- Auf den Kanareninseln Gran Canaria, Fuerteventura und Teneriffa sorgte ein Naturschauspiel für Chaos und viel Zerstörung
- Ein Sandsturm, auch „Calima“, genannt, ließ massenweise Sahara-Sand über die Kanareninseln ziehen
- Das hatte vor allem negative Folgen: Waldbrände wurden entfacht, Flüge fielen aus, Tausende Passagiere saßen fest
- Für Fotografen hatte der Sandsturm aber auch etwas Positives: Auf Fotos war die „Endzeitstimmung“ deutlich zu sehen
- Mittlerweile ist der Sandsturm vorbeigezogen, auch die Feinstaubbelastung ist deutlich gesunken: Die Menschen können also buchstäblich wieder aufatmen
Es ist vorbei: Nachdem der schwerste Sandsturm der vergangenen 40 Jahren über die Kanareninseln Teneriffa, Gran Canaria und Fuerteventura gezogen ist, hat sich auch der Himmel gelichtet. Wie die „Fuerteventurazeitung“ berichtet, sei die Luft wieder so gut wie staubfrei. Nur eine dicke Staubschicht auf Häusern und Autos erinnere noch an den Sahara-Sand.
Die Feinstaubbelastung war durch die „Calima“, wie der Sandsturm auch genannt wird, in den vergangenen Tagen deutlich erhöht gewesen. Sie lagen laut dem Bericht mit 900 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (µg/m³) deutlich über dem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Mittelwert von 50 Mikrogram pro Kubikmeter Luft.
Teneriffa, Gran Canaria, Fuerteventura: Feinstaub durch Sandsturm
Bewohner und Urlauber wurden gebeten, sich so wenig wie möglich im Freien aufzuhalten und Fenster und Türen geschlossen zu halten. Der Staub könne die Atemwege austrocknen und sei vor allem für Allergiker, Kranke und Schwangere gefährlich. Am Montag fiel für alle Schüler der Unterricht aus. Auf Gran Canaria wurden die geplanten Karnevalsfeiern abgesagt.
„Das war ein Albtraum“, sagte Ángel Víctor Torres, der Regierungschef der Kanarischen Inseln, am Montag. „So etwas haben wir in den letzten 40 Jahren noch nicht erlebt.“ Der Sturm hatte nicht nur Auswirkungen auf den Flugverkehr, sondern auch auf die Fähren der Kanaren. Denn die Sicht betrug nur wenige hundert Meter.
Wer auf den Kanaren lebt oder häufig dort Urlaub macht, kennt das Phänomen jedoch: Immer wieder suchen Sandstürme die Inseln heim – und sorgen dabei oft für reichlich Chaos. Denn der feine Sand aus der Sahara in Nordafrika führt dazu, dass man nur noch schlecht sehen kann. So auch in den vergangen Tagen wieder.
Auf den beiden Flughäfen von Teneriffa konnten keine Flugzeuge mehr starten. Insgesamt waren nach Angaben der Regionalregierung der Kanaren mehr als 800 Flüge gestrichen oder umgeleitet worden. Zwischen 12.000 und 14.000 Passagiere waren betroffen. Am Montag nahmen die Flughäfen ihren Betrieb wieder auf – stockend jedoch. Es kam weiter zu Beeinträchtigungen und Verspätungen. Lesen Sie hier: Erster Coronavirus-Fall auf Teneriffa – Tausend Touristen im Hotel „H10 Costa Adeje Palace“ in Quarantäne.
Der Sandsturm hinterlässt auf Teneriffa den Eindruck einer „Endzeitstimmung“
„Der Wüstenstaub legt sich über alles. Kein Mensch ist auf der Straße“, berichtete ein Twitter-Nutzer namens Lukas von der Insel Gran Canaria. Der alles verschluckende Sandnebel hinterlasse in den Städten den Eindruck einer „Endzeitstimmung“.
Der Wüstenwind hatte die Luft auf nahezu 30 Grad aufgeheizt. Die Sonne war hinter Staubwolken verschwunden. Autos, Straßen und Hausdächer waren von einer Sandschicht bedeckt. „So etwas haben wir noch nie gesehen“, berichteten mehrere Inselbewohner im Rundfunk.
„Am Sonntag gab es hier Riesenwellen, und die meisten Straßen waren wegen des Sturms gesperrt“, sagte eine deutsche Touristin aus Heinsberg, die auf der Insel La Palma Urlaub macht. „Das Meer hat sich jetzt beruhigt, aber es ist immer noch alles voller Staub.“ Vielen Menschen falle das Atmen schwer.
Der Sahara-Sand auf Kanaren ist für Allergiker, Kranke und Schwangere gefährlich
Die Wetterlage „Calima“ hatte bereits am Samstag den kanarischen Archipel erreicht. In der Luft hing feiner Wüstensand aus der Sahara, der tonnenweise von starkem Wind auf die Kanaren vor der Küste Marokkos geblasen wurde.
