Berlin. Die Begegnung war kurz, jedoch vorher angekündigt. Natürlich ließ es sich Rafal Gikiewicz nicht nehmen, seine ehemaligen Teamkollegen vom 1. FC Union in einem Hotel in Augsburg zu besuchen. Zwei Jahre inklusive Bundesliga-Aufstieg und Klassenerhalt, die der heutige Torwart des FC Augsburg mit den Köpenickern erlebte, lassen sich eben nicht so leicht wegwischen. "Wir haben schnell zwei, drei Worte ausgetauscht", freute sich Union-Trainer Urs Fischer über den Besuch, "aber ich hatte leider zu tun. Ich hätte mich gern länger mit Rafa unterhalten.“ Wohl wissend, dass es im direkten Duell am Sonnabend (15.30 Uhr, Sky) nicht nur auf den Ex-Union-Torwart ankommt.
Union Berlin überrascht auch dank Luthe
Der Start der Rückrunde hält für Union erneut das Torhüter-Duell bereit, dem ein Wechselfehler zugrunde liegt - so wollten es jedenfalls viele im vergangenen Sommer gesehen haben. Gikiewicz (33) wechselte nach zwei guten Jahren bei Union zu den Schwaben, weil unterschiedliche Gehaltsvorstellungen eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zuließen. Als Ersatz holte man Andreas Luthe (33) - aus Augsburg. Doch nach der Hinrunde gibt es nur einen, der wirklich viel zu lachen hatte.
Denn während Union sich überraschend wohlzufühlen scheint in den Europacup-Rängen, verharrt Augsburg im Mittelmaß der Liga. Im Zweifel hätte man es genau andersherum vermutet. Zumal viele im Union-Umfeld eine Schwächung zwischen den Pfosten vorhergesagt hatten. Wie soll der eher ruhige Luthe ein echter Ersatz für den doch impulsiven und ehrgeizigen Gikiewicz sein?
Luthe antwortete mit Leistung. Im Training gegen seinen Mitkonkurrenten Loris Karius, der höher eingeschätzt wurde. In den Spielen mit guten Paraden, wie zuletzt in Leipzig, als er einen früheren Rückstand verhinderte und später eine höhere Niederlage. Ruhig in der Art, aber keineswegs still. Gerade jetzt, in den durch die Coronavirus-Pandemie unvermeidlichen Geisterspielen, ist deutlich zu hören, welchen Einfluss Luthe auf das Spiel der Köpenicker hat. Seine Anweisungen sind durchaus laut und bestimmend, wenn mal wieder Laufwege der Mitspieler nicht eingehalten werden.
Union Berlin beeindruckt auch Gikiewicz
"Für mich ist klar: Er ist die Nummer eins bei Union Berlin." Gikiewicz hat Union in den vergangenen Monaten nie aus den Augen verloren. Sicher auch deshalb, weil er das Lob für die Ex-Kollegen ein wenig über Enttäuschung im eigenen Team hinweghilft. Der Pole, dessen unbedingter Siegeswille Union durchaus beflügelt hatte, hielt sich unlängst mit seinem Frust nicht zurück. Nach Augsburgs Niederlage in Bremen am vergangenen Wochenende schimpfte er: "Wir verlieren und wir lachen auf dem Platz, das kann ich nicht akzeptieren. Das geht nicht für mich."
Beide eint, dass sie vier Mal ohne Gegentor geblieben sind. Auch ihre Paradenquoten liegen nahezu im gleichen Bereich. Luthe parierte 68,2 Prozent der Schüsse auf sein Tor, Gikiewicz immerhin 70,5 Prozent. Dennoch kassierte der ehemalige Unioner mit 26 Treffern fünf Gegentore mehr als sein Nachfolger in Köpenick.
Nicht nur wegen Luthe erwartet Gikiewicz einen Gegner mit "viel Selbstvertrauen. Und sie können Fußball spielen. Das freut mich", ließ er wissen. Und er hat einen Grund für den Höhenflug der Köpenicker ausgemacht: Trainer Urs Fischer, "der beste Transfer, den Union gemacht hat", so Gikiewicz. Von seinem Wechsel nach Augsburg wird er das sicher nicht behaupten.
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