Berlin. Die Bundesregierung will so schnell wie möglich über eine allgemeine Impfpflicht entscheiden. Würde sie auch für Schwangere gelten?
Über die Coronaimpfung bei Schwangeren gab es lange viele Unsicherheiten. Die Informationslage ist dünner als bei anderen Bevölkerungsgruppen. Daten aus England zeigen allerdings: Ungeimpfte Schwangere müssen öfter intensivbetreut werden. Im Erhebungszeitraum war eine von fünf schwer Covid-kranken Personen auf der Intensivstation schwanger und ungeimpft.
Auch die Ständige Impfkomission (STIKO) am Robert Koch-Institut und die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) empfehlen mittlerweile Impfungen für Schwangere, die STIKO sogar bereits seit Mitte September. Doch käme für Schwangere auch eine Impfpflicht in Frage?
Gruppenbezogene Impfpflicht kommt – auch für Schwangere?
Gerade erst hat die neue Bundesregierung entschieden: Mitarbeitende in Kliniken und der Pflege müssen ab März 2022 nachweisen, dass sie vollständig gegen Covid-19 geimpft sind. Auch über eine allgemeine Impfpflicht für die Bevölkerung will sich die Regierung zeitnah beraten. Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen dürfen, sind von solchen Impfpflichten in der Regel ausgenommen. Und unter diese Kategorie dürften im weitesten Sinne auch Schwangere fallen.
Schwangere Personen dürfen an Zulassungsstudien für Impfstoffe aus ethischen Gründen nicht teilnehmen, bis vollständig nachweisbar ist, dass ein Vakzin sicher ist. Die Datenlage für diese Gruppe ist also dünner als bei anderen. Was man gegenwärtig über die Wirkung der Corona-Impfung bei Schwangeren weiß, geht vor allem aus bisherigen Erfahrungen aus. Zum Beispiel durch Personen, die geimpft wurden, als sie noch nichts von ihrer Schwangerschaft wussten.
STIKO empfiehlt Corona-Impfung für Schwangere
Dennoch empfiehlt die STIKO seit dem 17. September 2021 auch für Schwangere die Corona-Impfung, allerdings erst ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel (der 13. Schwangerschaftswoche). Für diese Entscheidung werteten Forschende der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zufolge neue Daten zu schweren Krankheitsverläufen und zur Sicherheit und Wirkung der Impfung bei Schwangeren aus.
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Obwohl schwere Covid-19-Verläufe bei Schwangeren selten seien, habe sich eine Schwangerschaft in Studien als “relevanter Risikofaktor" herausgestellt, so die BZgA. Im Vergleich zu nicht-schwangeren würden schwangere Patientinnen häufiger Komplikationen bei der Erkrankung erleiden. Noch schlimmer sei es in Kombination mit anderen Vorerkrankungen. Obwohl die Datenlage zur Sicherheit der Corona-Impfung bei Schwangeren begrenzt sei, spreche “die Risiko-Nutzen-Abwägung” für die Entscheidung, erklärt die Behörde.
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Die DGGG schloss sich der Empfehlung der STIKO nach einer Überprüfung der Risiken ebenfalls an. Aktuelle Studien würden zeigen, dass die Impfung nicht vermehrt zu Schwangerschaftskomplikationen oder einem höheren Sterberisiko für die Schwangeren oder die Föten führen. Allerdings spricht sich die DGGG bei schwangeren und stillenden Personen für eine Impfung mit einem mRNA-basierten Impfstoff aus.
Österreich: Schwangere von Impfpflicht ausgenommen
Ob es eine Impfpflicht für Schwangere in Deutschland geben wird, lässt sich gegenwärtig also noch nicht definitiv sagen – vor allem, weil auch die allgemeine Einführung einer Impfpflicht gegen Covid-19 noch nicht vollends beschlossen ist. Angesichts der ausbaufähigen Datenlage über die Wirkung der Impfung bei Schwangeren ist eine Impfpflicht für diese Gruppe aber relativ unrealistisch.
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Was würde passieren, wenn Deutschland im kommenden Jahr eine allgemeine Impfpflicht einführen würde? Ein Blick in unser Nachbarland Österreich könnte Ausblick auf ein mögliches Szenario geben.
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In Österreich sind Schwangere neben Kindern laut einem Gesetzesentwurf die einzige Gruppe, die von der Impfpflicht ab Februar ausgenommen sein wird – neben Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen dürfen. Dennoch empfehlen auch der österreichische Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein und das Impfgremium des Landes ausdrücklich die Corona-Impfung für schwangere Personen. Diese können dann nach wie vor selbst entscheiden, ob sie sich gegen Covid-19 impfen lassen werden – zumindest so lange, wie sie schwanger sind.