Bundesliga

Union im Januar - ein Team zwischen Erdung und Europa

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Michael Färber
Die Profis von Union Berlin können sich über eine bislang ausgezeichnete Saison freuen.

Die Profis von Union Berlin können sich über eine bislang ausgezeichnete Saison freuen.

Foto: JOHN MACDOUGALL / dpa

Union stemmt sich aus gutem Grund beharrlich gegen aufkommendes Europapokal-Gerede. Fantasien sind an der Alten Försterei aber erlaubt.

Berlin. Diese Wette nahm Urs Fischer gern an. Zumindest wollte er das, denn als der Trainer des 1. FC Union von dem Einsatz hörte, dem man ihm direkt nach dem 2:2 gegen den VfL Wolfsburg abringen wollte, war es um die Wette geschehen. „Viele andere Einsätze, aber dieses Wort nehme ich nicht in den Mund“, wiegelte der Coach ab. Das Wort war „Europa League“ und sollte von Fischer genannt werden, falls Oliver Ruhnert, Unions Manager, bei seinem Auftritt im ZDF-„Sportstudio“ erneut ohne Treffer an der legendären Torwand bleiben sollte.

Natürlich wurde Ruhnert ebenfalls auf den fünften Platz angesprochen, den Union nach dem 15. Spiel weiter innehat und der in der nächsten Saison zum Start im internationalen Geschäft berechtigt. „Wenn Schluss wäre, wäre es eine Sensation“, sagte Unions Geschäftsführer Profifußball und konnte sich ein durchaus zufriedenes Grinsen dabei nicht verkneifen.

Union wehrt sich tapfer weiter gegen Europapokalfantasien, die mit jedem erfolgreichen Spiel natürlich realistischer werden, das die Köpenicker in der oberen Region hält. Und man merkt den Verantwortlichen an, dass sie sich durchaus mit diesem Szenario anfreunden könnten.

Union Berlin macht keine Rechnung auf

Fischer selbst hatte bereits festgestellt: „Träume sind dazu da, um sie zu verwirklichen.“ Nach dem Wolfsburg-Spiel ließ der Schweizer nun wissen, dass der Klassenerhalt – natürlich – weiter das Ziel bleibe. Aber: „Entscheidend ist, dass es mathematisch nicht mehr möglich ist abzusteigen. Dann schauen wir, wie viele Spiele es noch sind und was noch möglich ist.“

Union im Januar 2021 – das ist ein Verein zwischen Europa und Erdung. Fakt ist: In den vergangenen zehn Spielzeiten reichten durchschnittlich 35 Punkte zum Ligaverbleib. Union kommt zwei Spieltage vor Hinrundenende bereits auf 25 Zähler. „Ob 36, 35 oder 32 Punkte, ich habe diese Rechnung nie gemacht“, sagt Fischer, „Meine Einstellung bleibt, jedes Spiel für sich zu nehmen.“

Tatsächlich ist Union in der Ära Fischer in diesem Von-Spiel-zu-Spiel-denken-Kosmos bislang sehr gut gefahren. Und gerade das Duell gegen die Wolfsburger hat auch noch einmal aufgezeigt, warum diese nach außen hin schon mal eintönig wirkende Denkweise durchaus ihre Berechtigung hat.

Union Berlin reagiert erwachsen auf den Rückstand

Stichwort Anfangsviertelstunde. Nach der ersten Riesenchance, die Sheraldo Becker nach nicht einmal zwei Minuten neben das leere Tor gesetzt hatte, „waren es 15 Minuten, in denen wir Wolfsburg eingeladen haben, in Führung zu gehen. Das waren vor allem Situationen, wo wir Ballgewinne hatten und uns selbst unter Druck gebracht haben“, erklärt Fischer.

Vom Anpfiff weg hellwach zu sein, das zeichnet vor allem Spitzenmannschaften aus, deren erklärtes Ziel das internationale Geschäft ist. „Du hast die Chance zur Führung, gehst dann in Rückstand – das hätte auch einen Knacks geben können. Das war aber nicht der Fall. Die Reaktion auf den Rückstand fand ich als sehr erwachsen“, lobt Fischer dennoch.

Union Berlin muss die Überzahl besser ausspielen

Stichwort Überzahl. Nach dem Platzverweis für den Wolfsburger Maximilian Arnold spielte Union fast die komplette zweite Halbzeit mit einem Mann mehr. Gefühlt hatte Union jedoch weniger Ballbesitz als vorher, als der Gegner noch vollzählig war. „Man sollte nicht vergessen, wir sind eigentlich aus meiner Sicht 3:1 in Führung gegangen“, verweist Fischer auf die von Christoper Trimmel direkt verwandelte Ecke.

Weil Stürmer Taiwo Awoniyi VfL-Torwart Koen Casteels jedoch behindert haben soll, wurde der Treffer nicht anerkannt. „Taiwo muss sich nicht in Luft auflösen, auch nicht seine Position verändern oder dem Torwart Platz machen. Für mich ist es ein korrektes Tor“, so der Union-Coach.

Was diese Szene für Fischer so wichtigmacht? „Wir sind auf solche Momente immer noch angewiesen, auch wenn wir in Überzahl sind“, erklärt der Trainer. Seine Mannschaft habe einen Moment gebraucht, „um diese Situation wahrzunehmen. Aber es hat natürlich auch etwas mit Erfahrung zu tun. Diese Situationen zu erleben, hilft dir.“

Wolfsburgs Trainer Glasner lobt Union Berlin

Die Konkurrenz jedenfalls hat die Köpenicker längst auf dem Zettel. „Union bringt konstant gute Leistungen, hat eine richtig gute Spielanlage, ein physisch starkes Zentrum und ist immer wieder gut organisiert“, sagte VfL-Coach Oliver Glasner, „deshalb denke ich, dass sie auch noch länger in dieser Region bleiben können.“

Immerhin schaffte es Manager Ruhnert im „Sportstudio“, ein wenig Druck vom Trainer zu nehmen. Von seinen sechs Schüssen auf die Torwand traf er dreimal, zwei unten, einen oben.

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