"Wunderbaby"

Erdbeben: Mutter bringt Baby unter Trümmern zur Welt

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Beatrix Fricke
Erdbeben in Syrien: Neugeborenes gerettet - mit Nabelschnur an toter Mutter

Erdbeben in Syrien: Neugeborenes gerettet - mit Nabelschnur an toter Mutter

Es ist ein schrecklicher Start ins Leben und zugleich ein Wunder: Im syrischen Erdbebengebiet ist ein Baby aus den Trümmern gerettet worden, das durch die Nabelschnur noch mit seiner toten Mutter verbunden war. Das Mädchen ist die einzige Überlebende ihrer Familie.

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In Syrien ist ein Baby in den Trümmern zur Welt gekommen und hat überlebt. Die Retter des Mädchens erzählen seine traurige Geschichte.

Afrin/Berlin. Es ist eine erschütternde Geschichte und zugleich ein Wunder. Im Erdbebengebiet in Syrien haben Retter ein Neugeborenes in den Trümmern gefunden, das noch mit der Nabelschnur mit seiner Mutter verbunden war. Das Mädchen ist die einzige Überlebende ihrer Familie. Die Kleine bekam den Namen "Aja". Doch die Herzen rührt sie als "Wunderbaby".

Es war am Montag, als das vierstöckige Wohnhaus der Familie im Ort Dschindires in der Region Afrin wegen des heftigen Erdbebens einstürzte. Angehörige suchten daraufhin nach der verschütteten Familie. "Dann haben wir ein Geräusch gehört und wir gruben", erzählte einer von ihnen, Chalil Sawadi, am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. "Wir haben Trümmer weggeräumt und diese Kleine gefunden, gelobt sei Gott."

Wie die Retter erklärten, war das Neugeborene noch durch die Nabelschnur mit seiner Mutter verbunden, die offenbar bei dem Erdbeben ums Leben kam. Vermutlich starb sie kurz nach der Geburt. „Wir haben die Nabelschnur durchtrennt und mein Cousin hat das Baby ins Krankenhaus gebracht“, schildert Sawadi.

Wunderbaby Aja: Die Rettung kam in letzter Sekunde

In der Klinik in der nahegelegenen Stadt Afrin kam das Mädchen unterkühlt und entkräftet an. Die Gliedmaßen seien blau angelaufen und der Körper völlig mit Staub bedeckt gewesen. „Nur eine Stunde länger und es wäre gestorben“, sagte ihr Arzt Hani Maaruf.

Die Kleine kam in einen Inkubator und erhielt Infusionen mit Vitaminen. Laut dem Arzt wiegt das Baby 3175 Gramm. Der Zustand des Mädchens sei nunmehr stabil, aber es habe Prellungen erlitten und einige Rippen gebrochen, hieß es am Mittwoch. Die Mitarbeiter des Krankenhauses gaben dem Mädchen den Namen Aja.

In Online-Netzwerken verbreitete sich ein Video, in dem ein Mann inmitten von Trümmern ein nacktes, mit Staub bedecktes Baby in die Höhe hält, an dessen Bauch noch der Rest seiner Nabelschnur hängt. Angesichts von Temperaturen um den Gefrierpunkt bringt jemand eine Decke, um das Neugeborene darin einzuwickeln.

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Erdbeben in Syrien: Dschandairis wurde zur Todesfalle

Tragisch: Die kleine Aja hat zwar überlebt. Doch ihre Familie wird sie nie kennenlernen. Ihre Mutter, ihr Vater, ihre drei Schwestern, ihr Bruder und ihre Tante konnten nur noch tot aus den Trümmern geborgen werden. Das Dorf Dschandairis nahe der türkischen Grenze war von den Erdbeben der Stärke 7,5 bis 7,8 am Montag schwer getroffen worden.

Die Familie wurde den Angaben zufolge nahe eines Eingangs zu einem Gebäude gefunden. Ihre Leichen wurden vor einem Nachbarhaus aneinandergereiht und mit Tüchern in unterschiedlichen Farben abgedeckt. Ajas Retter Sawadi zählt die Namen der Verstorbenen auf und berichtet vom ohnehin schweren Schicksal der Familie, die aus ihrer Heimatregion fliehen musste.

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Sie hatten wegen des Bürgerkriegs die instabile Region Deir Essor weiter im Osten in der Hoffnung verlassen, in Dschandairis, einem von türkischer Armee und pro-türkischen Rebellen kontrollierten Ort, in Sicherheit zu sein. Für viele Menschen wurde Dschandairis nun aber zur Todesfalle. Etwa 50 Gebäude stürzten dort ein.

Erdbeben: Retter suchen weiter nach Überlebenden

Die Zahl der Todesopfer in Syrien und in der Türkei ist mittlerweile auf über 11.200 gestiegen. Mehr als 45.000 sind verletzt. Vor Ort erschwert auch die politische Lage die Hilfe – und eisige Temperaturen. Retter suchen weiterhin fieberhaft nach Menschen unter den Trümmern. Sie hoffen auf weitere Wunder. (mit dpa und AFP)