Sechs Wochen Anzug. Sechs Wochen Jurysessel. Sechs Wochen switchte ProSieben-Mann Stefan Raab zwischen privatem und öffentlich-rechtlichen Fernsehen um Deutschlands Beitrag für den Songcontest in Oslo zu finden. Jetzt durfte er sich endlich wieder in eine Wok-Schüssel schmeißen.
Das Problem: Die bessere Show hat Raab definitiv in der ARD abgeliefert. Mit den zweckentfremdeten asiatischen Bratpfannen raste auch das Niveau die Eispiste herunter. Statt Unterhaltung und Spannung konnte Raab lediglich TV-Trash süß-sauer bieten - mit Protagonisten wie "Big Brother"-Nervensäge Jürgen Milski, "Topmodel"-Prollbraut Gina-Lisa und dem Wendler.
"Der Wahnsinn geht weiter" verspricht Moderator Matthias Opdenhövel zu Beginn der Sendung. Doch es kommt auf die Definition von Wahnsinn an. Die achte Ausgabe von Stefan Raabs Wok-Rennen, das zum ersten Mal im thüringischen Oberhof stattfand, war nicht nur die "größte Wok-WM aller Zeiten", sie war auch wahnsinnig langweilig.
Über vier Stunden dauert Raabs Bratpfannen-Battle, bei dem "Prominente" und Profisportler auf dem chinesischen Kochgeschirr eine Bobbahn herunterrasen. Doch das allein ist schon lange nicht mehr spannend. Zu Showbeginn hat Egomane Raab seinen gewohnt großen Auftritt: Auf funkensprühenden Skiern rast er die Bahn herunter. Selbst ein Sturz kann ihn nicht stoppen. Raab kennt keine Niederlagen. Oder will sie nicht erkennen.
Alles nimmt seinen gewohnten Lauf: Vor dem Start werden die gleichen kämpferischen Phrasen gedroschen, wie auf der Ziellinie im Kurzinterview mit Sonya Kraus, die immer mehr aussieht wie Lorielle London in blond.
Flache Pipi- und Kaka-Gags ziehen sich durch die gesamte Sendung, die so vorhersehbar ist, wie ihre Gewinner. Rodel-Olympiasieger Georg Hackl ist wie immer der schnellste, Joey Kelly der ehrgeizigste, Raab der kämpferischste und Showpraktikant Elton der dickste.
Viel mehr gibt es nicht zu berichten. Die Kandidaten sind nahezu die gleichen wie immer. Seine Buddys und Zöglinge hat Raab um sich geschart, wie Jennifer Braun, die Zweitplatzierte von Raabs Oslo-Castingshow. Aufgepeppt wird die Startliste mit ein paar Trashnasen des Privatfernsehens wie dem Wendler, Gina-Lisa Lohfink, Oliver Petszokat, Peyman Amin. Lediglich ein paar Regeländerungen gibt es auf der Bahn in Thüringen. Die Fahrgeräte dürfen nicht mehr getuned werden, um schneller zu flitzen. Der Show würde ein Tuning jedoch definitiv gut tun.
Der Erfinder von "Schlag den Raab" und Spielereien wie dem "TV total Turmspringen" und dem "Stockcar-Rennen", für den sein Job früher ein einziger lustiger TV-Kindergarten war, scheint dem Vorschulalter längst entwachsen. Geblödelt wird kaum noch. Unvorhergesehenes passiert schon lange nicht mehr. Raab, der sich die letzten Wochen erfolgreich darum bemüht hat, dem Format Castingshow Seriosität und Ernst einzuhauchen, hat seinen Biss verloren.
Das einzige Quoten-Ass in Raabs Ärmel ist der Auftritt von "Unser Star für Oslo"-Gewinnerin Lena Meyer-Landrut. Ganz Deutschland liegt der 18-Jährigen scheinbar zu Füßen. Bei Raabs seit 2009 als "Dauerwerbesendung" deklariertem Sportklamauk werden nicht nur sämtliche Sponsoren prominent plaziert, auch für die Hannoveranerin wird die Vermarktungsmaschinerie angeschmissen.
Ihr erster Live-Auftritt seit dem Gewinn des deutschen Vorentscheids findet natürlich in der Selbstdarstellungsshow ihres Entdeckers statt. Und natürlich: ganz zum Schluss. So kann man wenigstens noch ein paar Zuschauer halten.
Die Quoten des Raab-Events schlitterten in den letzten sieben Jahren ebenso rasant hinunter, wie die chinesischen Bratpfannen in der Bobbahn. Kein Wunder, dass Raab sein Goldkehlchen den Zuschauern erst nach fast vier Stunden präsentiert.
Fettes Brot und Amy McDonald sind längst im Hotel, die Rennen längst entschieden. Georg Hackl ist zum sechsten Mal Wok-Weltmeister, im Vierer-Wok gewinnt Raabs TV-total-Team.
Da kommt die deutsche Hoffnung auf den Grand Prix und trällert putzig den Grand-Prix-Beitrag "Satellite". Die meisten Zuschauer werden zu dem Zeitpunkt leider längst eingeschlummert sein.