Schwedens Carl Gustaf: Ein König kämpft um seinen Ruf
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Schwedens Carl Gustaf: Ein König kämpft um seinen Ruf
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André Anwar
FDer schwedische König Carl Gustaf – ein Monarch, der volksnah sein will. Doch das Volk fremdelt mit ihm.
Foto: Guillaume Horcajuelo/Pool / dpa
Erst vor wenigen Wochen gab es Nachwuchs im schwedischen Königshaus. Jetzt wird wieder gefeiert: König Carl Gustaf wird 70.
Stockholm.
Seit Montag bringt sich das schwedische Volk in Stimmung für das royale Jubiläum: Am Samstag feiert König Carl Gustaf XVI. seinen 70. Geburtstag, und auf den zahlreichen Straßenfesten geht es hoch her. Es fällt kaum auf, dass die Beziehung zum König mehr als unterkühlt ist.
Carl Gustaf nämlich steckt immer noch in der wohl größten Rufkrise eines schwedischen Monarchen überhaupt. Nach einer 2010 erschienen Skandalbiografie wackelte sein Thron so kräftig, dass 40 Prozent der Schweden seine Abdankung forderten. Das hat sich bis heute nicht geändert.
Außereheliche Exzesse, Kontakte zu Kriminellen
Der Grund liegt in seinem ausschweifenden Leben. In der Biografie „Der widerwillige Monarch“ wird haarklein von zahlreichen außerehelichen Exzessen berichtet. Es geht um Bordellbesuche, die in Schweden verboten sind, und auch um Kontakte zu Kriminellen.
Ein Apparat aus engen Freunden bis hin zur Polizei soll das durch Einschüchterungen von Beteiligten verheimlicht haben. Das Staatsoberhaupt dementierte nicht und verzichtete auf eine Klage gegen die Autoren.
Stattdessen bat König Carl Gustaf sein Volk darum, ihm noch eine Chance zu geben und „das Blatt zu wenden“, wie er sagte. Statt weiter auf den König zu schimpfen, befassen sich die Menschen lieber mit den makellos erscheinenden Kindern und fünf Enkelkindern des Monarchen.
Alle lieben Silvia
Vor allem Tochter Victoria und ihr Mann Daniel genießen einen allerbesten Ruf. Ihre Kinder Estelle (4) und Oscar (1 Monat) sind Schwedens Lieblinge. Auch beim jüngsten Spross von Prinz Carl Philip und Sofia, dem Mitte April geborenen Alexander, geht ihnen das Herz auf.
Immerhin: Das Volk hat den König nicht gänzlich fallen gelassen. Das liegt wohl vor allem an ihr: Königin Silvia, die nur eine kurze Zeit nach den Enthüllungen nicht mehr an der Seite Carl Gustafs auftrat, genießt enormen Respekt – und sie hat großen Einfluss.
Was außerdem dem König zugute gehalten wird: Er ließ es zu, dass seine Kinder sich mit einfachen Untertanen vermählten. Kronprinzessin Victoria durfte 2010 ihren Fitnesslehrer Daniel heiraten. Ihr jüngerer Bruder Carl Philip ging 2015 eine Ehe mit dem Erotikmodell Sofia ein. Und Carl Gustafs jüngste Tochter Prinzessin Madeleine heiratete 2013 den Millionärssohn Christopher O’Neill. Dazu passt: Die Enkelkinder sollen auf gewöhnliche staatliche Schulen gehen, damit sie den Umgang mit dem Volke lernen.
Dass Volksnähe, Hochzeiten und Kindersegen bei den Untertanen gut ankommen, weiß der König aus eigener Erfahrung. Als er mit nur 27 Jahren den Thron bestieg, war Schweden nahe daran, eine Republik zu werden. Der schüchterne Legastheniker Carl Gustaf sei seiner Berufung nicht gewachsen, so seine Kritiker damals. Doch die Traumhochzeit mit der bürgerlichen Deutschen Silvia Sommerlath 1976 und die Geburten der Kinder machten das Königshaus wieder populär.
Der König empfiehlt dem Volk, nicht so viel Fleisch zu essen
Mittlerweile tritt der König weniger hölzern auf. Als er jüngst bei einem Interview in einem viel zu tiefen Sofa Platz nahm, sagte Seine Majestät: „Man sieht aus wie eine Kröte, wenn man darin sitzt.“
Manche Äußerungen des Königs kamen in der Öffentlichkeit allerdings nicht gut an. Dazu gehört auch sein Vorschlag, die schwedische Bevölkerung solle doch bitte nicht so viel Fleisch essen. Es sei nicht gesund.
Trotz der Vorbehalte werden die Menschen ihrem König am Samstag wohl zuwinken, wenn er mit der Kutsche zum Rathaus in Stockholm fährt. Gefeiert wird auf dem Schloss, bis spät in die Nacht. Am Jubiläumstag wird die Missstimmung vergessen sein.
Morgenpost von Christine Richter
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