss daher niemand verzichten. Es ist ein Irrtum, dass es dick macht. Denn nicht der Zeitpunkt der Mahlzeit ist für das Gewicht entscheidend, sondern die Gesamtmenge der Kalorien, die im Laufe eines Tages aufgenommen wurde.

Traubenzucker hält fit

Falsch. Zucker ist zwar der Brennstoff der Körperzellen und liefert auch die notwendige Energie für das Gehirn. Der Körper ist jedoch nicht auf die Zufuhr von Zucker angewiesen. Er kann nämlich komplexe Kohlenhydrate in Zucker umwandeln. Je kleiner die Zuckerbausteine sind, desto schneller gelangen sie ins Blut. Und da wird es jetzt kompliziert. Der Traubenzucker ist ein Einfachzucker, ein so genannter Monosaccharid. Der gängige Haushaltszucker ist in der Regel ein Zweifachzucker, ein Disaccharid. Auf den Verzehr dieser kleinen Zuckerbausteine reagiert der Körper mit der sofortigen Ausschüttung einer entsprechend großen Menge Insulin. Das Hormon ist quasi der Türöffner für die Körperzellen. Je mehr Insulin im Blut zirkuliert, desto schneller kann der Zucker in die Zellen gelangen. Überschüssige Energie wird dort in Fett verwandelt. Sobald der Blutzuckerspiegel wieder sinkt, gibt der Körper erneut das Signal, Hunger zu haben: Je schneller also der Zucker ins Blut gelangt, desto schneller stellt sich auch wieder ein Hungergefühl ein und desto mehr isst ein Mensch. Es kommt daher darauf an, für eine möglichst langsame und kontinuierliche Zuckerzufuhr in die Zellen zu sorgen. Kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel wie dunkles Brot, Nudeln, Reis oder Kartoffeln werden nur langsam zu Zucker abgebaut und halten daher länger satt. Für die süße Energiezufuhr zwischendurch eignen sich Äpfel, Bananen oder eine handvoll Nüsse oder Studentenfutter.

Fast Food macht krank

Falsch. Schnell und bequem heißt nicht ungesund. Auch ein Apfel ist eine schnelle und bequeme Zwischenmahlzeit und damit letztlich Fast Food. Es kommt darauf an, was gegessen wird. Salat und Hamburger haben weniger Kalorien als eine Currywurst mit Pommes Frites. Auch Fertiggerichte stehen nicht im Widerspruch zu einer gesunden Ernährung – wenn sie zum Beispiel viel Gemüse enthalten. Ein Nachteil der schnellen Mahlzeit liegt jedoch in der Geschwindigkeit. Denn ein Gefühl der Sättigung stellt sich erst nach ungefähr 20 Minuten ein. Wer vor Ablauf dieser Frist mit dem Essen fertig ist, hat entweder noch Hunger – oder isst noch mehr, um sich endlich satt zu fühlen.

Bio-Kost ist gesünder

Falsch. Eine gesunde Ernährung hängt vor allem von der Auswahl der Lebensmittel ab, egal ob im Bio-Laden oder Discounter. Wer im Bio-Laden einkauft, leistet zunächst einen Beitrag zum Umweltschutz. Denn im Bio-Landbau wird weitgehend auf chemischen Dünger und Pestizide verzichtet – wovon am Ende letztlich auch die Gesundheit profitiert. Wer Vollkorn-Produkte sucht, findet in Bio-Läden eine sehr große Auswahl. Bei Vollkorn-Brot oder Vollkorn-Nudeln wird das komplette Korn verarbeitet. Gerade unter den äußeren Randschichten, die beim herkömmlichen Mehl entfernt werden, sitzen Nährstoffe und Vitamine. Studien zeigen, dass Vollkornprodukte das Risiko für Diabetes und bestimmte Krebsarten reduzieren können.

Alkohol in Maßen ist gesund

Falsch. Es ist nicht erwiesen, dass Alkohol tatsächlich der Gesundheit förderlich ist, sagt Margret Büning-Fesel vom aid-Informationsdienst für Ernährung und Landwirtschaft in Bonn. Auch wenn Studien in der Vergangenheit immer wieder gezeigt haben wollen, dass etwa kleine Mengen Rotwein das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren. Das Erkrankungsrisiko lässt sich auch durch einen gesunden Lebensstil reduzieren – ganz ohne Alkohol. Männer sollten täglich nicht mehr als ein Viertel Liter Wein trinken; Frauen nur die Hälfte, da ihr Körper den Alkohol schlechter abbaut. Alkohol ist ein Genussmittel. Und als solches sollte es in geringen Mengen genossen werden. „Wir wollen nichts verbieten“, sagt Büning-Fesel. Das gilt auch für salziges Knabbergebäck wie Chips und Salzstangen, für Sahnetorte oder Schokolade.

Margarine ist besser als Butter

Falsch. Pflanzliche Margarine ist nicht unbedingt besser als tierische Butter. Es kommt auf die Kombination bestimmter pflanzlicher und tierischer Fettsäuren an. Der Mensch sollte pro Tag etwa 60 bis 80 Gramm Fett zu sich nehmen. Davon wird bereits die Hälfte des täglichen Bedarfs durch versteckte Fette etwa in Wurstwaren oder Süßigkeiten aufgenommen. Die übrigen 50 Prozent sollten daher möglichst aus hochwertigen Pflanzenfetten bestehen. Öl aus Raps, Walnuss, Soja oder Oliven enthält lebensnotwendige Fettsäuren, die Körper nicht selbst herstellen kann. Dann schadet es auch nicht, sich etwas Butter aufs Brot zu schmieren.

Kochen zerstört Nährstoffe

Falsch. Bestimmte Nährstoffe können vom Körper überhaupt erst aufgenommen und verarbeitet werden, wenn etwa das Gemüse zuvor gekocht wurde. Das gilt zum Beispiel für das Betacarotin in Möhren. Es kommt dabei aber immer auch auf die Art der Zubereitung an. Den geringsten Nährstoffverlust hat das Gemüse beim Garen mit Dampf in einem so genannten Dämpfer. Da das Gemüse dabei nicht im Wasser liegt, können Nährstoffe und Vitamine nicht ausgelaugt werden. Doch die auch die schonendste Form der Garung bleibt wirkungslos, wenn die verwendeten Zutaten nicht mehr frisch und die Vitamine bereits zerfallen sind.

Gesunde Ernährung ist schwierig

Falsch. Wer nur fünf einfache Regeln beachtet, ist auf dem besten Weg, sich ausgewogen zu ernähren, sagt Bernhard Watzl vom Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe. Seine Empfehlung: täglich Obst und Gemüse; täglich Vollkornprodukte; regelmäßig fetter Fisch; Milch, Käse und Fleisch in moderaten Mengen; möglichst viel Bewegung. „Die Menschen sind überfrachtet mit Fehlinformationen“, sagt Watzl. Das aber lässt eine gesunde Ernährung fälschlicherweise so kompliziert erscheinen.

Tipps zur Ernährung im Internet: www.was-wir-essen.de