Erdbeben-Gebiet: Sogar Ukraine schickt Hilfe in die Türkei
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Beatrix Fricke
Türkei: Kinder lebend aus Erdbeben-Trümmern gezogen
Türkei: Kinder lebend aus Erdbeben-Trümmern gezogen
Zwei Tage nach dem verheerenden Erdbeben haben Helfer in der türkischen Provinz Hatay mehrere Menschen lebend aus dem Trümmern eines Hauses gezogen, darunter mehrere Kinder. Sie sind optimistisch, weitere Menschen retten zu können.
Die Ukraine braucht selbst internationale Hilfe. Dennoch unterstützt das kriegsgebeutelte Land Erdbebenopfer in der Türkei. Die Gründe.
Berlin. Es ist eine Katastrophe: Die starken Erdbeben in der Türkei und Syrien haben nach aktuellem Stand mehr als 10.000 Menschen getötet. Etwa 45.000 sind verletzt, weitere Opfer werden unter den Trümmern vermutet. Wer mit dem Leben davon gekommen ist, leidet unter Obdachlosigkeit, Verzweiflung, Angst und Trauer. Zahllose Wohnungen sind verwüstet. Kinder haben Eltern verloren, Eltern ihre Kinder.
Es sind menschliche Gefühle und Zustände, die ein Land derzeit besonders gut kennt: die Ukraine. Fast ein Jahr ist es her, dass Putins Invasion russischer Truppen in die Ukraine begann. Seit dem 24. Februar 2022 ist ein gnadenloser Krieg im Gange, der bereits Tausende Opfer gefordert hat und Hunderttausenden ihr Zuhause geraubt hat. Doch trotz des eigenen Leids will auch die kriegsgebeutelte Ukraine den Erdbebenopfern helfen. Präsident Wolodymyr Selenskyj drückte der Türkei umgehend sein Beileid aus und bot seinem Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan Hilfe an.
"Ich spreche den Menschen in der Türkei mein Beileid aus. Wir sind in dieser schwierigen Zeit bei ihnen. Wir sind bereit, die notwendige Hilfe zu leisten, um die Folgen der Katastrophe zu überwinden", twitterte er in türkischer Sprache.
Erdbeben-Katastrophe: Verzweiflung und Hilfsangebote für Türkei und Syrien
Erdbeben-Katastrophe: Verzweiflung und Hilfsangebote für Türkei und Syrien
Bereits einen Tag nach den verheerenden Beben am frühen Montagmorgen lief die internationale Katastrophenhilfe auf Hochtouren. Die EU mobilisierte sofort 27 Such- und Rettungsteams. Hilfszusagen kamen auch aus den USA, Großbritannien, Israel, Indien, Russland - und eben der Ukraine. Lesen Sie auch: Erdbeben: Vater hält die Hand seiner toten Tochter
Laut "Clash Report" schickt die Ukraine 87 Hilfskräfte in die Türkei, darunter Such- und Rettungsspezialisten, Ärzte und Feuerwehrleute. Dazu zehn Spürhunde und 18 Fahrzeuge mit Ausrüstung. Außerdem zwei Flugzeuge: eines für medizinische Hilfe und ein Cargo-Flieger für Hilfsgüter, die in der Region benötigt werden.
Ukraine und Türkei sind beide EU-Beitrittskandidaten
Die Hilfe der Ukraine für die Türkei ist eine noble Geste, gerade angesichts der eigenen Not. Sie ist zugleich ein geschickter Schachzug des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, dem es durch ständige Medienpräsenz und öffentlichkeitswirksame Aktionen immer wieder gelingt, die Belange seiner Nation der Welt zu präsentieren.
Selenskyj will, dass die Politiker und die Völker der Welt den Krieg in der Ukraine nicht vergessen und seinem Land aktiv Hilfe leisten. Zudem möchte Selenskyj, dass die Ukraine in die Europäische Union (EU) aufgenommen wird. Die Ukraine ist – genauso wie die Türkei – ein offizieller EU-Beitrittskandidat. Mit der Erdbebenhilfe kann die Ukraine zeigen, dass sie Seite an Seite mit der Türkei steht und bereit ist, sich für das Wohl wichtiger strategischer Partner zu engagieren.
Zudem braucht die Ukraine die Türkei. Die Türkei verhält sich im Ukraine-Krieg neutral und will eine Vermittlerrolle zwischen Russland und der Ukraine einnehmen. Zuletzt verzeichnete sie einen Erfolg bei Getreidelieferungen und bei einem Gefangenenaustausch. Dem türkischen Präsidenten Erdogan in einer Krise zu helfen, kann der Ukraine in ihrer eigenen schwierigen Situation nützlich sein.