Zunächst waren Fuerteventura und Lanzarote durch den Staub in dichtes Orange gehüllt, dann auch Gran Canaria und Teneriffa. Auch die ganz westlich gelegenen Inseln La Gomera, La Palma und El Hierro waren betroffen.
Sandsturm auf Teneriffa - Spektakuläre Fotos
Teneriffa und Grand Canaria: Sandsturm sorgt für Probleme
Am Samstag hatten auf dem Flughafen von Gran Canaria vorübergehend keine Flüge mehr landen oder starten können. Bereits am späten Sonntagabend nahm der Flughafen den Betrieb wieder auf, die Flughäfen von Teneriffa blieben bis Montag geschlossen.
Spanische Medien berichten, dass einige Fluglinien große Probleme hatten, Unterkünfte für die gestrandeten Fluggäste zu finden.
Touristen stranden am Flughafen – viele Hotels wegen Karneval ausgebucht
Wegen des Karnevals sind viele Hotels auf den Kanaren ausgebucht. Nun kam noch eine großes Zahl von Fluggästen hinzu, die untergebracht werden mussten. An beiden Flughäfen auf Teneriffa wurden Feldbetten für Touristen aufgestellt, die kein Hotelzimmer mehr gefunden hatten.
Die norwegische Reederei Fred Olsen, die zwischen den einzelnen Kanaren-Inseln verkehrt, musste zwischenzeitlich den Fährbetrieb auf einigen Verbindungen, zum Beispiel zwischen Lanzarote und Fuerteventura einstellen. Sturmböen mit Geschwindigkeiten von bis zu 163 Kilometern pro Stunde und die schlechte Sicht hatten einen sicheren Fährbetrieb unmöglich gemacht.
Sandsturm „Calima“ begünstigt Waldbrände auf Gran Canaria und Teneriffa
Die sehr trockene Luft und der warme Wind begünstigen auf den Kanaren nun Waldbrände. Die Flammen wurden so stark angefacht, dass schon nach kurzer Zeit rund 500 Menschen in Sicherheit gebracht werden mussten. Am Sonntag waren bereits rund 320 Hektar Land verbrannt. Bereits im August sorgten schwere Waldbrände auf Gran Canaria für Zerstörungen.
Ein Dorf im Südwesten Gran Canarias wurde wegen eines Brandes geräumt, rund 250 Menschen mussten auf einem Campingplatz am Strand übernachten. Auch im Norden Teneriffas brennt es: Dort mussten insgesamt rund 800 Menschen ihre Häuser und Hotels verlassen.
Spaniens Verkehrsminister warnt vor schlechterem Wetter
Bereits am frühen Samstagnachmittag hatte der Flughafen auf Gran Canaria mitgeteilt, dass man den Betrieb aufgrund der Sandstürme einstellen müsse. Maschinen wurden zu anderen Flughäfen umgeleitet werden. Auch der Flughafen Teneriffa Nord meldete Probleme wegen des Wetters, weshalb Flüge zu einem zweiten Flughafen im Süden der Insel geschickt wurden.
In der Nacht zu Sonntag teilten die Behörden zwar zunächst mit, dass sich die Sichtverhältnisse bessern würden und man schrittweise zum normalen Flugbetrieb zurückkehren wolle. Seit Sonntagmittag verschärfte sich die Lage allerdings wieder.
Auch Spaniens Verkehrsminister José Luis Ábalos twitterte unter Berufung auf die spanische Flugverkehrskontrolle Enaire, die Wetterbedingungen für die Kanaren hätten sich durch die Wetterlage „Calima“ und starken Wind wieder verschlechtert. Es werde versucht, die Auswirkungen auf den Flugbetrieb so gering wie möglich zu halten.
„Calima“ließ am Montag langsam nach
Dem spanischen Wetterdienst Aemet zufolge sollte die „Calima“ genannte Wetterlage ab Montag allmählich nachlassen. Dennoch gibt es voraussichtlich weiterhin starken Wind und Beeinträchtigungen. Die Aufräumarbeiten können stellenweise erst im Laufe der Woche beginnen und werden ersten Einschätzungen zufolge mehrere Wochen andauern.
Der Sandsturm „Calima“ ist auf den Kanaren kein ungewöhnliches Phänomen: Starke Winde fegen feinen Sand aus der Sahara auf die Kanaren. In diesen Tagen fällt „Calima“ allerdings so heftig aus wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
In den vergangenen Monaten waren die Inseln mehrmals von der „Calima“ betroffen. Zuletzt sorgte das Wetter Ende September für Sandwinde auf Teneriffa. Im Sommer durften sich die Bewohner der Kanaren nach den Sandstürmen über angenehme Temperaturen freuen.
(cho/bef/dpa/ze)