Schwangerschaft

Rauchen, bis das Baby kommt

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Birgitta vom Lehn

Foto: rh / pa

Jede fünfte Schwangere raucht bis zur Geburt: Rauchende Schwangere sind meist jung und schulisch weniger gebildet. Vier Fünftel aller besser gebildeten Frauen verzichteten während der Schwangerschaft dagegen aufs Rauchen – mit gutem Grund: Das Risiko für die Babys wird in Deutschland unterschätzt.

Vor allem jüngere Frauen mit niedriger Schulbildung sind nikotinsüchtig. Von denjenigen mit geringer Schulbildung verzichtet während der Schwangerschaft nur ein Drittel aufs Rauchen. Das haben Forscher der Universität Greifswald in einer Studie an 2297 Müttern herausgefunden, berichtet die „Deutsche Medizinische Wochenschrift“.

Die vom Bundesforschungsministerium unterstützte Befragung in der Region Greifswald und im Landkreis Ostvorpommern gilt damit als aktuellste und zuverlässigste Angabe für die Abschätzung des Problems Rauchen von Schwangeren. Sie wurde von April 2003 bis März 2006 durchgeführt. Deprimierend sei vor allem, so die Forscher, dass der Anteil der Raucherinnen über die Untersuchungsjahre hinweg unverändert hoch blieb. Und das, obwohl Tabakkontrollaktivitäten wie etwa die Tabaksteuererhöhung, Warnhinweise auf Zigarettenschachteln, gesetzliche Neuregelung des Nichtraucherschutzes am Arbeitsplatz und in öffentlichen Einrichtungen sich in den letzten Jahren deutlich erhöht hatten.


Die Ergebnisse: Insgesamt gaben 61 Prozent der Frauen an, jemals in ihrem Leben geraucht zu haben. Vor der Schwangerschaft rauchten noch 47 Prozent, im vierten Schwangerschaftsmonat immerhin noch 24 Prozent. 21 Prozent gaben an, noch in den letzten vier Wochen vor der Geburt geraucht zu haben.

Auffällige Unterschiede machten die Wissenschaftler bei Alters- und Bildungsgruppen aus. So rauchten in der jüngsten Altersgruppe die meisten Frauen, bei den älteren überwog dagegen Tabakabstinenz. Bei den 24-Jährigen stellten vor der Geburt nur 45 Prozent der Frauen das Rauchen ein, bei den 25- bis 30-Jährigen 65 Prozent und bei den über 30-Jährigen 77 Prozent. Frauen mit weniger als zehn Jahren Schulbildung hörten nur zu 30 Prozent mit dem Rauchen bis zur Geburt auf, mit genau zehn Jahren Schulbildung 59 Prozent und mit mehr als zehnjähriger Schulbildung 84 Prozent. Deutlich seltener rauchten Frauen, die bereits Kinder hatten (50 versus 42 Prozent).

„Die Prävalenzen zeigen, dass Deutschland noch immer hinter Ländern mit intensiveren Tabakkontrollmaßnahmen und Präventionsbemühungen zurücksteht“, betont Studienleiterin Kathrin Röske vom Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Greifswald. Die Psychologin verweist auf die USA, wo Studien zufolge nur zwölf Prozent der Schwangeren rauchen, oder Schweden, wo die Rate bei zehn Prozent liegt. Dem Rauchverhalten Schwangerer müsse in Deutschland daher mit „effektiven präventiven Maßnahmen“ begegnet werden.

Allerdings betont Röske auch, dass nach den Daten des Mikrozensus Mecklenburg-Vorpommern ohnehin zu den Bundesländern mit dem höchsten Tabakkonsum zählt: 25 Prozent der Frauen und 43 Prozent der Männer rauchen hier. Andererseits gelte Rauchen während der Schwangerschaft als „sozial unerwünscht“. Daher könne es auch sein, so Röske, dass bei der Befragung „Tendenzen zur Verheimlichung oder Bagatellisierung des eigenen Rauchverhaltens“ eine Rolle gespielt hätten und das „wahre“ Ausmaß des Problemverhaltens sogar unterschätzt worden sei.

Raucht die werdende Mutter, so erhält der Fötus zu wenig Sauerstoff und Nährstoffe. Dadurch kommen Raucherkinder meist zu leichtgewichtig zur Welt, sie neigen zum plötzlichen Kindstod und im Schulalter zu Hyperaktivität und Lernschwierigkeiten. Zu leichte Kinder müssen zudem schnell viel zunehmen. Das kann dazu führen, dass sie im Erwachsenenalter von krankhaftem Übergewicht geplagt werden. Offenbar verursacht die Sucht der Mutter beim Ungeborenen eine lebenslange Stoffwechselstörung.