Achtsamkeit kann im Alltag helfen, einem Burnout vorzubeugen. Der entwickelt sich in fünf Phasen. Das Problem ist, dass die Stressbewältigung meistens dann gebraucht wird, wenn man glaubt, keine Zeit dafür zu haben. Burnout-Gefährdete müssen lernen: Wenn man wirklich will, hat man auch Zeit.

Achtsamkeit kann im Alltag helfen, einem Burnout vorzubeugen. Der Begriff steht im Mittelpunkt einer Methode zur Stressbewältigung, die in den vergangenen Jahren viel an Aufmerksamkeit gewonnen hat. „Mindfulness Based Stress Reduction“ heißt sie auf Englisch, also achtsamkeitsbasierte Stressbewältigung. „Das Gegenteil von Achtsamkeit ist das komplette Absorbiertsein in Arbeit“, sagte der Psychologe Stefan Schmidt vom Universitätsklinikum Freiburg.

„Achtsamkeit bedeutet, die Aufmerksamkeit bewusst auf das Gegenwärtige zu richten“, so Schmidt, der in Freiburg zu dem Thema forscht. „Das heißt, dass man lernt, sehr bewusst darauf zu achten, was man tut“, sagte Schmidt. „Das gilt zum Beispiel auch für bewusstes Atmen oder bewusstes Essen. Man kann üben, genau zu schmecken, was man im Mund hat.“ Grundsätzlich lasse sich praktisch alles mit Achtsamkeit tun: „Man kann auch achtsam duschen oder Teelöffel spülen.“ Entscheidend sei nicht, in bestimmten Situationen besonders achtsam zu sein, sondern „Achtsamkeit als Gewohnheit“ zu entwickeln. In entsprechenden Stressbewältigungs-Kursen, die in Freiburg acht Abende dauern, lasse sich das schrittweise erreichen.

Die Übungen lehnen sich unter anderem an Yoga und klassische Meditation an. „Das können Stille- oder Gehmeditationen sein“, sagte Schmidt. „Achtsamkeit ist ein wichtiger Aspekt im Buddhismus.“ In der Regel helfe die Teilnahme an einem Kurs bereits, Stress zu verringern.

Die Veränderungen lassen sich an den Gehirnaktivitäten ablesen, sagte der Psychologe. Idealerweise wird Achtsamkeit bereits geübt, bevor der Stress und die Burnout-Gefährdung zu groß werden: „Das Problem ist gerade, dass die Stressbewältigung meistens dann gebraucht wird, wenn man glaubt, keine Zeit dafür zu haben.“

Auch das müssen Burnout-Gefährdete lernen: „Wenn man wirklich will, hat man auch Zeit.“ Voraussetzung sei aber in jedem Fall die Einsicht in die eigene Gefährdung, sagte Schmidt, der das Konzept auch in Burnout-Seminaren für Ärzte und Therapeuten anwendet. „Wenn die nicht da ist, wird es schwierig, etwas an seiner inneren Haltung zu ändern.“

Burnout entwickelt sich in mehreren Phasen

Ein Burnout-Syndrom ist nur die letzte Phase einer Entwicklung, die sich über Monate oder sogar Jahre hinziehen kann. „Es ist ein Tief, in das man sich lange hineingearbeitet hat“, sagt Nicole Truckenbrodt, Beraterin aus Feldkirchen-Westerham (Bayern). Der Weg zum Burnout kann unterschiedlich verlaufen. Es lassen sich der Expertin zufolge aber Phasen unterscheiden, die typisch sind:

Phase 1 : Der Erfolg befeuert den Leistungswillen Ganz am Anfang steht der Erfolg: Die Karriere kommt voran, Partner und Vorgesetzte reagieren positiv. Die eigene Leistungsbereitschaft zahlt sich aus. Es stellt sich das Gefühl ein „Ich habe es geschafft!“. Für Regeneration oder Entschleunigung ist keine Zeit und scheinbar kein Bedarf.

Phase 2 : Der Stress macht sich erstmals bemerkbar Die Energiereserven werden verbraucht, der „Akku“ nicht wieder aufgeladen. Schleichend beginnt die Tiefen-Erschöpfung. Der Stress macht sich in Rückenschmerzen, Schlafproblemen oder Muskelverspannungen bemerkbar. Der Spaß an der Arbeit lässt nach, das eigene Perfektionsstreben nicht. Die Erwartungen an sich selbst werden dadurch immer weniger realistisch.

Phase 3 : Härte gegen sich selbst soll die alte Leistung wiederbringen Versuche scheitern, dem Stress mit mehr Sport oder gesünderem Essen beizukommen. Der innere Druck steigt. Noch mehr Härte gegen sich selbst soll dann helfen, den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Ratschläge von Freunden und Kollegen, doch kürzerzutreten, werden als Kritik empfunden und abgelehnt. Die Devise lautet „Augen zu und durch!“.

Phase 4 : Das Tempo nimmt nochmals zu Ohne entsprechende Korrektur der Entwicklung nimmt das Tempo im Hamsterrad noch einmal zu. Der Betroffene arbeitet noch länger, übernimmt noch mehr Projekte, nimmt Arbeit mit nach Hause. Er mobilisiert die letzten Energiereserven, doch seine Konzentration lässt bereits nach. Er macht immer häufiger Fehler, die ihm früher nicht passiert wären. Seine Versagensängste nehmen zu, sein Selbstwertgefühl sinkt. Erschöpfungssymptome wie Herzrasen, Schlafprobleme oder Tinnitus können die Folge sein.

Phase 5 : Psyche und Körper machen nicht mehr mit Der Endpunkt ist das Burnout-Syndrom. Die Leistungsfähigkeit bricht zusammen. Die Arbeitsfähigkeit kann für Monate eingeschränkt sein. Oft ist eine Behandlung im Krankenhaus unverzichtbar. Psychopharmaka können die Symptome meistens schnell behandeln. Aber die Muster, die zum Zusammenbruch geführt haben, sind damit noch nicht überwunden. Die Patienten fühlen sich häufig „wie gelähmt“. Depressionen und Suizidgefährdung sind nicht auszuschließen.