Berlin. Die Kontrollen an den Grenzen zu Deutschland werden nun schrittweise gelockert. Doch die Regelungen bleiben noch lange uneinheitlich.
Die Corona-Pandemie sorgt seit nunmehr fast zwei Monaten dafür, dass an vielen Staatsgrenzen in Europa wieder streng kontrolliert wird. Ziel ist es, die Ausbreitung des Virus über Landesgrenzen hinweg zu verhindern. Auch Deutschland überwacht seither viele seiner Übergänge zu den Nachbarländern. Weil die Infektionszahlen rückläufig sind, hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nun Lockerungen der Grenzkontrollen bekannt gegeben.
Die erste Grenze ist bereits am kommenden Samstag wieder offen. Dann werden die temporären Kontrollen an den Übergängen zu Luxemburg enden. Die Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich, Österreich und der Schweiz werden zunächst nur gelockert, ihr Ende ist erst ab dem 15. Juni geplant.
Grenzen zu Deutschland – die Reglungen bleiben uneinheitlich
Trotz der angekündigten Lockerungen an den Grenzen bleibt die Lage an den Übergängen zu den deutschen Nachbarn uneinheitlich – ein Überblick:
- Österreich: Wie Deutschland plant auch das südliche Nachbarland, seine Grenze zur Bundesrepublik ab Mitte Juni vollständig zu öffnen. Ab diesem Freitag will Österreich an seinen Grenzen nur noch stichprobenartige Kontrollen durchführen. Die österreichische Tourismuswirtschaft ist stark von deutschen Sommerurlaubern abhängig. Dennoch gilt für Deutsche weiterhin, dass sie bis Mitte Juni nur aus triftigem Grund ausreisen dürfen. Die Grenzen zu Italien will Österreich zunächst geschlossen halten.
- Schweiz und Frankreich: Auch die Grenzkontrollen zu diesen beiden Nachbarstaaten sollen erst ab 15. Juni vollständig wegfallen. Ab dann ist eine Rückkehr zum freien Reiseverkehr geplant. So sieht es eine Einigung mit Berlin vor. Voraussetzung ist aber laut Seehofer, dass dass das Infektionsgeschehen dies zulässt. In der französischen Grenzregion zu Deutschland waren besonders viele Menschen mit dem Coronavirus infiziert, das RKI stufte die Region zeitweise als Risikogebiet ein.
- Luxemburg: Laut Bundesinnenministerium werden die Kontrollen an der Grenze zu Luxemburg bereits in der Nacht zum Samstag vollständig beendet. Damit sind Fahrten in das Großherzogtum wieder wie vor der Pandemie möglich.
- Dänemark: Die Grenzen zu dem skandinavischen Land sind derzeit noch geschlossen. Das soll sich am 15. Juni ändern. Dann will Dänemark seine Grenzen auch für deutsche Touristen wieder öffnen. Voraussetzung sei, dass sie mindestens sechs Nächte außerhalb Kopenhagens gebucht haben.
- Polen und Tschechien: Die Grenzen zu den beiden osteuropäischen Nachbarländern sind von der Kabinettsentscheidung nicht betroffen, weil hier bisher schon keine Kontrollen von deutscher Seite stattgefunden haben. Die beiden Länder halten jedoch ihrerseits die Grenzen für Ausländer weiterhin geschlossen. An der deutsch-polnischen Grenze sind ausgewählte Grenzübergänge offen für polnische Staatsbürger, Diplomaten, Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis und ausländische Lkw-Fahrer. „Wir werden mit diesen Ländern reden“, kündigte Seehofer an.
- Belgien: Im Grenzgebiet werden auf belgischer Seite weiterhin Kontrollen durchgeführt. Grenzübertritte sind demnach nur mit „triftigen Gründen“ gestattet. Wann hier die Grenzen wieder vollständig geöffnet sind, ist unklar.
- Niederlande: Die Grenzen zu den Niederlanden sind bereits während der gesamten Corona-Krise geöffnet gewesen und bleiben es weiterhin. Kontrollen sind dennoch möglich, um Reisende nach dem Grund ihrer Fahrt zu befragen. Für Nicht-EU-Bürger gilt ein Einreiseverbot. Hier mehr dazu: Urlaub in den Niederlanden und Belgien: Ist er 2020 möglich?
Die Empfehlung, dass Bundesbürger in den kommenden Wochen auf touristische Reisen ins Ausland verzichten sollen, bleibt aber weiter bestehen.
Neuinfektionen bestimmen über Kontrollen
Seehofer betont, die Bundesregierung verfolge das Ziel, ab Mitte Juni wieder zu einem „freien Reiseverkehr in Europa“ zurückzukehren. Voraussetzung sei, dass das Infektionsgeschehen dies zulasse. Bis Mitte Juni gilt somit weiterhin: Einreise nach Deutschland für Ausländer sind nur für den Güterverkehr und aus triftigem Grund erlaubt.
Einreisen dürfen momentan:
- Berufspendler
- Angehörige medizinischer Berufe
- EU-Bürger auf dem Weg in ihr Heimatland
- Menschen, die Angehörige pflegen
- Menschen konnten teilweise auch aufgrund familiärer Gründe einreisen
Die Regeln für Reisen aus familiären und persönlichen Gründen sollen aber großzügiger gehandhabt werden. Touristische Reisen bleiben dagegen vorerst verboten.
- Lesen Sie hier: Alles Wichtige zu Urlaub im Ausland – trotz Corona
Die Erleichterungen sind laut Innenministerium eine Folge der positiven Entwicklung des Infektionsgeschehens. Die Kontrollen sollen aber wieder umgehend intensiviert werden, sobald die Zahl der Neuinfektionen in Nachbarregionen stark steigt.
Dabei biete der in Deutschland geltende Richtwert von mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen Orientierung. Die Grünen-Politikerin Franziska Brantner forderte „Konzepte für lokale Lockdowns, um gezielt zu reagieren, wenn die Infektionszahlen lokal wieder steigen“. Andernfalls sei die Versuchung groß, jedes Mal wieder die Grenzen zu schließen, sagte die Bundestagsabgeordnete.
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Quarantäneregelung soll auch gelockert werden
Die von den Bundesländern angeordnete 14-tägige Quarantäne für jeden, der nach Deutschland kommt, sollte nach Einschätzung des Ministeriums künftig nur noch für Menschen gelten, die sich zuvor in Drittstaaten aufgehalten haben. Also beispielsweise nicht mehr für Deutsche, die aus Frankreich einreisen oder den Niederlanden.

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Reisewarnung bleibt trotz Lockerung bestehen
Auch die seit Mitte März geltende Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt bis 14. Juni. Allerdings hält Außenminister Heiko Maas (SPD) Lockerungen für Europa für möglich.
Wer aus dem außereuropäischen Ausland einreist, muss weiterhin für zwei Wochen in Quarantäne. An den deutschen Regeln für Einreisen per Flugzeug aus Italien und Spanien wird vorerst nichts geändert. Bürger aus diesen Ländern müssen einen Wohnsitz in Deutschland haben oder auf Durchreise sein. Ansonsten werden sie an der Grenze abgewiesen. Beide Staaten sind besonders stark von der Pandemie betroffen.
Seehofer schloss sich der Empfehlung der Kommission an, die Beschränkungen für Einreisen aus Drittstaaten in die EU bis zum 15. Juni zu verlängern. „Es ist europäisch, gemeinsam ein gefährliches Virus zu bekämpfen. Es ist nicht europäisch, sich bei unbequemen Maßnahmen der gemeinsamen Verantwortung zu entziehen“, erklärte Seehofer.
(mit dpa/nn)
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