Berlin. Die Mitgliederversammlung von Union Berlin hatte noch gar nicht richtig begonnen, da hatte sie schon einen Höhepunkt erreicht. Unter großem Applaus erteilte Dirk Zingler, der Präsident des 1. FC Union, Michael Kölmel die Ehrenmitgliedschaft. Der Unternehmer sei „seit 20 Jahren ein verlässlicher Freund unseres Vereins“, sagte Zingler.
Kölmel hatte damals mit seinen Investitionen Union vor der Pleite gerettet und quasi einen Grundstein dafür gelegt, dass der Klub seinen zuweilen steinigen Weg in die Bundesliga beginnen konnte. Überhaupt war die Versammlung in der Verti Music Hall nahe der Mercedes-Benz Arena eine mit großem Wohlfühlfaktor, auch wegen diverser Ehrungen. Unter anderem wurde Ex-Kapitän und Klub-Legende Torsten Mattuschka zum offiziellen Botschafter des Klubs ernannt.
Nicht zuletzt sorgten die bisherigen Liga-Auftritte der Mannschaft, die sich von den 2229 anwesenden Mitgliedern feiern ließ, für Begeisterung. „Wir sind alle positiv überrascht, der gesamte Verein ist stolz darauf. Wir sind angekommen in der Bundesliga“, sagte Union-Präsident Dirk Zingler zum bisherigen Abschneiden des Aufsteigers in der Bundesliga (Rang elf, 16 Punkte nach zwölf Spielen). Zugleich warnte der Klubchef: „Erreicht haben wir in dieser Meisterschaft noch gar nichts. Wir sollten auch nicht anfangen zu spinnen. Ich werde sehr darauf achten, dass keiner falsche Rückschlüsse aus dem Saisonstart zieht.“
Union Berlin erwirtschaftet Gewinn im Aufstiegsjahr
Allein durch den Aufstieg präsentierte Union seinen Mitgliedern erneut Rekordzahlen. Das Zweitligajahr 2018/19 wurde mit einem Etat von 54,7 Millionen Euro und einem Gewinn von 248.000 Euro abgeschlossen. Auch dadurch konnte das negative Eigenkapital des Konzerns (Verein, Stadionbetriebs AG, Veranstaltungs GmbH, Verwaltungs GmbH) auf 8,997 Millionen Euro gesenkt werden. Darin enthalten sind auch jene 8,7 Millionen Euro, die Union Unternehmer Michael Kölmel noch schuldet und die dauerhaft mit Rangrücktritt versehen sind.
Erstmals veröffentlichte Union nicht mehr nur die Finanzkennzahlen des Vereins, sondern des gesamten Konzerns. Dies gilt ab dieser Saison für alle 36 Klubs der Deutschen Fußball Liga (DFL). Folglich liegen die Konzernverbindlichkeiten per Stichtag 30. Juni 2019 bei 44,361 Millionen Euro. Allein die Verbindlichkeiten der Stadionbetriebs AG (resultierend vor allem aus dem Bau der Haupttribüne) machen fast 20 Millionen Euro aus.
Dem gegenüber stehen 32,3 Millionen Euro Anlagevermögen und neun Millionen Euro Umlaufvermögen. „Und unsere stillen Reserven übersteigen das negative Eigenkapital um ein Vielfaches“, so der Union-Präsident. Die Rede ist von einem zweistelligen Millionenbetrag, den Union durch die Rechte am Verkauf von Tickets und Fanartikeln sowie am Catering in der Hinterhand hat. Rechte, „die wir selbst kapitalisieren wollen, anstatt sie zu veräußern“, sagte Zingler. Die Konzernbilanz weist knapp 41,8 Millionen Euro aus.
Union Berlin plant in der Bundesliga mit 74,5 Millionen Euro
„Die vergangene Saison war von erheblichen Sondereffekten geprägt und ist kaum mit anderen Spielzeiten zu vergleichen“, erklärte Zingler jene rund sieben Millionen Euro Steigerung gegenüber der ursprünglichen Planung.
Für das erste Erstliga-Jahr planen die Köpenicker mit einem Rekordetat von knapp 74,5 Millionen Euro und einem Gewinn von 125.000 Euro. Die Etatsteigerung ergibt sich vor allem aus den höheren TV-Geldeinnahmen von nun 36 Millionen Euro (2018/19: 15,6 Millionen Euro). Die größten Ausgaben fallen wie immer im Lizenzspielerbereich an: Profis, Trainer und Betreuer kosten Union im Oberhaus 27,4 Millionen Euro (2018719: 18,2 Millionen Euro).
Das Ziel sei natürlich der Klassenerhalt, „das wäre der erste Schritt auf dem Weg, sich in der Bundesliga zu etablieren“, erklärte Zingler. Laut Oskar Kosche, Unions Geschäftsführer Lizenzierung, plant Union „den Klassenerhalt mit 36 Punkten“.
Union Berlin wird weiter in den Sport investieren
Dass dieser Weg ein schwerer sei, machte Zingler ebenfalls deutlich: „Momentan sind wir nicht wettbewerbsfähig, um in der Bundesliga zu bleiben. Da müssen die Jungs auf dem Rasen und wir im Forsthaus viel arbeiten, um Wettbewerbsfähigkeit herzustellen.“
Derzeit, so Zingler, „sind wir rund 25 Millionen Euro davon entfernt, Anschluss an Vereine wie zum Beispiel Augsburg oder Mainz zu bekommen“. Beide Klubs generierten in 2017/18 Umsätze in Höhe von rund 94 bzw. 145 Millionen Euro.
Klar sei aber auch, dass Union die „erste Liga nicht versteht, um Rücklagen für schlechte Zeiten zu bilden“, sagte Zingler: „Wir investieren weiter mutig in den Sport, weil wir davon überzeugt sind, dass nur sportlicher Erfolg wirtschaftliche Stabilität bringt. Das wird auch immer unsere Strategie bleiben.“
Union Berlin muss auf größeres Stadion warten
So erhöht Union die Ausgaben für den Nachwuchs um rund 30 Prozent auf 3,1 Millionen Euro. Baubeginn für das neue Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) soll bis Sommer 2020 sein, die Bauanträge sind bereits gestellt. Das NLZ „ist die Basis, um Topspieler im Südosten Berlins halten zu können“, verdeutlichte Zingler: „Unser Ziel muss es sein, Startelfspieler zu entwickeln.“ Und diese dann nach Möglichkeit auch gewinnbringend zu verkaufen.
Die Erweiterung der Alten Försterei wird sich jedoch weiter verzögern. Die Vorstellungen, bereits im vergangenen Sommer Planungsrecht für die Stadion-Erweiterung zu haben, sei „zu ambitioniert“ gewesen, wie Dirk Thieme, Vorstand der Stadionbetriebs AG, wissen ließ. Das Planungsrecht ist nun für Sommer 2020 angestrebt, „dann werden wir sechs Monate brauchen, um daraus Baurecht zu machen“, verriet Union-Boss Zingler.
Das Interesse an Union Berlin ist derart groß, dass die Alte Försterei auch mit 37.000 statt 22.012 Plätzen permanent ausverkauft wäre. Was bei der Steigerung der Mitgliederzahl von 21.394 auf 34.681 innerhalb eines Jahres auch nicht wirklich verwundert.
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