München. Am Mittwochabend spielten Rammstein das erste von vier Konzerten im Münchner Olympiastadion. Überschattet wurde das Mega-Event von den heftigen Vorwürfen: mutmaßlicher Machtmissbrauch und sexuelle Übergiffen von Frontmann Till Lindemann stehen im Raum. Die Band äußerte sich mit zwei dünnen Stellungnahmen zu den Beschuldigungen gegen ihren Sänger.
Änderungen bei alt-bewährten Show-Elementen und der Set-List wurden beim Konzert in München dennoch vorgenommen. Lindemann performte weniger sexualisiert – und holperte an einer Stelle etwas.
Um 20.30 Uhr ging es los: Die Rammstein-Musiker betraten die Bühne. Gekleidet in einem langen schwarzem Mantel kommt als letztes Lindemann auf die Bühne. Sein Gesicht ist dunkel geschminkt, die blonden Haare stehen zu Berge. Im ersten Viertel der Show gab es keine Überraschungen. Die Band gibt sich gewohnt wortkarg. Es gab keine Ansprache ans Publikum. Lediglich die Ansage über Lautsprecher, dass man keine Videoaufzeichnungen machen solle.
Rammstein-Konzert in München: Manches war doch neu
Songs aus der schon bekannten Set-List von den Konzerten in Litauen und Helsinki wie "Puppe", "Links 2, 3, 4" und "Mein Herz brennt" performten Rammstein in gewohnter Manier, inklusive gewaltiger Pyrotechnik und Lichtsshow. Auch mit dabei: "Du riechst so gut", ein Lied, das von einem sexuellen Übergriff handelt.
Dort heißt es unter anderem: "Du riechst so gut, ich finde dich. So gut, so gut ich steig dir nach. Du riechst so gut, gleich hab' ich dich. Ich warte, bis es dunkel ist. Dann fass' ich an die nasse Haut. Verrate mich nicht."
Als Gitarrist Richard Z. Kruspe etwa 50 Minuten nach Konzert-Beginn seinen Remix des Songs "Deutschland" spielte, verließen die anderen Bandmitglieder – inklusive Lindemann – für mehrere Minuten die Bühne. Laut Berichten soll das die Set-Pause sein, in der sich Lindemann bei vergangenen Konzerten mehrere Frauen aus dem Bereich vor der Bühne, der sogenannten "Row Zero", schicken ließ, die ihn unter der Bühne oral befriedigen sollten. Frauen aus dieser Zone sollen ohne ihr Wissen extra für diese sexuellen Akte von Teilen Lindemanns Team rekrutiert worden sein. Lesen Sie dazu: Rammstein: Youtuberin spricht über Aftershowparty-Erfahrung
Die "Reihe Null" gab es bei dem Auftritt in München nicht. Das Platz links und rechts neben der Bühne blieb, bis auf vereinzelte Security-Mitarbeiter, leer. Nach Informationen der Münchner "Abendzeitung" und der "Süddeutschen Zeitung" sollen die Veranstalter sowohl die umstrittene "Row Zero" als auch die Afterpartys von Rammstein untersagt haben. Wo genau sich Lindemann in der gestrigen Pause aufhielt, bleibt unklar. Lesen Sie dazu bei der "Berliner Morgenpost": Innensenatorin will Afterpartys von Rammstein verbieten
Rammstein-Show ohne "Pussy" und ejakulierende Peniskanone
Die Reihenfolge der Songs glich zu großen Teilen der aus Litauen, Finnland und Dänemark. Anders als bei vergangenen Konzerten der aktuellen Europatournee verzichtete die Band allerdings auf den Song "Pussy".
Textlich heißt es dort unter anderem: "You've got a pussy, I have a dick, ah. So what's the problem? Let's do it quick". Fester Bestandteil der Performance von "Pussy" war seit Jahren eine Penis-Kanone in Stahl-Optik, mit der Lindemann über die Bühne ritt und die Schaum auf die Fans "ejakulierte" – auch diese fehlte.
Lindemann, bekannt für seine theatralischen und von sexualisierten Gesten gespickten Bühnenauftritte, verhielt sich vergleichsweise zahm. Die Zunge blieb im Mund, Lindemann positionierte das Mikrofon nicht wie ein Penis im Schritt. Er verzichtete auf erkennbare sexualisierte Gesten an weibliche Fans. Videoaufnahmen von 2022 zeigen ihn noch, wie er Frauen auf Rammstein-Konzerten von der Bühne aus auffordert, ihre Brüste zu zeigen. All das blieb in München aus.
Till Lindemann: Rammstein-Frontmann holpert bei "Ich will"
Zu Beginn des Liedes "Ich will" schnaubte Lindemann bei den Worte "Ich will, dass ihr mir vertraut, Ich will, dass ihr mir glaubt" ins Mikrofon. Für den Live-Künstler Lindemann ein ungewöhnliches Vorkommnis.
Um 22.45 Uhr war das Konzert vorbei. Mit einem knappen "München, danke, dass ihr hier seid. Danke, dass ihr bei uns seid." beendete Lindemann das Spektakel. Die Band verneigte sich hastig vor den Fans und verschwand unter der Bühne. Die Konzertbesucher knieten nicht, wie in Fan-Foren angekündigt, als Solidaritätsbekundung für Lindemann nieder.